Normen und Vorschriften zur Dimensionierung der Einstiegsöffnungen von Regenwasserspeichern

28.07.2006

Welche Vorgaben gelten bei der Ausführung von Regenwasserspeichern? Die Zisternen von Regenwassernutzungsanlagen sind auf den ersten Blick keine sonderlich komplexen Bauwerke. Dennoch sind bei ihrer Ausführung einige Normen und Vorschriften zu beachten und manche auch nicht.

Bei der Regenwassernutzung im Privatwohnungsbau wird der Niederschlag in einer Zisterne gespeichert. Diese kann als Erdtank oder als Kellertank ausgeführt sein. Weil bei Kellertanks Probleme mit der Qualität des gespeicherten Wassers auftreten können ‑ Regenwasser sollte kühl und dunkel gelagert werden ‑ entscheiden sich die Bauherren bei Neubauten und Nachrüstungen in der Regel für Erdspeicher.
Welche Anforderungen an die Ausführung dieser Speicher zu stellen sind, definiert Teil 3 der Normenreihe DIN 1989 "Regenwassernutzungsanlagen“. So müssen die Speicher zum Beispiel mit einer Inspektions- und Einsteigöffnungen ausgestattet sein. Als Durchmesser für diesen Schacht sind laut DIN-Norm 600 mm ausreichend. Sie steht damit scheinbar im Konflikt zu anderen Vorschriften und Normen. Beispielsweise fordert die Berufsgenossenschaft der Gas-, Fernwärme- und Wasserwirtschaft (BGFW) in ihren Unfallverhütungsvorschriften für die Einstiegsöffnungen von abwassertechnischen Anlagen eine lichte Weite von mindestens 800 mm.
Auch die DIN EN 476 "Allgemeine Anforderungen an Bauteile für Abwasserkanäle und -leitungen für Schwerkraftentwässerungssysteme“ macht Vorgaben zu den Schachtweiten. Sie unterscheidet zwischen Einsteig- und Kontrollschächten. Demzufolge müssen Einsteigschächte mit Zugang für Personal mindestens 1000 mm Nennweite aufweisen, bei nur gelegentlichem Zugang für Reinigung und Inspektion sind 800 mm ausreichend. Schächte mit weniger als 800 mm Nennweite sind laut DIN EN 476 als Kontrollschächte oder Inspektionsöffnungen anzusehen. Sie erlauben nur das Einbringen von Reinigungsgerät sowie Inspektions- und Prüfausrüstung, aber keinen Personalzugang.
Wann ist Regenwasser Abwasser?

Greift die DIN 1989 bei der erforderlichen Schachtnennweite also um mindestens 200 mm zu kurz? Hier stellt sich zunächst die Frage, ab wann Regenwasser überhaupt als Abwasser zu bezeichnen ist und damit unter den Anwendungsbereich der BGFW-Vorschriften und der DIN EN 476 fällt. Das Abwasserabgabengesetz definiert Abwasser als das " ...durch häuslichen, gewerblichen, landwirtschaftlichen oder sonstigen Gebrauch in seinen Eigenschaften veränderte und das bei Trockenwetter damit zusammen abfließende Wasser, sowie das von Niederschlägen aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Flächen abfließende und gesammelte Wasser (Niederschlagswasser)." Da "abfließen" als die Übergabe des gesammelten Niederschlagswassers an das öffentliche Kanalnetz zu interpretieren ist, sind Regenwasserzisternen definitionsgemäß keine Abwasseranlagen, da die Anlagen auf Privat-Grundstücken stehen, also vor der Übergabe an die Kanalisation. Demzufolge sind auch die genannten Regelungen für abwassertechnische Anlagen nicht formal bindend.
Gefahren von Regenwasser richtig einstufen

Neben dieser nüchternen Definitionsfrage müssen auch die Ziele der jeweiligen Vorschriften im Auge behalten werden. Die Forderungen der Berufsgenossenschaft und der DIN EN 476 sind im Bereich von Kanälen, in denen ausgasende Abwässer mit hygienisch bedenklichen Inhaltsstoffen strömen, für den Personenschutz sicherlich sinnvoll. Aber ist das potenziell gefährliche Milieu eines Kanalisationsschachts gleichzusetzen mit dem einer Zisterne, in der reines, gefiltertes Regenwasser lagert und die nach DIN 1989-1 normgerecht gegen Rückstau gesichert ist?
Auch die Art und die Häufigkeit der Inspektions- und Wartungsarbeiten sowie die dabei erforderlichen Tätigkeiten bei Regenwasserspeichern im Privatwohnungsbau lassen sich nicht mit denen von Einrichtungen der öffentlichen Abwasserentsorgung vergleichen. Während Abwasserkanäle häufig und regelmäßig inspiziert werden, mit zum Teil langer Aufenthaltszeit in potenziellen Gefahrenbereichen und unter Nutzung schwerer Arbeitsgeräte, reicht bei Regenwasser-Nutzungsanlagen laut der Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung eine kurze Zustands- und Funktionskontrolle pro Jahr aus.
DIN 1989 mit klaren Gestaltungskriterien

Unter dem Strich ist und bleibt die DIN 1989 das allgemein anerkannte technische Regelwerk der Regenwassernutzung. Mit ihr sind Ingenieure, Installateure, Hersteller und Bauherren auf der sicheren Seite. So gibt die Norm neben der Weite der Einstiegsöffnung weitere klare Kriterien für die Gestaltung des Einsteigkonus und des Raums darunter an die Hand. Sie fordert zum Beispiel, dass der Einsteigdom als freier Durchstieg auszulegen ist. Sofern im Durchstieg Bauteile beispielsweise Filter installiert werden, müssen diese problemlos demontiert werden können.
In der Regel sind vor den in die Speicher eingebauten Filtern Fremdstoffsammelbehälter angebracht. Diese müssen gemäß DIN 1989 ohne Verwendung von Werkzeugen leicht herausnehmbar sein und dürfen von der Geländeoberkante, also der Schachtabdeckung, nicht weiter als 60 cm entfernt sein. Dadurch sind die Sammelbehälter bei Wartungsarbeiten gut zu erreichen, unbequeme und gefährliche "Kopf-über-Aktionen" am Schachtrand werden vermieden. Auch dies ist eine Form der Unfallverhütung!

Kontakt

Helmut Ziegler [Redaktionsbüro Ziegler]

97276 Margetshöchheim

Telefon:

09 31/9 91 22 33

E-Mail:

info@ziegler-texte.de

Internet:

Zur Webseite