Fernwärmeleitung mit Seewasser aus dem Genfersee in La Tour-de-Peilz (CH)
20.09.2017
Mit dem Genfer See steht für die Anliegergemeinden viel Wärmeenergie zur Verfügung. Mit Hilfe von Wärmepumpen kann diese nutzbar gemacht werden. Die zum Transport des Seewassers installierten Leitungen bestehen aus duktilen Guss-Rohrsystemen, die sich dafür optimal eignen: Sie sind innen und außen gegen Korrosion geschützt und ihr großer hydraulischer Querschnitt hat niedrige Betriebskosten zur Folge. Elektrisch isolierende Schubsicherungen vermindern das Risiko einer Schädigung durch Streuströme. Sie sind dabei leicht und sicher zu montieren, kurzum: Das duktile Guss-Rohrsystem bietet alle Voraussetzungen zum Transport von Niedrig-Temperatur-Fernwärme.
1. Einleitung
Mit den Zielen einer nachhaltigen Energieversorgung und einer Reduktion der CO2-Emissionen wird die Nutzung von Wärme oder Kälte aus Seen zunehmend attraktiv. In der Schweiz stammen noch immer rund 65 % der Energie für das Heizen von Gebäuden aus nicht erneuerbaren fossilen Energieträgern. Da gerade an den größeren Seen wie Bodensee, Zürich-, Vierwaldstätter- oder Genfersee auch größere Ortschaften liegen, drängt sich die Nutzung des riesigen Wärmepotenzials der tiefen Seen am Alpenrand auf. Einzelne Anlagen sind schon in Betrieb, so in Zürich, Lausanne oder St. Moritz. Doch sind die bisher genutzten Wärmemengen klein. Zudem haben ältere Wärmepumpen oft schlechte Wirkungsgrade. Das heißt, für den Gewinn von Nutzwärme wird zu viel Antriebsenergie eingesetzt – zumeist Strom, bei größeren Anlagen auch über Verbrennungsmotoren.
2. Projekt Fernwärmenetz CAD LA TOUR-DE-PEILZ
Das Projekt Fernwärmenetz CAD LA TOURDE-PEILZ hat zum Ziel, mit der Energie des Wassers aus dem Genfersee im Endausbau den Bedarf an Heizwärme und Warmwasser von rund 3.000 Haushalten zu decken. Die Technologie dieser Fernheizanlage kombiniert Pumpstationen mit einem Rohrleitungsnetz und individuellen Wärmepumpen (Bild 1), wodurch die Energie des Wassers aus dem Genfersee genutzt werden kann. Das Wasser wird 500 m vom Seeufer entfernt und in 70 m Tiefe angesaugt, wo die Temperatur stabil ist (Bild 2). Mit einer Temperatur von 6 °C gelangt es in den Pumpenkreislauf und gibt 3 K an das Verteilnetz zwischen der Pumpstation und den angeschlossenen Gebäuden ab. Durch den Wechsel von Kompression und Expansion nutzen die Hochleistungswärmepumpen bei den Verbrauchern die im See aufgenommene Energie zum Heizen und zur Produktion von Brauchwarmwasser.
3. Großes Erweiterungspotenzial
Bis Ende 2015 werden rund 15 Gebäude an CAD LA TOUR-DE-PEILZ angeschlossen sein. Das Netz ist so ausgelegt, dass es im Laufe der Jahre mit dem zunehmenden Bedarf seiner Kunden mitwächst, um zu guter Letzt mehr als 300 Gebäude zu versorgen. Bei kompletter Ausschöpfung des Potenzials wird die Pumpstation einen Wasserdurchfluss von 3.600 m3/h bewältigen und damit die Produktion von 35.000.000 kWh/a ermöglichen. Das entspricht dem mittleren Verbrauch von 3.000 Haushalten. Durch den Einsatz erneuerbarer Energien wird die Anlage den Ausstoß von 10.000 t CO2/a vermeiden. Mit einer Investition von 23,5 Mio. CHF für die erste Etappe wird CAD LA TOUR-DE-PEILZ eines der größten Fernheizwerke Europas mit dieser Technologie sein. Die wesentlichen technischen Daten der Anlage sind:
- Angeschlossene Gebäude: ~ 300
- Länge des Netzes: 15 km
- Wassermenge aus dem See: 3.600 m3/h
- Angeschlossene Leistung: 18.500 kW
- Produzierte Energie: ~ 35.000.000 kWh/a
- Äquivalente Energiemenge in Heizöl: ~ 3.745.000 L Heizöl/a
- CO2-Reduktion: ~ 10.000 t CO2/a
4. Lösung mit energieeffizienten vonRoll-Gussrohren
Für den Bau einer Fernwärmeleitung sind hohe Betriebssicherheit, wirtschaftlicher Betrieb und eine lange Lebensdauer der Rohrleitung entscheidende Kriterien bei der Auswahl eines geeigneten Rohrleitungssystems. Das Gussrohr vonRoll DUCPUR mit dem bewährten Schubsicherungssystem vonRoll HYDROTIGHT erfüllt diese hohen Anforderungen und wurde deshalb von der Projektleitung favorisiert. Das mit Polyurethan ausgekleidete Rohr, welches nach den Normen EN 545 [1] und EN 15655 [2] produziert wird, weist eine Wandrauheit von k < 0,01 mm auf und wird somit im Betrieb als hydraulisch glatt bezeichnet. Dies ist eine Voraussetzung für minimale Druckverluste. Zudem ist der hydraulische Querschnitt des Rohres wegen der dünnen PUR-Beschichtung vergleichsweise groß. Damit ist dieses Rohr prädestiniert für den Pumpbetrieb, bei dem ein hoher energetischer Wirkungsgrad entscheidend ist, da er direkt die Betriebskosten der Anlage beeinflusst. Im Projekt wurden Rohre der Nennweiten DN 200 bis DN 700 eingesetzt.
