Fit für die Zukunft – Gütesicherung Kanalbau im Sinne der Nachhaltigkeit
17.01.2013
Demografischer Wandel und Klimawandel gehören zu den meist gebrauchten Schlagwörtern, wenn über die kommunalen Herausforderungen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten diskutiert wird. Bei der Betrachtung der verschiedenen Aspekte rückt dabei auch immer wieder unsere unterirdische Infrastruktur in den Blickpunkt.
2002 hat die Bundesregierung die nationale Nachhaltigkeitsstrategie beschlossen. Sie bestimmt seitdem den Kurs für eine nachhaltige Entwicklung in unserem Land. Nachhaltigkeit bedeutet: Wir können nur so viel Holz schlagen, wie auch nachwachsen kann – es gilt vom Ertrag zu leben und nicht von der Substanz. Mit Blick auf die Gesellschaft bedeutet dies: Jede Generation muss ihre Aufgaben lösen und darf sie nicht den nachkommenden Generationen aufbürden (www.bundesregierung.de).
Größtes Anlagevermögen
Das gilt in besonderem Maße auch für den Umgang mit unserer Infrastruktur, von der Wasserversorgung, über die Verkehrswege, die Energie- und Telekommunikationsversorgung oder die Anlagen der Abwasserbeseitigung. Wir nutzen diese wie selbstverständlich und hoffen, dass sie möglichst lange funktionieren. Was viele nicht wissen: Die Abwasseranlagen stellen unser größtes Anlagevermögen dar. Laut einer Untersuchung der TU Dresden (2002) übertreffen die Wiederbeschaffungskosten der Einrichtungen der Abwasserentsorgung (576 Mrd. Euro) den Wiederbeschaffungswert aller Verkehrsanlagen (489 Mrd. Euro) um fast 90 Milliarden Euro! Diese Zahlen verdeutlichen, welch hohen Stellenwert die Instandhaltung dieser Vermögenswerte haben müsste. Doch kommen wir dieser Aufgabe im geforderten Umfang nach?
Anstrengungen verstärken
Es gibt rund 540.000 km öffentliche Abwasserkanäle in Deutschland. Hinzu kommen Hausanschlüsse und Grundstücksleitungen. Die Auswertung der jüngsten Umfrage der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (DWA) „Zustand der Kanalisation in Deutschland“ belegt, dass nach wie vor ein hoher Sanierungsbedarf besteht. Der Anteil der Haltungen mit einem kurz- bzw. mittelfristigen Sanierungsbedarf liegt bei 17 %. Gleichzeitig verdeutlicht das Ergebnis der Umfrage, dass die derzeitigen Anstrengungen und Aufwendungen der Netzbetreiber nicht ausreichen, den bestehenden Sanierungsbedarf signifikant abzubauen und somit einen Beitrag zum Erhalt der baulichen Substanz zu leisten.
Dieses Verhalten führt zu einem schleichenden Verzehr der Substanz. Ein Infrastruktur-Kannibalismus mit schlimmen Folgen für Städte und Gemeinden und deren Bürger. Prof. Joachim Lenz, Gründer und langjähriger Geschäftsführer des Instituts für Rohrleitungsbau Oldenburg (IRO), hat diese misslichen Zustände immer wieder auf den Punkt gebracht: „Mangelhafte Investition in die Leitungssysteme ist fachlich abwegig, politisch verantwortungslos und eine arglistige Form der Kreditaufnahme zu Lasten unserer Kinder.“
Umdenken hat eingesetzt
In dieser Beziehung hat in den letzten Jahren ein Umdenken stattgefunden. Mit Blick auf die nachfolgenden Generationen arbeiten Politik, Wirtschaft, Institutionen und Fachverbände an Konzepten für einen effizienten und nachhaltigen Umgang mit Energie und Rohstoffen, genauso wie mit vorhandenem Anlagevermögen wie etwa den infrastrukturellen Einrichtungen. Beispielsweise fördert die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (DWA) die Entwicklung und Umsetzung einer nachhaltigen Wasser- und Abfallwirtschaft und führt die auf diesen Gebieten tätigen Fachleute zusammen. Sie fördert die Forschung und Veröffentlichung der Forschungsergebnisse und berät die Wissenschaft (www.dwa.de). Auch der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW) hat mit dem neuen Forschungsprogramm Wasser eine mittelfristige Leitlinie für Innovation und Nachhaltigkeit im Wasserfach vorgelegt (www.dvgw-forschung.de). Große deutsche Kommunen ziehen nach. Sie verstehen sich als Teil der Gesellschaft und sehen sich in der Verantwortung für ihre Beschäftigten und die Umwelt. Konsequent beschreiten sie den Weg zu einer zukunftsorientierten Nachhaltigkeitsstrategie, die wirtschaftliche, soziale und ökologische Gesichtspunkte umfasst.
