Dränagebohrungen beim Citytunnel Leipzig - Das Wasser im Griff

06.08.2008

Das Herstellen von horizontalen Drainagebohrungen unter sieben Metern Wassersäule und in schwierigem Baugrund war eine besondere Herausforderung, der sich die Firma Karo-San mit einer Bohranlage BM 400 von Bohrtec im Rahmen der Großbaustelle Citytunnel Leipzig gestellt hat.

Der Citytunnel ist eines der wichtigsten innerstädtischen Infrastrukturprojekte in Deutschland und verbindet künftig in Leipzig die beiden Kopfbahnhöfe Leipzig Hauptbahnhof und den Bayerischen Bahnhof. Die neu geschaffene Schieneninfrastruktur ermöglicht es, dass Züge unterirdisch direkt durch Leipzigs Innenstadt fahren und deutliche Fahrzeitverkürzungen erreichen.
Bauherren sind der Freistaat Sachsen, die Deutsche Bahn AG und die Stadt Leipzig, vertreten durch die Deges, Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und bau GmbH, als Projektsteuerer. Auftragnehmer ist die Arge Citytunnel Leipzig mit den Firmen Dywidag, Alpine, Oevermann, Universale Spezialtiefbau und Strabag.
Tunnelbau in vollem Gange
Der City-Tunnel Leipzig unterquert das Zentrum der Messestadt vom Bayerischen Bahnhof bis zum Hauptbahnhof. Er besteht aus zwei eingleisigen Tunnelröhren, die im Schildvortrieb hergestellt werden und hat eine Länge von 1.438 m je Röhre bei einem Außendurchmesser von 9 und einem Innendurchmesser von 7,9 Metern. Die Tunneloberkante verläuft zwischen 8 und 16 m unter der Erde.
Vier unterirdische Stationen werden im Zuge des Projektes neu gebaut und sind bereits im Rohbau fertiggestellt: Bayerischer Bahnhof, Wilhelm-Leuschner-Platz, Markt und Hauptbahnhof. Die Breite der Stationen beträgt innen ca. 20 m, die Bahnsteige liegen zwischen 17 und 22 m tief.
In der Nacht vom 9. auf den 10.März 2008 durchbrach die Tunnelbohrmaschine Leonie die letzte Schicht Beton auf dem Weg in die Station Hauptbahnhof und vollendete damit den Vortrieb der ersten Röhre. Am 9. Mai begannen die Vortriebsarbeiten für die zweite Tunnelröhre. Die Ankunft der Maschine am Hauptbahnhof ist für Dezember 2008 geplant, zwei Jahre später soll der Tunnel in Betrieb gehen.
Kommunizierende Röhren
Um den Einfluss der Gesamtbaumaßnahme auf die Grundwassersituation so gering wie möglich zu halten, wurden im Bereich der Haltestationen Markt und Wilhelm-Leuschner-Platz insgesamt sechs Grundwasserkommunikationsschächte gebaut, zwei an der Station Markt und vier am Wilhelm-Leuschner-Platz. Diese Schächte sind durch unterhalb der Sohle verlegte Düker miteinander verbunden und sollen nach dem Prinzip der kommunizierenden Röhren für ein Angleichen des Grundwasserspiegels auf beiden Seiten der Bauwerke sorgen. Da die zugehörigen Schlitzwände in undurchlässige Schichten einbinden bestünde sonst die Gefahr, so befürchtet man, dass auf der dem Grundwasserstrom zugewandten Seite ein Anstieg und auf der abgewandten Seite ein Absenken des Grundwasserspiegels eintreten könnte - mit unerwünschten Nebenwirkungen, bis hin zu Setzungsschäden an Gebäuden.
Um das Grundwasser auf der einen Seite zu fassen und auf der anderen Seite wieder zu versickern, wurden von den Schächten aus horizontal Bohrungen hergestellt und mit Filterrohren bestückt. Den Auftrag für diese anspruchsvolle Aufgabe erhielt als Nachunternehmer der Firma Hölscher Wasserbau, die im Auftrag der Arge Citytunnel Leipzig für das gesamte Grundwassermanagement des Projektes zuständig ist, die Firma Karo-San aus Illingen.
Hauptsache dicht
Schon der Baugrund, in dem diese Horizontaldränbohrungen hergestellt werden sollten, hat es in sich: in den fließenden Sanden und Flusskiesen war das Vorkommen von Findlingen, Kohle und Holz nicht auszuschließen. Und als besondere Herausforderung: Über den Bohrungen steht eine Wassersäule von 6 bis 7 Metern.
