NRW: Zuwendungen für die Sanierung der Grundstücksentwässerung - wann, wofür und wie?

23.10.2008

Seit Verabschiedung der letzten Novelle des Landes-Wassergesetzes in Nordrhein-Westfalen sind die Grundstückseigentümer in NRW gemäß dem neuen § 61a LWG verpflichtet, ihre Schmutzwasser führenden Grundstücksentwässerungsleitungen bis spätestens zum 31.12.2015 einer Dichtheitsprüfung zu unterziehen. Da nach den bisherigen Erfahrungen ein erheblicher Prozentsatz der untersuchten Anlagen undicht sein dürfte, wird aus den meisten Untersuchungen ein umfangreicher Sanierungsbedarf resultieren.

Um den Grundstückseigentümern die Last etwas zu erleichtern, hat das Land NRW die Sanierung undichter Grundstücksentwässerungsleitungen in den Kreis der förderbaren Maßnahmen nach dem "Investitionsprogramm Abwasser NRW" aufgenommen. Da die Förderfähigkeit jedoch an ein Programm zur Bekämpfung von Fremdwasser in der jeweiligen Kommune gebunden ist, wird bei weitem nicht jede defekte Leitung auch zuwendungsfähig sein - ganz abgesehen davon, dass der aus den Mittel der Abwasserabgabe gespeiste Fördertopf  kein unbegrenztes Volumen hat. Grundstückseigentümer sollten in diesem Zusammenhang jetzt genau darauf achten, dass ihre Kommune umgehend die notwendigen Schritte unternimmt, damit ihre Bürger in den Genuss entsprechender Unterstützung kommen können.
Ein Aufgabenschwerpunkt des Investitionsprogramms Abwasser NRW in der aktuellen Form ist die Fremdwasserbekämpfung in den Kommunen. "Fremdwasser" ist zum überwiegenden Teil Grundwasser, das in undichte Schmutz- oder Mischwasserkanalisationen eindringt und deren Kapazität ebenso beeinträchtigt wie die Reinigungsleistung der angeschlossenen Kläranlagen. Da hohe Fremdwasser-Anteile rechtliche Risiken und erhebliche Kosten für den Kanalnetzbetreiber aufwerfen, hat die Fremdwasser-Bekämpfung zunehmend Priorität im Aufgabenkatalog der Stadtentwässerung. Um die öffentliche Abwasser-Infrastruktur von Fremdwasser zu befreien (bzw. definitionsgemäß den Fremdwasser-Anteil am Trockenwetter-Abfluss auf höchstens 50% zu begrenzen), sieht das Investitionsprogramm Abwasser NRW drei diesbezügliche Förderbereiche vor:
  1. Die Erarbeitung von Fremdwasser-Konzepten durch die Kommunen mit dem Ziel der Identifikation und Abgrenzung von Handlungsschwerpunkten im Gemeindegebiet. (Förderbereich 6.1)
  2. Die Sanierung öffentlicher Kanalisationen im Zuge der Umsetzung von Fremdwasser-Konzepten (Förderbereich 6.2.)
  3. Die Sanierung von Grundstücksentwässerungsanlagen im Zuge der Umsetzung von Fremdwasser-Konzepten (Förderbereich 6.3.)
Für Grundstückseigentümer sieht das Programm vor, dass (eine Bewilligung der Maßnahme vorausgesetzt) bis zu 30 % der zuwendungsfähigen Ausgaben, aber höchstens 200 € pro angefangenem laufendem Meter bezuschusst werden können (je Haus einschließlich Nebengebäuden). Für Industrie- und Gewerbebetriebe ist der Zuschuss auf 100.000 € innerhalb von 3 Jahren begrenzt. Ausdrücklich nicht förderfähig sind die Aufwendungen für die Dichtheitsprüfung der Leitungen selbst, wohl aber die Kosten für gewerbliche Planungs- und Beratungsleistungen. Gleichfalls nicht förderfähig sind alle Nebenkosten (etwa für die Finanzierung).
Damit der Grundstückseigentümer aber überhaupt in den Kreis der förderfähigen Maßnahmen vorstoßen kann, muss erst einmal die Gemeinde einige Leistungen erbringen:
Sie muss zum ersten ein Fremdwasser-Konzept für das Gemeindegebiet bzw. dessen Teile erarbeiten, mit der zuständigen Genehmigungsbehörde abstimmen und die Fremdwasser-Schwerpunktgebiete per Satzung formell beschließen. Maßstab für ein Fremdwasser-Problem ist ein Fremdwasser-Anteil von mehr als 50 % am Trockenwetter-Abfluss. Das Fremdwasser-Konzept muss vorsehen, dass in einem Problemgebiet die öffentliche und die privaten Kanalisationen als Einheit saniert werden.
Sie muss zweitens die Grundstückseigentümer in einem Fremdwasser-Schwerpunktgebiet formell dazu veranlassen, eine Dichtheitsprüfung durchzuführen.
Außerdem muss die Gemeinde die Förderanträge der Grundstückseigentümer bündeln und als Sammelantrag an die NRW.BANK als bewilligende Stelle weiterleiten.