Wichtige Botschaft
Hier handelt es sich um eine wichtige Botschaft, die hoffentlich viele Nachahmer findet. Es wird aber ebenso deutlich: Über Nachhaltigkeit entscheidet letztendlich auch der, der investiert. Zum Beispiel bei der Vergabe von Aufträgen zur Sanierung von Abwasserleitungen und -kanälen. Mit der Gütesicherung Kanalbau gibt es hier ein System, dessen Anwendung maßgeblich zu mehr Nachhaltigkeit im Kanalbau beitragen kann. Mit der Vergabe von Aufträgen ausschließlich an qualifizierte Firmen werden Kommunen ihrer haushaltsrechtlichen Verantwortung gerecht. Dabei sollte nicht nur der Preis im Mittelpunkt stehen. Der in den letzten Jahren auch bei vielen Kommunen herrschende Zwang zur Kostenminimierung geht häufig zu Lasten der Qualität und erweist sich unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten als kontraproduktiv.
Nichts ist ärgerlicher, als wegen Materialfehlern oder undichter Anschlüsse vorzeitig den Graben wieder aufbaggern zu müssen – nicht zuletzt mit Blick auf solche Fälle ist es von Bedeutung, dass entlang der Wertschöpfungskette im Kanalbau der Qualität der Vorzug gegenüber dem reinen Preisargument gegeben werden muss – angefangen bei der Planung über die Wahl des Bauunternehmens bis hin zu Kanalinspektionen und Sanierungsverfahren. Eine zuverlässige Bauausführung verbessert die Wirtschaftlichkeit der Abwassernetze; geringere Unterhaltskosten sowie eine längere Nutzungsdauer sind die Folgen – hierin besteht Konsens zwischen den Beteiligten.
Abgestimmte Grundlage
Dementsprechend fordern Auftraggeber und Netzbetreiber vor Auftragsvergabe einen Eignungsnachweis der Bieter. Eine zwischen Auftraggebern, Ingenieurbüros und Auftragnehmern abgestimmte Grundlage zur Bewertung der Eignung bietet die Gütesicherung RAL-GZ 961. Unternehmen mit Gütezeichen Kanalbau haben für bestimmte Ausführungsbereiche ihre technische Leistungsfähigkeit, besondere Erfahrung und Zuverlässigkeit nachgewiesen. Die Eignungsprüfung durch den RAL-Güteausschuss in Zusammenarbeit mit den beauftragten Prüfingenieuren erspart Auftraggebern aufwendige Einzelprüfungen. Die Prozesse für diese Prüfungen werden verschlankt, die Aufwendungen reduziert.
Darüber hinaus arbeitet die Gütegemeinschaft konsequent daran, den Nutzen der Dienstleistung RAL-Gütesicherung Kanalbau für Auftraggeber, Ingenieur-Büros und Gütezeicheninhaber kontinuierlich zu erweitern. Zu den Aufgaben der Gütegemeinschaft gehört ein zwischen den beteiligten Baupartnern abgestimmtes Anforderungsprofil an die Bietereignung zu definieren. Zusätzlich wurden in jüngster Zeit Beurteilungsgruppen ergänzt für Ausschreibung und Bauüberwachung in den Bereichen Offener Kanalbau (ABAK), Vortrieb (ABV) und Sanierung (ABS).
Weitere Aufgaben der Gütegemeinschaft sind die Verleihung des RAL-Gütezeichens Kanalbau an Firmen bzw. Organisationen, die das Anforderungsprofil erfüllen sowie die Gütesicherung der Gütezeicheninhaber in Form von Firmen- und Baustellenbesuchen. Darüber hinaus bietet die Gütegemeinschaft ein umfangreiches Angebot an Schulung und Beratung für Auftraggeber, Ingenieurbüros und Gütezeicheninhaber an und leistet beispielsweise durch die Erstellung von „Leitfäden für die Eigenüberwachung“ Grundlagenarbeit im Sinne der Qualität. Die Organisation von Erfahrungsaustauschen rundet das Gesamtpaket RAL-Gütesicherung ab. Die Leistungen der RAL-Gütesicherung Kanalbau gehen damit weit über die einer reinen Zertifizierung hinaus.
Die Praxis zeigt: Die RAL-Gütesicherung führt zu den allseits gewünschten Ergebnissen, wenn sie von den Beteiligten gemeinsam getragen und gelebt wird. Dieses auf Partnerschaft und Fairness basierende System funktioniert bereits seit mehr als 20 Jahren.
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