1500 Meter aus dem Sammler gebohrt. Drainage legt den Hoxberg trocken

07.11.2006

Den Hang des Hoxberges zu stabilisieren ist Ziel einer anspruchsvollen Rohrvortriebsbaustelle. An einen Sammler angeschlossene Drainageleitungen sollen den rutschungsgefährdeten Bereich dauerhaft und effizient entwässern.

In Nalbach-Köprich, bei Saarlouis unweit der französischen Grenze gelegen, reagiert man mit besonderer Sensibilität auf alles, was sich im Untergrund tut. Verständlich, denn letztmals im Jahr1965 geriet der Nordhang des Hoxberges ins Rutschen. Innerhalb weniger Stunden wurden 22 Häuser zerstört und rund 100 Menschen mussten umgesiedelt werden.
Die geologischen Instabilitäten dieses Hanges wurden immer dann besonders kritisch, wenn die gefährdeten Bereiche nach  ausgiebigen Niederschlägen viel Wasser aufgenommen hatten. Aus diesem Grund hatte man nach dem großen Rutsch als Sicherungsmaßnahme ein Oberflächenentwässerungssystem angelegt, um den Hang zu stabilisieren. Dennoch kam es immer wieder zu Bewegungen, wenngleich nicht mehr in dem katastrophalen Ausmaß wie 1965.
DSK investiert in Hangsicherung
Der Rutschhang liegt in einem Areal, in dem die Deutsche Steinkohle AG ein neues Kohleabbaugebiet erschließen will. Und hier stellte sich die Frage, ob das Risiko von Rutschungen durch den zukünftigen Kohleabbau erhöht wird. "Vom Grundsatz her nein," sagt der Diplom Geologe Dr. Friedwalt Weber vom Erdbaulaboratorium Saar, der sich bereits seit 1995 intensiv mit dieser Problematik befasst. Die Probleme des Hanges liegen im oberflächennahen Bereich und nicht in der Tiefe, in der der Kohleabbau stattfinden wird, argumentiert Weber. Wenn allerdings bei einer äußerst ungünstigen Konstellation Wassersättigung im Hang und eventuelle bergbaubedingte Erschütterungen aus der Tiefe zusammentreffen, sei dies als auslösendes Moment für Bewegungen im Hang nicht vollends auszuschließen. Vor diesem Hintergrund entschloss sich die Deutsche Steinkohle AG (DSK), im Vorfeld des geplanten Kohleabbaus die bestehenden Sicherungsmaßnahmen soweit auszubauen, dass solche Zusammenhänge in Zukunft ausgeschlossen werden können und die Stabilität des Hanges gewährleistet ist.
Das Konzept zur Stabilisierung des Hanges mit einem Kostenvolumen von insgesamt rund 5 Millionen Euro besteht im Wesentlichen aus drei Komponenten: Ein in etwa 40 Meter Tiefe im Fels verlaufender, gespannter Grundwasserleiter wird über zwei vertikal gebohrte Brunnen entlastet. Darüber hinaus wird das bestehende Oberflächenentwässerungssystem ertüchtigt und optimiert. Herzstück des Konzeptes ist jedoch ein Drainagesystem, das den bis zu 15 Meter starken Lockerboden sowie eine im oberflächennahen Bereich des darunter liegenden Felses verlaufende wasserführende Schicht entwässert, mit dem Ziel, der Trennschicht zwischen Lockerboden und Fels ihre Funktion als "Rutschfläche" zu nehmen.
Knapper Zeitrahmen
Dieses System besteht aus einem 400 Meter langen, überwiegend im Fels liegenden  Basisdrainkanal DN 2200. Von diesem Kanal aus führen 33 bis zu 61 Meter lange Drainlanzen, so genannte Steckfilter, im Winkel von 30 Grad an die Oberfläche und entziehen dem Lockerboden das Wasser. Zusätzlich im Basiskanal angebrachte Perforationsbohrungen wurden mit kurzen Filterrohren versehen.
Die Zeit, um dieses Projekt umzusetzen, war knapp bemessen: Ein Jahr blieb vom Beginn der Planung einschließlich der Genehmigungsverfahren bis zur Inbetriebnahme des Systems. "Klar war der Einsatz der Steckfilter," beschreibt Dipl.-Ing. Roland Desgranges, Inhaber des Ingenieurbüros CP Ingenieure, die Ausgangssituation. "Wie man diese Filterrohre in die Erde bringt, war zum damaligen Zeitpunkt jedoch noch ungeklärt."
Der Vortrieb des Basisdrainkanals DN 2200 mit einer Länge von 400 Metern und einem Radius von 600 Metern mit einer Teilschnittmaschine beinhaltete für eine erfahrene Vortriebsfirma keine herausragenden Schwierigkeiten. Die Herausforderung bestand in der Herstellung der 33 ungesteuerten Bohrungen aus dem Sammler heraus durch Fels und Lockerboden bis zur Oberfläche mit Längen zwischen  27 und 61 Metern, die zur Aufnahme der Filterrohre aus Edelstahl-Wickeldraht dienen.
Spezielle Maschinentechnik
