Dornstetten: Erdkabelaustausch in geschlossener Bauweise

06.10.2006

Dornstetten, eine stetig wachsende Kleinstadt im Kreis Freudenstadt, Nordschwarzwald, liegt auf einem Bergsporn auf 600 bis 715 m ü.d.M. Diese reliefbetonte Lage der einstigen Silberbergbaustadt mit heute etwa 8000 Einwohnern machte kurze Leitungsverbindungen auch in Hanglagen quer unter Grundstücksgrenzen erforderlich.

Dass auch Erdkabel altern und schadhaft werden ist völlig normal, ihr notwendiger Austausch ebenso. Komplizierter wird die Ausgangslage, wenn schräg am Hang viele private Gärten, eine Bahnlinie (Stuttgart-Freudenstadt), der Spielgrund eines Kindergartens und ein weiteres unbebautes Grundstück über dem auszutauschenden Erdkabel liegen. Für den Kabelnetzbetreiber, EnBW, war dies ein guter Grund, den oberflächenschonensten Weg für den Kabelaustausch zu wählen.
Das neue grabenlose Kabelaustauschverfahren, entwickelt und patentiert von Tracto- Technik, bot sich für diese interessante Aufgabe an. Das Verfahren, im EnBW-Gebiet entwickelt, erprobt und bewährt, wurde hier für den Austausch eines 3-adrigen 10 kV-Kabels auf über 200 m Länge gewünscht. Als äußere Rahmenbedingungen galt es, die kurzen sommerlichen Kindergartenferien zu nutzen, da ein Abschnitt der Austauschstrecke direkt den Spielgrund mit Kletterbauwerken, Sandflächen, Spielgeräten und Rasenflächen unterquerte. Weiterhin sollten die an der Hangkante oberhalb gelegenen privaten Gartengrundstücke mit ihren Blumen- und Gemüsebeeten möglichst wenig beeinträchtigt werden.
Die Bahnlinie nach Freudenstadt, hier auf einem hohen Damm gelegen, sollte hingegen keine Entnahme des unterquerenden Altkabels erfahren, eine parallele Neuquerung war hier gewünscht. Die neue 20 kV-Leitung, ebenfalls 3-adrig, wurde vom Netzbetreiber aufgrund der eingeschränkten Zugänglichkeit in einem Leerrohr gewünscht.
Mit der Bauausführung wurde das im Nordschwarzwald ansässige und sehr erfahrene Bauunternehmen Horst Jäkle, Loßburg, beauftragt, das wie viele Bauunternehmen in Baden- Württemberg, seit vielen Jahren Tracto-Technik-Geräte für den grabenlosen Leitungsbau verwendet. Mit einer 12 t-GRUNDODRILL-Bohranlage der Firma Jäkle wurde das Altkabel mit einem speziellen Tracto-Technik–Überbohrkopf an einer Trennstelle überfahren und in mehreren Abschnitten auf etwa 40 – 45 Meter Länge überbohrt. Die Abschnittswahl ergab sich aus einer Geländekante und einem Verlegeversprung des Altkabels sowie dem Querungsansatz des Bahndammes.
Die GRUNDODRILL-Bohranlage hat einen Abschnitt bergaufwärts des Altkabels überbohrt, die anderen Abschnitte (vgl. Baustellenbilder) erfolgten an der besagten Hangkante und quer unter den Gartenflächen. Im gesamten Trassenverlauf musste insbesondere in einem kurzen Abschnitt ein begleitendes Fremdkabel, Entwässerungsleitungen, eine Wasserleitung und ein Blitzableiter berücksichtigt werden. Der Überbohrvorgang des in 60 – 90 cm Tiefe verlegten Altkabels erfolgte im bekannten generellen Verfahrensablauf:
Defekte, freigeschaltete Altkabel werden an zwei Stellen in Baugruben getrennt und jeweils ein Stück herausgeschnitten. Auf der HDD-Maschinenseite wird der am Bohrgestänge angeschraubte Überbohrkopf sehr flach und auf Überfahrhöhe zum Altkabel lageparallel über das Altkabel gefahren. Danach wird das ca. 30 cm überfahrene Altkabel mittels Kabelschuh oder Ziehstrumpf und Seilverbindung zugfest mit der Halterung verbunden.
Der Überbohrkopf wird danach unter ständigen links-rechts schwenkenden Bewegungen über das Altkabel gefahren. Aufgrund dieser Schwenkbewegungen wird das besonders fest verbundene Bohrgestänge in einer Geschwindigkeit von ein bis zwei Meter pro Minute über das Altkabel gefahren. Der TT-Überbohrkopf ist so konstruiert, dass er dem Lageverlauf des Altkabels nachfahren kann. Das Altkabel bildet die Zwangsführung für den Überbohrkopf, der in gleichmäßigem Abstand um das Altkabel die anhaftende Sandbettung bzw. das anhaftende Erdreich in einem sehr schmalen Ringkranz freischneidet.
