Links abbiegen unter Bergfried und Palas: TV-Inspektion mit dem System "CamFlex - can3D"

18.12.2008

Nicht nur unter Eigenheimen und Gewerbebetrieben müssen nach hessischem und Bundesrecht Abwasser-Kanalsysteme auf ihren Zustand untersucht werden, sondern auch unter historischen Liegenschaften, denen man aufgrund ihres Alters kaum zutraut, dass sie überhaupt Abwasserleitungen haben. Die tkm Service GmbH, Fuldatal, begann im November 2008 mit der Untersuchung der Rohre auf dem Gelände von Schloss Waldeck am Edersee. Für das Unternehmen ist diese "Burgen-Premiere", auch die erste Bewährungsprobe einer neuen Investition: tkm Service untersucht das Netz zwischen Verlies und Uhrenturm mit dem navigationsfähigen Kamerasystem CamFlex der Kummert Inspektionssysteme e.K., Gerolzhofen.

Unter dem Burghof des Schlosses Waldeck am Edersee, einer der bekanntesten und größten Burgen Hessens, geht es um. Was da ruhelos, aber zielstrebig unter dem Kopfsteinpflaster hingleitet, ist aber nicht der Geist eines ruchlosen Kerker-Gastes, sondern die "CamFlex": modernste Kanal-Untersuchungstechnik, eingesetzt von zwei Experten der tkm Service GmbH, Fuldatal. Das Unternehmen bekam im Laufe des Jahres 2008 von der Schlossverwaltung den Auftrag zur Bestandsaufnahme und Zustandserfassung der Leitungen und Schächte auf Waldeck. Da gerade bei einer historischen Liegenschaft Zweifel an vorhandenen Planunterlagen prinzipiell berechtigt erscheinen, gehörte zum Auftrag neben der optischen Zustandserfassung auch die Erstellung eines Lageplanes der Burgentwässerung auf aktuellem Stand - und das idealer Weise in 3D.
Für tkm- Geschäftsführer Herrmann Spitzenberg ist der Waldeck-Auftrag ein Idealfall, um seine jüngste Anschaffung auf Herz und Nieren zu prüfen: Seit kurzem betreibt er die mobile und Untersuchungseinheit CamMobile Profi II der Kummert Inspektionssysteme in Verbindung mit dem auf der IFAT 2008 vorgestellten Kamerasystem CamFlex und der neuen Software can3D. Für diese Kamera ist der Schloss-Einsatz gleichfalls die "Jungfernfahrt".
Die Fahrzeug-Unabhängigkeit der Inspektionseinheit CamMobile Profi II wäre auf Schloss Waldeck fast Einsatz-entscheidend gewesen. Das tkm-Service Fahrzeug, einen 3,5 to-"Sprinter", auf den Burghof zu manövrieren, war buchstäblich Millimeterarbeit. "Das wäre aber auch kein Beinbruch gewesen", schmunzelt Herrmann Spitzenberg, "das CamMobile Profi II mit seinen 17 Kilo hätten meine Mitarbeiter spielend da hinauf gerollt - genauso, wie sie sich in jeden Winkel des Schlosses hinauf und hinab tragen ließe."
Auf der Burg unverzichtbar ist jedoch der Kamerakopf "CamFlex", der die Technik-Familie der "navigierbaren" Kamerasysteme für die Grundstücksentwässerung um ein neues, viel versprechendes Mitglied erweitert. Die Grundstücksentwässerung mit ihren vielen Bögen und Abzweigen fordert bekanntlich Kameras, die im Netz selbstständig abbiegen können und dies nach Möglichkeit mehrfach in Folge. Die CamFlex schafft dies mit erstaunlicher Leichtigkeit, wie erste Einsätze auf Burg Waldeck zeigten, wo sich das an einem Glasfaser-Aal geschobene System bis in Leitungen der "vierten Ebene", also durch drei Anschlüsse hindurch vorarbeitete. Der Kamerakopf ist in drei Segmente geteilt, die jeweils durch zwei hintereinander liegende Kardangelenke miteinander verbunden sind. Diese erlauben es dem Gerät, sich aus der Strecklage heraus jederzeit in jeder Richtung an den zwei Knickstellen zwischen den Segmenten zu krümmen. Dabei kann dann das Frontsegment mit Hilfe des Live-Kamerabildes in den Anschluss eingeschwenkt werden. So kann die CamFlex aus Leitungen DN 100 bis 200 in Anschlüsse bis 87° hinein abbiegen. Um Reibung zu reduzieren und die Reichweite des rein mechanisch getriebenen Systems zu steigern, wurden die Segmente des Kameragehäuses konkav konstruiert. Der Minimalkontakt mit der Rohrwand und eine leichtes Kameragewicht machen Reichweiten von 50 Metern im Schiebemodus problemlos möglich, auch über Serien von Bögen hinweg. Der im Kamerakopf verbaute Gravitationschip richtet das Kamerabild in Sekundenschnelle wieder in die Horizontallage aus, so dass der Operator beim Weg durch Bögen und Abzweige nicht optisch "schwindelig gefahren" wird.
