Einsatz einer kleinen SBR-Kläranlage in einer Gemeinde mit starken Lastschwankungen

18.12.2006

Chargenweise zu sauberem Abwasser Gesicherte Ablaufwerte bei kleiner Verbandskläranlage Die komplexe Nutzungsstruktur einer kleinen thüringischen Gemeinde sorgt für Mischabwasser mit hohen Lastschwankungen. Eine neue SBR-Kleinkläranlage löst die anspruchsvolle Reinigungsaufgabe kostengünstig und zuverlässig.

Die Entwicklung und Struktur der ländlichen Gemeinde Bechstedt-Wagd war schon immer mit der nur zehn Kilometer entfernten Stadt Erfurt verbunden. In historischer Zeit leistete der Ort als „Küchendorf“ einen Beitrag zur Nahrungsmittelversorgung der Stadt. Auch heute noch gehören weiträumige Nutzgärten in Schrebergartenkolonien zum Ortsbild. In den letzten Jahren hat sich die Gemeinde darüber hinaus zu einem stetig wachsenden Wohnstandort für die thüringische Landeshauptstadt entwickelt neben dem Altort entstand ein „Neudorf“.
Probleme beim Einhalten der Ablaufwerte
Die unterschiedliche Nutzungs- und Infrastruktur der Teilbereiche sorgte in der Vergangenheit immer wieder für Probleme bei der Behandlung des Abwassers der derzeit rund 260 Einwohner. Bis zum Jahr 2005 wurde das Abwasser des Altdorfes über eine Mischkanalisation in abflusslose Sammelgruben sowie über teil- und vollbiologische Kleinkläranlagen entsorgt. Die Schrebergärten und das Neudorf waren per Trennkanalisation an eine dezentrale Festbettkläranlage mit einer Kapazität von etwa 250 Einwohnergleichwerten (EGW) angeschlossen. Wiederholte Betriebsprobleme gab es durch hohen Lastschwankungen, die sich zum einem aus dem Mischwasserzufluss, zum anderen aus der saisonal sehr unterschiedlichen Nutzung der Schrebergärten ergaben. Außerdem war das Abwasser beim Erreichen der Kläranlage durch eine lange Verweilzeit im Kanalnetz häufig schon stark angefault. Die Folge war, dass die geforderten Ablaufwerte nicht dauerhaft eingehalten werden konnten.
Neubau mit Sequencing Batch Reaktor
Um dieser Probleme Herr zu werden, entschloss sich die Gemeinde Bechstedt Wagd für die drei Teilbereiche der Gemeinde eine zentrale Kleinkläranlage mit einer Gesamtkapazität von 600 EGW zu errichten. Im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens fiel die Wahl auf eine Abwasserreinigung mit Sequencing Batch Reaktor (SBR).
Die neue Verbandskläranlage Bechstedt-Wagd ist eine einstraßige Belebungsanlage im Aufstaubetrieb. Nachdem das Schmutzwasser ein Pufferbecken, die Siebrechenanlage und einen belüfteten Sand- und Fettfang passiert hat, wird es in einem SBR-Reaktor chargenweise gereinigt. Im Gegensatz zu kontinuierlich durchflossenen Anlagen finden bei der SBR-Technik die Prozessschritte Nitrifikation, CSB-Abbau, biologische Phosphorelimination, Denitrifikation und Sedimentation nicht in einer Abfolge von Becken, sondern nacheinander in einem „Reaktor“ genannten Behälter statt. Der Reaktor ist oben offen und wurde in monolithischer Ortbetonbauweise errichtet.