"Ein entscheidender Faktor für den Erfolg dieser Bohrungen war es, die Bohrung permanent zum Schacht hin dicht zu halten. Denn wenn bei diesem Druck das Wasser und der Boden erst einmal ins Fließen kommt, dann hat man keine Chance mehr," beschreibt Siegfried Zimmer von der Firma Karo-San die besondere Schwierigkeit. Die bekannte und etablierte Verfahrenstechnik des Pilotbohrens auf diese besonderen Umstände und Randbedingungen zu optimieren, hierin bestanden die "Hausaufgaben", welche die Bohrspezialisten von Karo-San in Vorfeld zu lösen hatten. Zusammen mit dem Hersteller der eingesetzten Bohranlage, die Firma Bohrtec aus Alsdorf, wurde ein Konzept erarbeitet, das seine Praxistauglichkeit inzwischen unter Beweis gestellt hat.
Vor Bohrbeginn wurde zunächst eine Vorwandplatte mit einem Schieber und einer Preventerdichtung an der Bohrstelle im Schacht installiert. Im Zentrum des späteren Bohrloches wurde dann über eine kleine Kernbohrung der Bereich hinter der Schachtwand mit einem Gel verpresst und abgedichtet, um einen Wassereinbruch während der Herstellung der großen Kernbohrung mit einem Durchmesser von 180 Millimeter zu verhindern. Die Schlitzwände, in denen diese Bohrungen herzustellen waren, haben eine Mächtigkeit von 1,50 bis 2 Metern und sind stark bewehrt. Nach diesen Vorarbeiten wurde die Bohranlage, eine BM 400, von der Kernbohrung auf Pilotbohrung umgerüstet und die eigentliche Drainagebohrung konnte beginnen. Die Aufgabe, das Pilotgestänge gegen das Bohrloch abzudichten, übernahm die Preventerdichtung in der Vorwandplatte.
Gebohrt wurde mit einem Doppelwandgestänge mit einem Außendurchmesser von 140 Millimetern und einer abwerfbaren Bohrspitze. Hatte die Bohrung die vorgegebene Länge erreicht, wurde das Innengestänge ausgebaut und stattdessen ein Filterrohr aus Edelstahlwickeldraht von Stüwa mit einem Durchmesser von 110 Millimetern im Außengestänge installiert. Anschließend wurde gegen das zurückgehaltene Filterrohr das Außengestänge zurückgezogen und durch den entstehenden Druck die über eine Sollbruchstelle mit dem Außengestänge verbundene Bohrspitze abgeworfen. Sie verbleibt, quasi als Spitze des Drainagerohres, im Boden.
Das Außengestänge wurde sukzessive bis zur Außenwand des Schachtes zurückgezogen und ausgebaut. Die Abdichtung des Filterrohres gegenüber der Kernbohrung erfolgte zunächst erneut über eine Verpressung und über einen Verschlusskolben. Nun wurde auch der Rest des Außengestänges ausgebaut, der Ringraum zwischen Kernbohrung und Filterrohr dauerhaft mit einer Gliederkettendichtung verschlossen und der Verschlusskolben entfernt. Die Drainage war nun fertiggestellt und kann über den Schieber in der Vorwandplatte geschlossen und wieder geöffnet werden.
Wasser marsch
Insgesamt 13 solcher Bohrungen in Längen zwischen 10,5 und 99,5 Meter waren herzustellen. Zwölf dieser Bohrungen wurden gemäß den Planungen erfolgreich und ohne größere Probleme fertiggestellt. Die auf 99,5 Meter angelegte Bohrung wurde bis 96,75 erfolgreich pilotiert, beim Rückzug des Außengestänges tauchten dann jedoch Probleme auf, an deren Lösung derzeit noch gearbeitet wird.
"Aus unsere Sicht ist die Maßnahme aber rundum erfolgreich gelaufen," sagt Siegfried Zimmer. Die Drainagen fördern teilweise bis zu 24 m³ pro Stunde und leisten so einen wichtigen Beitrag, negative Auswirkungen dieses in mehrfacher Hinsicht "einschneidenden" Projektes auf das bauliche Umfeld zu verhindern.

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