Parallel und in enger Abstimmung zu diesem innovativen Kamerasystem wurde durch Kummert die Software can3D entwickelt. Sie enthält drei Module. Das Grundmodul bietet die Basis für die eigentliche optische Untersuchung, ermittelt und erfasst darüber hinaus zugleich Leitungsverläufe im dreidimensionalen Raum. Modul 2 beinhaltet die Software für das "Berichtswesen", also Bearbeitung, Auswertung und Erstellung von Dokumentationen der Untersuchung. Das dritte Softwaremodul schließlich bietet einen Viewer, mit dem der Auftraggeber die Untersuchung unmittelbar in 3D verfolgen kann.
Das Prinzip der 3D-Ortung mit der CamFlex ist frappierend einfach. Hat die Kamera in Strecklage einen Abzweig erreicht, wird die zum Abbiegen notwendige Krümmung des Geräts gemessen und daraus auf den Winkel des nächst möglichen Standardanschlusses geschlossen. Bei einer gemessenen Krümmung von 43,2° etwa wird der Anschluss automatisch von der Software als 45°-Anschluss erfasst. Ähnlich werden Bögen ein gemessen. Die Kamera fährt geradeaus gegen die Rohrwand im Bogen, dann schwenkt der Operator den Kopf so weit, dass ein Fadenkreuz in der Optik axial im weiteren Rohrverlauf liegt. Erfasst wird wiederum die tatsächliche Krümmung des Systems. Eine elektronische Wasserwaage in Verbindung mit der Fadenkreuz-Messung liefert die Horizontallage-Daten, die neben der Wegstrecken-Einmessung und der Winkelerfassung nötig sind, um ein hinreichend exaktes 3D-Abbild des Leitungsverlaufs zu generieren. Eine nützliche Orientierungshilfe bei der Befahrung hierarchisch aufgebauter Netze ist es, dass die Software auf dem Rückweg der Kamera erkennt, wenn die vorherige Ausgangsleitung erreicht wird. Sie setzt dann Stationierungsdaten dort wieder an, ohne dass eine neuerliche Eingabe des Operators erforderlich ist. Das Ziel gesteigerten Bediener-Komforts liegt auch der Entscheidung zugrunde, das gesamte Handling und alle Eingaben weitestgehend Tastatur-frei zu gestalten. Die Dateneingabe, bis hin zur Eingabe von Schadenkürzeln erfolgt durch Stift-Eingaben in Auswahlmenüs auf dem Bedienfeld. Damit wird das Fehlerrisiko reduziert und die Arbeitsgeschwindigkeit deutlich erhöht.
Was es so derzeit auf dem Markt nicht gibt, ist das Viewer-Modul des Programm can3D. Es verknüpft den aus den Lagedaten der Befahrung generierten 3D-Plan in Echtzeit mit der vollständigen, in MPEG2 aufgezeichneten TV-Inspektion und stellt beides auf einem Monitor dar. So kann man die Inspektionsbilder laufen lassen und im Plan verfolgen, wo sich die virtuelle Kamera gerade befindet, oder aber per Mausklick ins 3D-Netz gehen und das Kamerabild der betreffenden Stelle aufrufen. Selbst wenn man die virtuelle Kamera mit der Maus ruppig "durchs Netz schleift", zieht das zugehörige TV-Bild stets live mit: Mehr Übersicht geht kaum.
Problemlos lässt sich die Plandarstellung auch mit vorhandenen Plandaten integrieren und aktualisiert diese damit. Neben dem klassischen Lageplan sind auf Wunsch 3D-Perspektiven und Höhenschnitte zu erzeugen, gar nicht zu sprechen von konventionellen Darstellungen wie Haltungs-Bestandsplänen mit Schadendokumentation. Verfügbare Datenschnittstellen von can3D sind derzeit DWA M 150-2, ISYBAU 06/01 und ISYBAU 2006 XML. An weiteren aktuellen Schnittstellen wird nach Herstelleraussage gearbeitet.
tkm- Geschäftsführer Herrmann Spitzenberg ist nach den ersten Einsatztagen auf Schloss Waldeck bislang sehr zufrieden mit seinem Neuerwerb: "Die CamFlex ist ja nicht nur für Burgen und Schlösser ideal, sondern bestens geeignet, auch das Abwassernetz eines Eigenheims von jedem beliebigen Zugangspunkt aus lückenlos zu befahren. Und wenn man eine Kamera mit dieser Software für 18.000 bis 25.000 Euro bekommt, also für den Preis von zwei herkömmlichen Schiebekameras, dann ist das ein Nutzen-Kosten-Verhältnis, das kaum zu toppen ist. Damit kann ich so kalkulieren, dass ich auch dem Eigenheimbesitzer noch einen bezahlbaren Preis machen kann. Das ist nämlich kaum möglich, wenn man zu einem Grundstücks-Inspektionstermin mit einem großen TV-Fahrzeug fahren muss, das genau so viel kostet wie die Einheiten für die Inspektion im öffentlichen Hauptkanal."

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Herrmann Spitzenberg

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