Eine formale "Fußangel" ist die Vorgabe, dass für den Förderfall ein erhöhter Fremdwasser-Anteil nachgewiesen sein muss, der überwiegend nicht aus der öffentlichen Kanalisation stammt. Dieser Nachweis setzt im Vorfeld sehr aufwändige Analysen voraus, um das Fremdwasser bestimmten Herkunftsbereichen trennscharf zuordnen zu können. In der Praxis zeigt sich nämlich der hohe Anteil der privaten Leitungen am Fremdwasser-Aufkommen oft erst dadurch, dass dieses nach der Sanierung der öffentlichen Kanäle nicht oder nur gering reduziert ist. Diese klare Beweisführung ist aber durch die Vorgabe einer einheitlichen Sanierungsdurchführung ausgeschlossen. Dies bedeutet aber auch, dass da, wo die Sanierung im öffentlichen Raum schon abgeschlossen, der Fremdwasser-Anteil aus privaten Quellen aber immer noch zu hoch ist, die Grundstückseigentümer von vorn herein keine Chance mehr auf Förderung haben, da die Kommune hier quasi "zu früh" saniert hat. Hier müssen aktuell laufende Sanierungsprogramme schnellstmöglich auf eine förderverträgliche Terminierung hinterfragt werden (das gilt übrigens auch in Bezug auf die potentielle Förderfähigkeit der öffentlichen Sanierungsmaßnahmen selbst!).
Was für Fehler kann die Kommune in diesem Zusammenhang also machen, die die Förderung der privaten Sanierungsmaßnahmen gefährden?
  1. Sie versäumt es überhaupt, sich um die Fremdwasser-Problematik zu kümmern.
  2. Sie stellt für die Sanierung der eigenen Kanäle keine Haushaltsmittel zur Verfügung, so dass eine einheitliche Sanierung von öffentlichen und privaten Anlagen nicht möglich ist (Vorsicht: das Förderprogramm läuft Ende 2011 aus, die Prüfpflicht der Grundstückseigentümer bleibt jedoch auch danach bestehen!)
  3. Sie analysiert nicht trennscharf genug auf "privates" und "öffentliches" Fremdwasser
  4. Sie versäumt es, einen Fremdwasser-Schwerpunkt per Satzung zu beschließen
  5. Sie versäumt es, ein Sanierungskonzept aufzustellen und mit der zuständigen Behörde abzustimmen
  6. Sie versäumt es, die Grundstückseigentümer formell zur Dichtheitsprüfung aufzufordern
  7. Sie stellt keine Dienstleistungen im Zuge des Bewilligungsverfahrens und im Rahmen der Überprüfung der Sanierungsmaßnahmen zur Verfügung
  8. Sie versäumt es, den Nachweis der pünktlichen und ordnungsgemäßen Sanierungsdurchführung einzufordern und fristgerecht an die NRW.BANK weiter zu leiten.
Ein generelles Versäumnis besteht angesichts des absehbar erheblichen Arbeitsaufwandes für die Kommunen und des vorgegebenen Terminrahmens natürlich schon darin, die notwendigen Maßnahmen zu spät oder nicht mit der notwendigen (eigenen oder extern engagierten) "Manpower" in Angriff zu nehmen.
Was für Fehler kann der Grundstückseigentümer machen, die eine Bezuschussung gefährden?
  1. Er versäumt es, eine angeordnete Dichtheitsprüfung durchzuführen.
  2. Er saniert eine defekte Leitung "zu früh", bevor die Fördervoraussetzungen gegeben sind.
  3. Er versäumt es, einen Förderantrag überhaupt zu stellen.
  4. Er versäumt es, eine Sanierungsmaßnahme fristgerecht durchzuführen (binnen 2 Jahren nach Bewilligung)und entsprechende Nachweise zu archivieren.
  5. Er führt die Sanierungsmaßnahme nicht fachgerecht durch, oder versäumt es, die Durchführung durch die Gemeinde prüfen zu lassen.
Fazit: Angesichts der erheblichen  Belastungen, die auf Grundstückseigentümer in NRW bei Vollzug des § 61a LWG bis Ende 2015 zukommen werden, ist die Fördermöglichkeit nach dem Investitionsprogramm Abwasser NRW ausdrücklich zu begrüßen. Diese setzt jedoch entschlossenes und zügiges Handeln der Kommunen voraus, denn Fremdwasser-Konzepte lassen sich nicht "zwischen Tür und Angel" aufstellen und umsetzen - und der zeitliche Rahmen dafür ist bereits deutlich begrenzt. Die Bürger sollten also unbedingt darauf drängen, dass das Thema schnell auf die kommunalpolitische Agenda kommt, da sie durch Zögerlichkeit ihrer Gemeinde sehr viel Geld verlieren können! Ein Wermutstropfen bleibt, dass defekte Grundleitungen, die nicht in Fremdwasser-Schwerpunktgebieten liegen, nicht zuwendungsfähig sind, aber dennoch bis 2015 geprüft und saniert werden müssen.

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