Herstellerforum soll weitere Impulse geben
18.03.2014
12. Deutscher Schlauchlinertag 2014 mit erweitertem Tagungsprogramm
Nun geht die Veranstaltung also in die zwölfte Runde: Was im Jahr 2003 mit dem 1. Deutschen Schlauchlinertag in Hannover begann, ist auch in der Auflage zwei nach dem zehnjährigen Jubiläum noch steigerungsfähig. Stand bei Herstellern, Anwendern, Planern und Auftraggebern bisher die Überführung des anfangs noch belächelten Schlauchliningverfahrens zu einem Standardverfahren im Fokus, so stehen heute neben den technischen Aspekten sowie politischen und rechtlichen Fragen kritische Themen auf dem Programm: Wie wird mit Mängel umgegangen und wie wird bereits in Planungs- und Ausschreibungsphase Qualitätssicherung betrieben?
Diese Entwicklung macht deutlich, welchen Stellenwert sich der Schlauchlinertag über die Jahre erarbeitet hat. Auf Basis des Konzepts von Dipl.-Ing. Franz Hoppe, lange Jahre in verantwortlicher Position bei der Hamburger Stadtentwässerung tätig, und von Dr.-Ing. Igor Borovsky von der Technischen Akademie Hannover, verantwortlich für Programm und Inhalte, hat der Deutsche Schlauchlinertag wesentlichen Anteil an der enorm gestiegenen Akzeptanz des Schlauchliningverfahrens. Nach mehr als vier Jahrzehnten Einsatz und permanenter technischer Weiterentwicklung hat das Verfahren, bei dem flexible und mit Reaktionsharz getränkte Trägermaterialien aus korrosionsbeständigen Synthese- oder Glasfasern in eine zu sanierende Haltung eingebaut und ausgehärtet werden, die absolute Spitzenstellung unter den grabenlosen Sanierungsverfahren eingenommen.
Am 27. März wird die Erfolgsgeschichte im Congress Center in Düsseldorf um ein paar Kapitel reicher werden. Dazu beitragen soll neben einer ganzheitlichen Betrachtung aller Aspekte der Schlauchlinertechnik insbesondere das neu ins Tagungsprogramm aufgenommene Firmenforum der Sponsoren, in dessen Rahmen Hersteller und Anwender detailliert über technische Weiterentwicklungen in den Unternehmen berichten und mit Besuchern diskutieren wollen.
"Ein Programmpunkt, in dem die Sponsoren zu Wort kommen, wäre vor 12 Jahren nur schwer vorstellbar gewesen, denn die verschiedenen Hersteller und deren Anwender standen sich äußerst reserviert gegenüber und waren sich keineswegs einig", erinnert sich Franz Hoppe an den Start des Schlauchlinertags in Hannover. Das hat sich über die Jahre vollständig geändert. "Man hat begriffen, dass nur die gemeinschaftliche Aktion dem Schlauchliningverfahren weitere Marktanteile beschert, statt sie sich gegenseitig abzujagen. Man hat begriffen, dass das Schlechtreden von Mitbewerbern beim Auftraggeber eher Unsicherheit hervorruft und auf das Verfahren negativen Einfluss hat. Die gemeinsamen Bemühungen, die Qualität und Zuverlässigkeit des Schlauchlinings unabhängig von der speziellen Technik voranzutreiben, hat Früchte getragen. Das Vertrauen beim Auftraggeber ist gewachsen und schlägt sich in jährlich steigenden Marktanteilen zu Lasten der offenen Bauweise nieder. Heute sind wir gemeinsam stark, und es ist an der Zeit, direkte Informationen hinsichtlich der Weiterentwicklung von Herstellern und Anwendern zuzulassen", so Hoppe weiter.
Das wird die Veranstaltung in Düsseldorf mit ihrem breiten Spektrum an Themen, der begleitenden Fachausstellung und dem erstmals stattfindenden Firmenforum zeigen. Hersteller stellen Neuentwicklungen vor, Zuhörer kommen zu Wort, ein direkter Austausch findet statt – das ist kurz und knapp formuliert das Konzept. Die Teilnehmer erhalten praktische Tipps aus der täglichen Arbeit mit Schlauch, Verfahren und Einbausituationen.