Nach Überfahrung der abgetrennten Altkabelstrecke wird der Überbohrkopf vom Bohrgestänge abgeschraubt und ein Ziehstrumpf oder Kabelschuh für den Einzug des Neukabels vorbereitet. In der Zwischenzeit kann das freigebohrte Altkabel von der Startseite her mit einer Seilwinde oder einer Baumaschine (z. B. Bagger) gezogen werden. Exakt in den freigewordenen Altkabelverlauf kann mit dem im Bohrloch befindlichen Bohrgestänge nun das neue Kabel lagegleich eingezogen werden. Keinerlei Bestandspläne müssen neu eingemessen werden, lediglich das neue Kabel wird im Kartenwerk eingetragen. Sowohl die hohe Austauschgeschwindigkeit als auch die Einsparung von Vermessungskosten machen das Verfahren besonders wirtschaftlich.
Im Überbohrverfahren steckt ein erhebliches Anwendungspotential. Bislang konnten auf weitgehend geraden Strecken Bohrgeschwindigkeiten von bis zu 3 Metern pro Minute erreicht werden. Überbohrverfahren nutzen die Linienführung der alten Leitung, sie verbrauchen keinen neuen unterirdischen Raum, sie sind kostengünstig, sie bergen die Altleitung vollständig und sorgen dank Bentonit und anderen weichen Füllstoffen für eine optimale Leitungsbettung im alten und gleichzeitig neuen Leitungsverlauf.
Der grabenlose Kabelaustausch benötigt nur eine minimale Baustelleneinrichtung, da nur punktuelle Eingriffe in die Altleitung erforderlich sind. Die Vorhaltung von Maschinen und Geräten ist ebenfalls minimal. Die Überbohrtechnik ermöglicht einen äußerst umweltfreundlichen kompletten Kabelaustausch, Bäume (Straßenbäume, Alleen, Parks), Grünanlagen, Straßen- und Gehwegoberflächen bleiben erhalten bzw. nahezu unberührt. Die Arbeit verläuft unauffällig, geräuscharm und schnell.
Durch die Zwangsführung des Altkabels wird keine neue Trasse beansprucht. Das Altkabel kann komplett geborgen und einem Wiederverwertungsbetrieb zugeführt werden. Das Neukabel und eventuelle zusätzliche Datenleitungen benötigen keine neue Vermessungsdokumentation, sondern lediglich eine Eintragung der neuen Leitungsbezeichnung(en) ins vorhandene Planwerk. Die Neukabel können direkt in die Alttrasse und damit ins Erdreich, aber auch in Schutzrohre oder perforierte Schutzrohre eingezogen werden.
Die Überbohrtechniken von Tracto-Technik sind mehrfach patentrechtlich geschützt. Wer das Tracto-Technik-Kabelaustauschverfahren in der Praxis erlebt, wird besonders von der hohen Austauschgeschwindigkeit und von der Unauffälligkeit des Verfahrens beeindruckt sein. In Dornstetten wurde in die geleerte Altkabelstrecke ein PE-Leerrohr (da 125) eingezogen, das zum Teil mit einer Seilwinde den Hang hinauf gezogen werden musste. Während der gesamten Baumaßnahme ergaben sich nur zwei kleinere Hindernisse. Eine grobe Bauschutteinfüllung beim Zielpunkt am Transformatorenhaus machte eine Zwischengrube erforderlich. Des weiteren sorgte eine in sich gebrochene tief liegende hölzerne Kabel-Abdeckplatte für eine Neueinfädelung des Altkabels.
Die gesamte Baumaßnahme benötigte wenige Tage, das kompetente Team der Firma Jäkle, fachlich begleitet durch den Schulungsbohrmeister Udo Harer von Tracto-Technik, haben die Aufgabe zur besten Zufriedenheit des Auftraggebers gelöst. In Dornstetten, im schönen Schwarzwald, haben die Einwohner und die Feriengäste, den Kabelaustausch fast nicht bemerkt noch baustellenmäßig gespürt.
Literatur
  • BAYER, H.-J. (2002): Überbohrverfahren zum Austausch von Alt-Kabeln und Alt-Leitungen. Iro-Schriftenreihe Bd. 25, S. 616-618, Vulkan-Verlag, Essen.
  • BAYER, H.-J. (2005): HDD-Praxis-Handbuch, 196 S., Vulkan-Verlag, Essen.
  • BAYER, H.-J. (2006): Grabenloser Kabelaustausch durch Überbohren. ew 4/2006, S. 44-47, VDEWEnergieverlag, Frankfurt/Main.
  • NAUJOKS, G. (2002): Breite Leistungspalette in der gesteuerten Horizontalbohrtechnik, 3R Int. Heft 1, S. 32-34, Essen. 
  • Tracto-Technik GmbH (Hrsg., 2004): Horizontalspülbohrungen intelligent gelöst. Informationsschrift Fa. Tracto- Technik, 71 S., Lennestadt.

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