Eine für derartige Aufgaben konzipierte Maschinentechnik stand zum damaligen Zeitpunkt nicht zur Verfügung. Über die Lösung des Problems machten sich bereits im Vorfeld der funktionalen Ausschreibung und der Auftragsvergabe die Firma Karo-San aus Illingen als ausführendes Unternehmen und die Firma Bohrtec aus Alsdorf als Maschinenhersteller intensiv Gedanken. Deren Konzept sah vor, aus dem Sammler heraus mit Stahlschutzrohren, 279 mm Außendurchmesser, verrohrte Bohrungen bis zur Geländeoberfläche herzustellen. In diese Bohrungen sollten von der Geländeoberfläche die Wickeldrahtfilterrohre aus Edelstahl des Herstellers Stüwa mit einem Durchmesser von 206 Millimetern, die normalerweise im Brunnenbau eingesetzt werden, eingezogen und anschließend die Stahlschutzrohre in den Tunnel zurückgezogen werden.
Offenbar ein überzeugender Vorschlag, denn dieses Konzept erhielt im Januar im Rahmen der Auftragsvergabe den Zuschlag. Im Einzelnen ging das Baulos 1, der Vortrieb des Basisdrainkanals, an die Firma Gergen aus Saarwellingen, das Los 2, der Einbau der Filterrohre, erhielt eine Arbeitsgemeinschaft aus den Firmen Gergen und Karo-San.
Die wesentlichen Herausforderungen für den Maschinenhersteller bestanden zunächst einmal in der Geologie. Ungesteuerte Bohrungen in derart wechselnden Böden in dem vorgegebenen Winkel von 30 Grad und mit Längen von über 50 Metern bewertete man bei Bohrtec zunächst sehr kritisch. Dennoch nahm man die Herausforderung an, Maschinentechnik mit für diese schwierigen Verhältnisse ausreichender Leistung so kompakt zu konstruieren, dass sie in dem Drainkanal DN 2200 arbeiten kann. Als Basis hierfür diente die 100-Tonnen Schneckenbohranlage BM 400, die über genügend Drehmoment, Vorpress- und Rückzugskräfte verfügt und die für diesen Einsatz entsprechend modifiziert und umgebaut werden musste.
Intensive Vorbereitung
Eines der Stahlbetonvortriebsrohre für den Basiskanal wurde zu diesem Zweck in das Werk nach Alsdorf gebracht und stand dort für Tests zur Verfügung um das Handling der Maschine unter den beengten Verhältnissen zu optimieren. Parallel dazu wurden umfangreiche Versuche mit unterschiedlichen Bohrköpfen durchgeführt, um keine Überraschungen mit dem Boden zu erleben. Der Einbau der Filterrohre wurde getestet und die Bohrmannschaften hatten ausgiebig Gelegenheit, sich mit der Maschinentechnik vertraut zu machen. Ziel war es, sich trotz - oder gerade wegen des knappen Zeitrahmens, intensiv und optimal auf den Einsatz vorzubereiten.
"Von der Beauftragung bis zur Fertigstellung von insgesamt rund 1500 Metern zu erstellender Bohrungen standen uns 91 Arbeitstage zur Verfügung," berichtet Werner Zimmer, Geschäftsführer der Firma Karo-San. "Dies wäre in der vorgegebenen Zeit mit nur einer Maschine nicht zu schaffen gewesen." Aus diesem Grund lieferte Bohrtec zwei komplette Maschinen, eine an die Firma Karo-San und eine an die Firma Gergen. "Wir haben uns im Vorfeld intensiv mit der Baustellenlogistik beschäftigt, um die Arbeitsabläufe schnell und reibungslos zu gestalten," betont Werner Zimmer. Um die Maschinen im Basissammler schnell von Bohrloch zu Bohrloch umsetzen zu können, wurde deshalb in dem Drainkanal ein Schienensystem verlegt, auf dem Maschine, Hydraulikaggregat und weiteres Equipment mit verringertem Aufwand bewegt werden konnte.
Voller Erfolg
Die akribischen Vorbereitungen haben sich r ausgezahlt: "Die Bohrungen liefen ohne Probleme," bilanziert Werner Zimmer. Die Bohrleistung lag einschließlich der Rüst- und Umsetzzeiten über die gesamte Bauzeit gesehen im Schnitt bei einem Meter pro Stunde. Alle Bohrungen sind mit einer für ungesteuerte Bohrungen dieser Länge großen Zielgenauigkeit an der Oberfläche angekommen. Bestes Indiz für den reibungslosen Ablauf der Arbeiten ist das deutliche Unterschreiten der geplanten Bauzeit. Trotz eines um zwei Wochen verspäteten Beginns der Bohrungen am 15. Mai, waren am 15 Juli, also zwei Wochen früher als vereinbart, alle Filter eingebaut. Inzwischen hat sich auch die Richtigkeit des Gesamtkonzeptes der Anlage bestätigt: "Das ankommende Wasser zeigt, dass die Anlage funktioniert," so Roland Desgranges. Nicht zuletzt deshalb ist auch Wilhelm Schroeder von der DSK als Auftraggeber mit dem Verlauf und dem Ergebnis der Baumaßnahme rundum zufrieden. "Das was hier von Null beginnend innerhalb eines Jahres geleistet worden ist, können wir nur als vollen Erfolg bezeichnen."

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