Die Fernwärmeleitung ist ein geschlossenes Kreislaufsystem, bestehend aus Doppelleitungen für den Vor- und Rücklauf mit Einlauf- und Auslaufleitungen zu den Wärmetauschern in den Gebäuden. Die Zugänge und Abgänge der Gebäudeanschlüsse wurden jeweils mit Absperrschiebern versehen.
Da das ganze System einige Kilometer lang ist, kamen in den Hauptleitungen auch mit Epoxidharz-Pulver beschichtete Strecken-Absperrklappen (Bild 3) bzw. Strecken-Schieber zum Einsatz.
Die Leitungstrasse war wegen der teilweise engen Platzverhältnisse sehr anspruchsvoll. So musste nach der Wasserentnahmestelle am Ufer des Sees unmittelbar hinter der Pumpstation die Bahnlinie im Microtunneling-Verfahren unterquert werden. Die längskraftschlüssig gesicherten DUCPUR-Rohre DN 700 wurden in einem 8 m tiefen Schacht mittels Gleitrollen in die beiden Tunnel eingezogen (Bild 4).
Bild 4: Für den Einzug vorbereitetes DUCPUR-Rohr DN 700 (Microtunnel aus Beton) [Quelle: vonRoll hydro (suisse) ag]
Bild 5: Doppelleitung DN 700 mit außenliegender Schubsicherung (Fig. 2806) [Quelle: vonRoll hydro (suisse) ag]
Bild 6: Die duktilen Gussrohre vonRoll DUCPUR mussten zum Teil per Helikopter installiert werden [Quelle: vonRoll hydro (suisse) ag]
Im konventionellen, offenen Einbauverfahren wurde die Grabenbreite für die Doppelleitungen (Bild 5) so optimiert, dass ihr Einbau mit einem Einbaugerät möglich war. Wegen der teilweise eingeschränkten Zugänglichkeit der Leitungstrasse musste für Transport und Einbau der Rohre sowie von Baugruppen an besonders exponierten Stellen ein Helikopter eingesetzt werden (Bilder 6 und 7).
5. Streustromgefahr bei der Unterquerung einer Bahnlinie
Bild 7: Mit dem Helikopter eingeflogene vormontierte Seitenanschlüsse mit Schiebern [Quelle: vonRoll hydro (suisse) ag]
Auch der im Aqua und Gas N° 06 erschienene Fachbericht der Schweizerischen Gesellschaft für Korrosionsschutz (SGK) über Korrosionsschutzkonzepte an Wasserleitungen [4] greift dieses Thema auf. Potenzialdifferenzen durch unterschiedliche Bodenbeschaffenheiten führen zwangsläufig zu einem Stromfluss und damit zu einem beschleunigten Korrosionsabtrag an ungenügend geschützten Metallstrukturen. Durch die Verwendung von porenfrei umhüllten Gussrohren mit elektrisch isolierenden Muffen-Verbindungen zur Unterbrechung der Längsleitfähigkeit wird die Möglichkeit zur Bildung von galvanischen Elementen stark verringert. In einer drei Monate dauernden Testreihe der SGK wurde die elektrische Längsleitfähigkeit von schubgesicherten Guss-Rohrsystemen messtechnisch erfasst. Mit ihren hohen Widerstandswerten sind die vonRoll-Rohrsysteme in der Lage, mögliche Streuströme begrenzen zu können [4]. In den Bildern 8 und 9 sind die Konstruktionen im Schnitt dargestellt.