Weitere Akzente setzen
Mit dem Sponsorenforum als neuem Programmpunkt und der Diskussion über Mängelbehandlung und Qualitätssicherung wollen Hoppe und Borovsky weitere Akzente setzen. Doch nicht nur der Markt braucht ständig neue Impulse. Immer noch, so scheint es, fehlt es unserer unterirdischen Infrastruktur an der nötigen Aufmerksamkeit – bei den politischen Entscheidungsträgern ebenso wie bei den Bürgern. "Ein neuer Kindergarten ist eben wesentlich populistischer als Investitionen in die Erhaltung von Abwasserleitungen oder steigende Abwassergebühren", erklärt Dr. Borovsky.
Gleichzeitig rät er dringend davon ab, den Blick vor dem zu verschließen, was da unter der Erde mit einem unserer wertvollsten Güter passiert. Um das zu verdeutlichen, führt Borovsky eine Berechnung aus der Umfrage zum Zustand der Kanalisation in Deutschland an, die von der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA) regelmäßig durchgeführt wird: Aus den Angaben zu den Kosten für eine Erneuerung (1709 Euro/m) und Erschließung (838 Euro/m) lässt sich als Mittelwert die Größenordnung des Wiederbeschaffungswertes des gesamten Kanalnetzes ermitteln. Die läge demzufolge bei etwa 687 Mrd. Euro (DWA 2009). Substanzerhalt, Instandhaltung und Modernisierung der Netze sind deshalb die Aufgaben, denen sich die Kanalsanierung zu stellen hat.
Zukunftsorientiert und werterhaltend soll eine nachhaltige Sanierung sein. Wie ist das in der Zwickmühle zwischen zögerlicher Investitionsbereitschaft und angestrebter Lebensdauer zu verwirklichen? Das Thema ganzheitliche Kanalsanierung hat sich zu einer generationsübergreifenden Aufgabe entwickelt und die Bestandserhaltung der Infrastruktureinrichtungen stellt eine der größten und wichtigsten Zukunftsaufgaben der Netzbetreiber dar.
Liningverfahren nehmen Spitzenstellung ein
Rund 550.000 Kilometer lang ist das System der öffentlichen Abwasser-Kanalisation in Deutschland. Der Anschlussgrad beträgt laut Statistischem Bundesamt etwa 96 %. Das ist ein beachtlicher Wert, mit dem Deutschland weltweit führend ist. Doch hieraus ergibt sich auch ein großer Erhaltungsbedarf. Die Umfrage der DWA belegt Schäden sowohl an öffentlichen Abwasserkanälen als auch an Abwasserleitungen auf privatem Grund. Hiervon weisen rund ein Fünftel Schäden auf, die kurz- bis mittelfristig zu sanieren sind, so das Fazit der letzten Umfrage die 2009 durchgeführt wurde.
Einragende oder schadhafte Anschlüsse, Rissbildung, Abflusshindernisse (Wurzeln, Ablagerungen) Oberflächenschäden (inkl. Korrosion und Verschleiß) und Verbindungen (verschobene oder einragende Dichtung) lauten die Begriffe, die in der Top Ten der Schadensbilder die ersten Plätze einnehmen. Im Vergleich zu früheren Umfragen ist laut dieser Umfrage keine maßgebliche Veränderung des Schadensumfangs geschädigter Haltungen im bundesdeutschen Kanalisationsnetz erkennbar. Änderungen gab es allerdings hinsichtlich der Entwicklung bei der Wahl der eingesetzten Verfahren: So ist der Anteil der Kanalerneuerung durch Neuverlegung nach und nach zurückgegangen, während grabenlose Verfahren deutlich auf dem Vormarsch sind. Erkennbar ist auch, dass Netzbetreiber zunehmend auf die Behebung der Schäden in den Kanälen setzen. Dies kann durch die Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kanals (Renovierung) oder durch die Behebung von örtlich begrenzten Schäden (Reparatur) geschehen. Bei den Renovierungsverfahren nehmen Liningverfahren mit rund 90 Prozent die absolute Spitzenstellung ein.
Ausschreibungsunterlagen enorm wichtig
Diese Zahlen sollten in der Branche für das nötige Selbstbewusstsein sorgen. "Hersteller und Anwender liefern heute gute Produkte ab", ist Franz Hoppe überzeugt. Hinterfragt werden müssten deshalb die Erwartungen der Auftraggeber, die sich in erster Linie in den Ausschreibungsunterlagen wiederfinden sollten. "Sind diese allerdings schlecht aufbereitet, führt das möglicherweise zu schlechten Bauergebnissen", so Hoppe weiter, nach dessen Auffassung der überwiegende Teil der Fehler schon in der Ausschreibungsphase seinen Ursprung hat. Mängel während der Bauphase sind häufig nur die Wirkung aus schlecht formulierten Ausschreibungen bzw. aus vergessenen Positionen.