Zu Beginn eines Reinigungszyklus wird der Reaktor etwa zur Hälfte mit Abwasser aus dem 38 m³ fassenden Pufferbecken gefüllt. Ein Drehkolbengebläse und vier Plattenbelüfter versorgen das Gemisch aus Belebtschlamm und Abwasser feinblasig mit Sauerstoff. Eine Online-Messtechnik kontrolliert den Sauerstoff-Sollwert, der Lufteintrag wird dementsprechend über Frequenzumrichter geregelt. In dieser Phase finden der Abbau der organischen Kohlenstoffverbindungen und die Oxidation der Ammonium-Verbindungen über Nitrit zu Nitrat statt. Hierbei nehmen die Mikroorganismen verstärkt Phosphor auf. Anschließend strömt erneut Wasser aus dem Pufferbecken in den Reaktor und füllt ihn bis zum Sollvolumen von 285 m3.
Während der nun folgenden Belüftung werden die in der zweiten Füllung enthaltenen Ammonium-Verbindungen wieder in Nitrat umgewandelt, ebenfalls unter aerobem Kohlenstoffabbau. Nach der biologischen Behandlung wird das Belüftungsaggregat abgeschaltet. Der Schlamm hat nun Zeit, sich am Boden des Behälters abzusetzen. Über dem Schlamm entsteht eine Schicht mit sauberem Wasser. Ein schwimmender Dekanter zieht das überstehende Wasser aus dem Behälter ab und übergibt es dem Ablaufpuffer, wobei der Schwimmschlamm zurückgehalten wird. Eine Pumpe fördert den abgesetzten Überschussschlamm in das Schlammsilo.
Steuerung reagiert auf Füllstand
Der zentrale Steuerungsparameter für die Bearbeitungszyklen der SBR-Anlage ist die Füllstandsmessung im Pufferbecken. Erst bei Erreichen eines Soll-Pegels wird ein neuer Zyklus eingeleitet. Bis zum Erreichen des Pegels fährt die Anlage über die SPS in einer „Wartephase", das heißt ein kurzzeitiges Beschicken der Biologie sowie Pausen- und Belüftungsphasen im Reaktor wechseln sich ab um die Biomasse am Leben zu halten
Die Anlage arbeitet mit festen, zwölfstündigen Zykluszeiten und variablen Austauschvolumina. Der minimale Füllstand im SBR ist fixiert, nach Abschluss der Sedimentationsphase wird immer bis zu einem fest definierten Niveau dekantiert. Bei Trockenwetterzufluss beträgt so das Austauschvolumen oft nicht einmal fünf Prozent, bei Mischwasserzufluss steigt es auf 45 Prozent an. Wird vor Beendigung des Zyklus im Pufferbecken der maximale Füllstand erreicht, erfolgt eine Notbeschickung in den SBR.
Vorteile bei Betrieb, Reinigungsergebnis und Kosten
Die SBR-Technik bietet eine Reihe von Vorteilen. So lässt sich das Reinigungsprogramm im Reaktor genau an die jeweilige hydraulische und biochemische Situation anpassen. Die in die Gesamtanlage integrierten Puffer helfen mit, Belastungsschwankungen auszugleichen. Der Hersteller garantiert die Unterschreitung der in Tabelle 1 dargestellten Ablaufwerte.
Parameter Wert Einheit
BSB5 20 mg/l
CSB 90 mg/l
NH4-N 10 mg/l
Nges 25 mg/l
Tabelle 1: Grenzwerte, die laut Hersteller-Garantie im Ablauf der SBR-Kläranlage in Bechstedt-Wagd unterschritten werden.
Weiterhin finden die Absetzvorgänge im Reaktor ohne störende Strömungen statt, so dass der Schlamm schneller und vollständiger abgetrennt werden kann, als bei Anlagen, die im Durchlauf betrieben werden. Der Einsatz von Plattenbelüftern reduziert den Energiebedarf im Vergleich zu anderen Belüftungssystemen um bis zu 30 Prozent. Sie können über Kugelhähne separat abgeschiebert und über Führungsvorrichtungen auch bei gefülltem Becken demontiert werden. Der Anlagenbetrieb ist so auch bei Ausfall eines Belüfters nicht gefährdet.
Betriebskosten sowie das verfahrenstechnische Konzept der SBR-Lösung den Auftraggeber. Die neue Verbandskläranlage konnte nach einer Bauzeit von vier Monaten im Oktober 2005 in Betrieb gehen.

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