Bild 8: Außenliegende Schubsicherung vonRoll HYDROTIGHT mit hohem elektrischen Widerstand zur Verringerung der elektrischen Längsleitfähigkeit [Quelle: vonRoll hydro (suisse) ag]
Bild 9: Innenliegende Schubsicherung vonRoll HYDROTIGHT mit hohem elektrischen Widerstand zur Verringerung der elektrischen Längsleitfähigkeit [Quelle: vonRoll hydro (suisse) ag]
6. Fazit
Die porenfreie und glatte PUR-Auskleidung und der große hydraulische Querschnitt bewirken eine hohe hydraulische Leistungsfähigkeit für den Transport des Seewassers, wodurch sich der Energieverbrauch der eingesetzten Pumpen signifikant reduziert. Zusammen mit der längskraftschlüssigen Steckmuffen-Verbindung vonRoll HYDROTIGHT mit hohem elektrischem Widerstand ist das System mit der porenfreien PUR-Umhüllung wirkungsvoll vor galvanischer Korrosion und Streuströmen geschützt – eine sichere Investition in die Zukunft.
Literatur
[1] EN 545: 2010
[2] EN 15655: 2009
[3] SVGW-Richtlinie W4-3: 2013
[4] Aqua & Gas N° 06 Galvanische Elemente: Ihre Gefahren und mögliche Schutzmaßnahmen an Wasserleitungen 2013, S. 34 ff
Autor:
Vincent Voyame + Andreas Schütz
Bauherr:
Baufirma:
(Erstveröffentlichung in: GUSS-ROHRSYSTEME - Information of the European Association for Ductile Iron Pipe Systems • EADIPS®, Nr. 50)
More News and Articles
28.08.2024
News
ITpipes Secures $20M to Transform Water Infrastructure Management
ITpipes announced it has secured $20 million in equity financing from Trilogy Search Partners and Miramar Equity Partners.
Known for its trusted and user-friendly platform, ITpipes …
26.08.2024
News
Professor Dr.-Ing. Dietrich Stein
With deep sadness we announce the loss of our founder and partner Prof Dr Dietrich Stein at the age of 85.
Engineers around the globe are thankful for his dedication to the inventions in the fields of sewers, …
26.08.2024
News
PPI Releases New Installation Guide for PE4710 Pipe
PPI’s MAB-11-2024 Covers HDPE Water Pipelines Up to 60-in. Diameter and 10,000-ft Long Pulls
Developed by the Municipal Advisory Board (MAB) – and published with the help of the members of the …
23.08.2024
News
Faster wide-scale leak detection now within reach
Mass deployment of connected leak loggers is being made possible by the latest technology, writes Tony Gwynne, global leakage solutions director, Ovarro
Water companies in England and Wales are …
21.08.2024
News
Kraken awakens customer service potential in water
The innovative customer service platform Kraken has made a successful transfer from energy to water. Ahead of their presentation at UKWIR’s annual conference, Portsmouth Water chief executive …
19.08.2024
News
Predicting the toxicity of chemicals with AI
Researchers at Eawag and the Swiss Data Science Center have trained AI algorithms with a comprehensive ecotoxicological dataset. Now their machine learning models can predict how toxic chemicals are …
16.08.2024
News
Goodbye water loss: Trenchless pipe renewal in Brazil
Pipe renewal in Brazil
How do you stop water loss through leaks in old pipe systems without major environmental impacts and restrictions? The answer: with trenchless technology, or more precisely …
14.08.2024
Fachartikel
Impact of high-temperature heat storage on groundwater
In a recently launched project, the aquatic research institute Eawag is investigating how the use of borehole thermal energy storage (BTES) affects the surrounding soil, the groundwater …
12.08.2024
News
Watercare completes East Coast Bays sewer link
Watercare has successfully finished the final connection on the East Coast Bays link sewer at Windsor Park in New Zealand.
Much of the East Coast Bays sewer link was installed using horizontal directional …
09.08.2024
Fachartikel
Innovative water solutions for sustainable cities
Cities need to become more sustainable and use their water resources more efficiently. Managing water in local small-scale cycles is one possible solution. A new white paper by Eawag, the University …
07.08.2024
Fachartikel
How digital technologies contribute to universal drinking water
Digital water technologies have an important role in ensuring universal access to safe drinking water by 2030, that is according to a new report from the World Health Organisation. …
05.08.2024
News
Knowledge transfer on sustainable water infrastructure in India
India’s fast-growing cities need an efficient infrastructure for water supply and wastewater disposal. A research cooperation, is therefore supporting the development of a sustainable …
Kontakt
vonRoll hydro (suisse) ag
Dipl.-Ing. Vincent Voyame
Von Roll-Strasse 24
4702 Oensingen
Schweiz
Telefon:
+41 (0)62/38812-20