Was muss in der Ausschreibung stehen, welche Regelwerke müssen vereinbart werden, wer kontrolliert wie die Qualität des fertigen Produkts – und vor allen Dingen: Was kann das Schlauchlining leisten und was nicht? Das alles sind wichtige Fragen, die es vor dem ersten Spatenstich zu beantworten gilt. Eine systematische Planung auf Basis einer fachlichen Analyse und einer ausführlichen Dokumentation der Schäden bildet deshalb die Grundlage für nachhaltige Sanierungsergebnisse.
Mängel kommen vor
Natürlich gibt es nach wie vor berechtigte Beanstandungen, sowohl bei der Ausführung als auch bei der Qualität. "Mängel kommen ganz einfach vor, nicht nur bei der Renovierung", weiß Hoppe aus langjähriger Erfahrung. "Die Frage ist nur, wie ich damit umgehe." Während solche Sachverhalte früher eher hinter vorgehaltener Hand angesprochen wurden, wird heute durchaus offen darüber diskutiert – auch das ein Ziel, das sich eine Veranstaltung wie der Deutsche Schlauchlinertag von Anfang an auf die Fahne geschrieben hat.
Und die Verbesserung der Kommunikation zwischen allen Beteiligten hat dem Produkt letztendlich gut getan – auch hierin befinden sich Hoppe und Borovsky mit den Herstellern im Schulterschluss. Das, was heute auf der Baustelle ankommt, hat Werksqualität, die allerdings erst während und nach dem Einbau zum Tragen kommt. Wie reagiere ich als Auftraggeber, wenn der Liner zum Beispiel Falten hat oder die geforderten Materialkennwerte nicht erreicht? Was ist akzeptabel, was ein Mangel?
Rahmenbedingungen vorhanden
Der Einsatz von Schlauchlinern ist heute durch europäische Normen, Herstellerangaben und die speziellen Anforderungsprofile von Zusätzlichen technischen Vertragsbedingungen (ZtVen) geregelt. Das war nicht immer so. Infolge des Fehlens von eindeutigen anerkannten "Regeln der Technik" wurden von Kommunen eigene sog. "Anforderungsprofile" erarbeitet, die mehr oder weniger an die Stelle der fehlenden Regelwerke traten, um überhaupt vergleichbare Angebote und Leistungen der unterschiedlichen Verfahrensvarianten zu garantieren. Vor allem die Freie und Hansestadt Hamburg erwies sich hierbei als Vorreiter.
Bereits 1994 erstellte die Hamburger Stadtentwässerung HSE ein "Anforderungsprofil für Schlauchrelining" mit einer Beschreibung der Materialkomponenten, Einbau-, Aushärtetechnik sowie der Qualitätssicherung und -prüfung. Dieses Profil gilt in abgewandelter aktualisierter Form noch heute und wurde vielfach von anderen Kommunen übernommen. Darüber hinaus hat eine Arbeitsgruppe süddeutscher Kommunen im Jahr 2005 ein "Anforderungsprofil für Schlauchliner-Kanalrenovierungen" veröffentlicht.
Das alles sind wichtige Bausteine, die zur Akzeptanz der Schlauchlinertechnologie beigetragen haben. Allerdings bestimmt heute – auch das wird in Düsseldorf deutlich werden – eher ein ganzheitlicher Ansatz die Diskussion. Die Sanierung mit einem Schlauchlinersystem schafft einen statisch tragfähigen, dichten und betriebssicheren Kanal. Bei Einhaltung der durch die Hersteller vorgegebenen Parameter entsteht ein Rohrsystem mit einer enormen Lebensdauer.
Doch letztendlich wird ein System gebraucht und nicht nur ein Rohr. Der Erfolg einer Schlauchlining-Maßnahme hängt auch von den dazugehörenden Ergänzungsmaßnahmen ab, etwa Anschluss- oder Schachteinbindungen oder der Einsatz der Robotertechnik. Auch über diesen ganzheitlichen Ansatz soll auf dem 12. deutschen Schlauchlinertag am 27. März in Düsseldorf verstärkt diskutiert werde; in den Vorträgen ebenso wie auf den begleitenden Foren und der Fachausstellung.
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