Kanalsanierung - 'Markt und Recht' in der Grundstücksentwässerung
20.02.2006
Unter diesem Motto trafen sich in der Gemeinde Saerbeck an der Grenze zwischen dem Münster- und Tecklenburger Land, rund 50 Fachleute aus dem Bereich der Grundstücksentwässerung. Veranstaltet wurde dieses Praxisforum von der Unita Dienstleistungsgruppe in Kooperation mit dem Güteschutz Kanalbau e.V., der Saertex multicom GmbH, dem VBI Landesverband NRW und dem Verband der Sanierungsberater für Entwässerungssysteme e.V. (VSB).
Karl-Heinz Seidel hebt allerdings hervor, dass die Notwendigkeit der dichten GEA besteht. Schließlich kann davon ausgegangen werden, dass weit mehr als 50% der Grundstücksentwässerungsanlagen undicht sind.
Er sieht, bei einer geschätzten Länge von rd. 1,2 Millionen Metern erdverlegter Grundstücksentwässerungsleitungen, allerdings auch eine große Chance und einen Markt für viele Dienstleister. Dieses ist bei einer Investitionssumme zwischen 15 und 40 Mrd. Euro allerdings kein Wunder.
Seit einigen Jahren wird von den Gebäudeversicherern dieses Risiko bei Neuverträgen ausgeklammert oder nur durch Zusatzvereinbarungen - und natürlich auch Zusatzkosten abgesichert.
An den Kosten der Inspektion und Sanierung können die Versicherungen je nach individueller Vertragsgestaltung beteiligt werden. Nach Aussage von Herrn Karl-Heinz Seidel sind bei Neuverträgen, die um das Jahr 1999 angeschlossen worden sind, die Grundstücksentwässerungsleitungen nur in Ausnahmefällen automatisch im Versicherungsschutz enthalten.
Der einzelne Grundstücksbesitzer stellt sich auch die Frage, ob eine Inspektion überhaupt erforderlich ist und ob Konsequenzen zu befürchten sind.
Hier gibt der Gesetzgeber eindeutige Antworten in den Wassergesetzen des Bundes und der Länder (WHG/LWG) sowie dem Strafgesetzbuch (StGB §324 ff).
Anhand einer Grafik macht der Unternehmensberater Karl-Heinz Seidel deutlich, welche Einflüsse auf den Kunden (Grundstückseigentümer) einwirken.
Dieses ist möglich, wenn die Managementfunktion der Kommune oder dem Netzbetreiber übertragen wird. Die nutzbaren Synergieeffekte bei der Ausschreibung und Abwicklung mehrerer Grundstücke in einer Maßnahme ermöglichen einen größeren Bau-Umfang, frei wählbare Arbeitsabläufe, besser Planung und Auslastung der Ressourcen (Mitarbeiter u. Technik).
Nach Aussage von Karl-Heinz Seidel entwickelt sich der Markt zunehmend besser. Jedoch wird es in den nächsten Monaten erforderlich sein, die eigene Leistung durch gezieltes Marketing und Beratung der Kunden anzupreisen.
Dipl.-Ing. Marco Schlüter vom IKT - Institut für Unterirdische Infrastruktur in Gelsenkirchen stellt im zweiten Vortrag des Nachmittages die derzeit aktuellen, dem IKT Warentest unterzogenen Systeme zur Reinigung und Inspektion von Grundstücksentwässerungsanlagen (GEA) vor.
Anhand von Fotos aus der Praxis werden unterschiedliche Möglichkeiten der Schadensbehebung veranschaulicht.
Natürlich gehört zu einer Sanierung auch die Qualitätskontrolle. Diese wird zum Beispiel beim IKT als zugelassenes Prüfinstitut durchgeführt und spielt eine wesentliche Rolle für die Langlebigkeit und Wirtschaftlichkeit der Sanierung.
Von Dipl.-Ing. Rolf Rehling (GEKO-GmbH. Schwerte) wird das "Modell Schwerte" vorgestellt. Es zeigt auf, dass bei einem Zusammenspiel von allen Beteiligten eine effiziente und für die Bürger kostengünstige Umsetzung erfolgen kann. Da die Stadt Schwerte fast gänzlich im Wasserschutzgebiet liegt, ist ein rasches und besonnenes Handeln erforderlich.
Die Entsorgung erfolgt derzeit durch Stadt bzw. die Stadtentwässerungsgesellschaft. Im Modell findet durch die Stadtwerke eine Bündelung der Kräfte statt, die die Grundstücksentwässerung mit den Bedürfnissen aus der Versorgung zusammenbringt.
Laut Rolf Rehling führt das "Modell Schwerte" dazu, dass Konzepte zur Umsetzung des §45 BauO NRW immer unter dem ganzheitlichen Sanierungsbedarf gesehen werden können. Eine Kooperation der Beteiligten Ver- und Entsorger, Fachbüro und der zahlende Bürger mit den Stadtwerken Schwerte ist das Herzstück des Modells. Die s. g. Synergieeffekte können genutzt und dem Bürger in Form von Qualität und Wirtschaftlichkeit zurückgegeben werden.
"Jeder kommt in den nächsten Jahren dran und kann sich, da ein Konzept vorliegt, auch zeitlich darauf einstellen."
Wichtig ist, dass die Umsetzung in zusammenhängenden Abschnitten erfolgt. Das Sanierungskonzept verteilt die Aufgaben über den vereinbarten Zeitraum und ermöglicht so eine kontinuierliche Planung und Umsetzung. Hierdurch werden erhebliche Kostenpotentiale eingespart, die bei einzelnen Maßnahmen für die verhältnismäßig aufwendige Baustelleneinrichtung, Verkehrssicherung und Allgemeinkosten "draufgehen".
Einen wichtigen Part muss dabei die Kommune übernehmen. Sie hat die Möglichkeit, die Art der Handlung zu bestimmen. Sie kann per Satzung sowohl die Spielregeln der Untersuchung als auch die Zulassung der Dienstleister und Sachkundigen festlegen.
Bei der Umsetzung des Paragraphen 45 der Bauordnung NRW rückt der Systembruch an der Grundstücksgrenze in den Mittelpunkt der Betrachtung. Je nach kommunaler Satzung sind die Schnittstellen der privaten und öffentlichen Zuständigkeit an der Grundstücksgrenze, am Anschlussstutzen oder am Revisionsschacht definiert.
Auf einem weiteren Bild wird dargestellt, wie sich die Dienstleister (Sanitärhandwerker, TVInspekteure, Kanalsanierer und Tiefbauer) mit ihren Sanierungsverfahren auf die privaten Grundstückseigentümer stürzen. Jeder bietet den Service aus einer Hand an.
Für Ulrich Winkler gibt es nur eine Lösung um Qualität und Wirtschaftlichkeit in der Sanierung zu gewährleisten – den unabhängigen Fachingenieur. Nur er ist in der Lage die tatsächlichen erforderlichen Sanierungen ganzheitlich zu beurteilen, alle Beteiligten wertfrei zu koordinieren und zu guter Letzt auf die Qualität der Sanierung zu achten um die Wirtschaftlichkeit im Auge zu behalten.
Dieses System zur Koordinierung und Überwachung der Arbeiten bietet eine Qualifizierte und anbieterneutrale Betreuung, die Durchsetzung von Mindeststandards und die Entlastung der Kommunen. Neben der Information des Eigentümers ist der erfolgreich durchgeführte Dichtheitsnachweis das Ziel von KODINA.
Rechtsanwalt Christian Fath, Fa. Fakatec, Waldfischbach-Burgalben, stellt die Mängelfeststellung und Mängelgewährleistung in der Kanalsanierung in den Vordergrund seines Referates.
Darin beschreibt er die Definition eines Mangels als Abweichung der Ist- Beschaffenheit des Werks von seiner Soll-Beschaffenheit, die in der Leistungsbeschreibung definiert ist.
Die Mängelfeststellung erfolgt zum Beispiel bei der Begehung der Maßnahme oder der Durchsicht der optische TV-Inspektion. Ebenso können Mängel beim Abgleich mit Arbeitsberichten und Sanierungsplanung festgestellt werden.
Zur Vorsicht mahnt Christian Fath vor Pauschal-Beurteilungen. Oftmals stellen sich Mängel bei der näheren Betrachtung als verfahrensbedingt heraus und aus denen keine weiteren Ansprüche hergeleitet werden können.
Je nachdem wie sich die Mängelfeststellung darstellt, können verschiedene Wege beschritten werden, die er sehr ausführlich in seinem Vortrag schildert.
Besondere Aufmerksamkeit wurde dem Mangel im Bezug auf Dichtheitsprüfungen zuteil. Hier stellt Dipl.-Jur. Christian Fath fest, dass es rechtlich nur eine relative Dichtigkeit, keine absolute Dichtigkeit gibt.
Als Fazit seines Exkurses in den rechtlichen Bereich stellt er fest, das der Ausgangspunkt bei Fragestellungen im Mangelgewährleistungsrecht grundsätzlich der Abgleich von Ist- und Soll-Beschaffenheit des Werks ist.d den Inhalt des Bauvertrages zu richten. Für Sanierungsleitungen bedeutet das, vorab die Grundlagen genau zu ermitteln und die Erwartungen exakt zu definieren. Ein klares Forderungsprofil erleichtert dann im Nachhinein die Abgrenzung zwischen erheblichen Mängeln und lediglich unerheblichen Mängeln.
Gerade in dem Bereich der Kanalsanierung müssen die Risiken bewusst abgesichert, für jeden Auftrag neu abgeschätzt und immer wieder auf ihre Deckung hin überprüft werden.
So kann ein freiberuflich tätiger Ingenieur, durchaus als Generalunternehmer mit Planung und Ausführung beauftragt werden. Nur, in dem der Ingenieur vertraglich die Ausführungsunternehmen bindet, überschreitet er sein klassisches Berufsbild. Seine Leistungsschuld umfasst nunmehr auch das materielle Bauwerk, die primäre Haftung umfasst dann sowohl die Planungs- als auch die Ausführungsfehler. Die Deckung durch die klassische Berufshaftpflicht ist aus Sicht von Bernd van Neerven fraglich und ggf. zu ergänzen.
Nach diesen interessanten Vorträgen fühlten sich alle Teilnehmer in der Meinung bestärkt, dass ohne eine rechtliche Ordnung kein System in die Umsetzung des §45 kommt. Dazu sind viel zu viele Unklarheiten in der Auslegung und auch in den Zuständigkeiten offenbart worden.
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