Rechtliche Aspekte der Fremdwasserthematik - Vierter Arbeitsbericht der DWA-Arbeitsgruppe ES-1.3 "Fremdwasser"*
23.07.2007
Ein erhöhter Fremdwasserabfluss im Entwässerungssystem kann zu erheblichen wasserwirtschaftlichen Problemen führen. Aus technischer Sicht wurden in den bisherigen Arbeitsberichten der DWA-Arbeitsgruppe ES-1.3 "Fremdwasser" Möglichkeiten zur Identifikation, Eingrenzung und Lösung dieser Probleme dargestellt. Bei der praktischen Umsetzung der beschrieben Maßnahmen ergeben sich oftmals aber auch rechtliche Fragestellungen, welche die Umsetzung von technischen Lösungen verzögern, erschweren oder in Frage stellen können. Zumindest können bei den Betroffenen Zweifel an der rechtlichen Absicherung der notwendigen Maßnahmen entstehen.
Der Begriff "Fremdwasser" ist sowohl in Gesetzesnormen des Bundes als auch der Länder nicht enthalten. Es gibt daher keine rechtliche Definition von Fremdwasser. Eine technische Definition wird von der DWA-Arbeitsgruppe ES-1.3 im ersten Arbeitsbericht [KA 1/2003 (50), 71 ff.] gegeben:
"Fremdwasser ist das in Abwasseranlagen abfließende Wasser, welches weder durch häuslichen, gewerblichen, landwirtschaftlichen oder sonstigen Gebrauch in seinen Eigenschaften verändert ist noch bei Niederschlägen von bebauten oder befestigten Flächen gesammelt und gezielt eingeleitet wurde. Fremdwasser erfordert auf Grund seiner Qualität keine Abwasserbehandlung, erschwert diese oder belastet auf Grund seiner Quantität Abwasseranlagen unnötig und ist unter dem Aspekt des Gewässerschutzes unerwünscht."
Der Begriff "Abwasser" ist im Abwasserabgabengesetz (AbwAG) in § 2 Begriffsbestimmungen definiert. Hierbei handelt es sich aber ausschließlich um die Definition von Abwasser in abgaberechtlichem Sinn. Weitere Definitionen für den Begriff Abwasser sind in den Gesetzesnormen des Bundes nicht enthalten.
In landesrechtlichen Regelungen, wie zum Beispiel den Wassergesetzen der Länder, gibt es Bestimmungen zum Begriff Abwasser, die sich kaum von einander unterscheiden. Wesentliche Aspekte des Begriffes Abwasser sind dabei, dass Abwasser Wasser ist, das
- durch häuslichen, gewerblichen, landwirtschaftlichen oder sonstigen Gebrauch verunreinigt oder
- sonst in seinen Eigenschaften verändert ist oder
- von Niederschlägen aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Flächen abfließt.
Nach der Definition des Begriffes "Fremdwasser" der Arbeitsgruppe ES-1.3 (erster Arbeitsbericht) ist dieses aber gerade kein Wasser, das die oben genannten Eigenschaften von Abwasser aufweist, wohl aber mit in Abwasseranlagen abfließt, wie zum Beispiel Grund- oder Quellwasser. Durch das Hineingelangen von Fremdwasser in eine Abwasseranlage ist aber grundsätzlich immer davon auszugehen, dass durch die Vermischung mit anderem Abwasser, das sich in der Abwasseranlage befindet, dieses verunreinigt oder sonst in seinen Eigenschaften verändert wird. Damit dürfte aus wasserrechtlicher Sicht Fremdwasser zu Abwasser werden, sobald es in eine Abwasseranlage wie zum Beispiel in einen Schmutz-, Regen- oder Mischwasserkanalnetz hineingelangt.
Dies wird auch dadurch bestätigt, dass in einzelnen Landeswassergesetzen die oben gegebene Abwasserdefinition um Zusätze, wie zum Beispiel "und das bei Trockenwetter damit zusammen abfließende Wasser" (§51 Abs. 1 LWG NRW) erweitert wird.
Nach § 18b Wasserhaushaltsgesetz (WHG) sind Abwasseranlagen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik (a. a. R. d. T.) zu errichten und zu betreiben. Zu den a. a. R. d. T. gehören beispielsweise EN- sowie DIN-Normen oder DWA-Richtlinien. Hier werden zwar keine konkreten Grenzwerte für Fremdwasser genannt, sehr wohl aber Anforderungen an den Bau und an den Betrieb von Abwasseranlagen wie zum Beispiel die Dichtheit eines Kanalnetzes.
Nach § 7a Abs. 1 WHG legt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Anforderungen an das Einleiten von Abwasser fest, die dem Stand der Technik entsprechen. In der Abwasserverordnung (AbwV) wird in § 3 Abs. 3 ausgeführt, dass die in den Anhängen als Konzentrationswerte festgelegten Anforderungen nicht entgegen dem Stand der Technik durch "Verdünnung" erreicht werden dürfen.
Es gibt keine einheitliche bundesweite Regelung, ab wann eine Verdünnung entgegen dem Stand der Technik vorliegt. Einzelne Bundesländer haben aber zum Teil konkrete Bestimmungen in landesrechtlichen Vorschriften wie beispielsweise in ihren Wasser- und Abwasserabgabengesetzen zu dem Begriff "Verdünnung" im Sinne vom § 3 Abs. 3 AbwV festgelegt. Die bestehenden Regelungen sind mit Stand Dezember 2002 im ersten Arbeitsbericht der Arbeitsgruppe ES-1.3 Fremdwasser zusammengefasst.
Für den Bau und den Betrieb von Abwasseranlagen sowie für das Einleiten von Abwasser aus Abwasseranlagen in Gewässer gelten die Ausführungen zu Frage 3. Das bedeutet unter anderem, dass Kanalnetze dicht sein müssen, gemäß den Regeln der Technik betrieben werden und Anforderungen in Form von Konzentrationswerten nicht entgegen dem Stand der Technik durch Verdünnung erreicht werden dürfen.
Kann der Betreiber der Abwasseranlage diesen Anforderungen aufgrund einer vorhandenen Fremdwasserproblematik nicht gerecht werden, so erfordert dies eine Reduzierung des Fremdwasseraufkommens. Entsprechende Auflagen zur Fremdwasserreduzierung können auch in wasserrechtlichen (Sanierungs-) Bescheiden enthalten sein.
Seitens der Aufsichtsbehörden und des Kanalnetzbetreibers exitieren verschiedene Handlungsmöglichkeiten, die Einleitung von Fremdwasser zu unterbinden.
Handlungsmöglichkeit über das Satzungsrecht (Entwässerungssatzung)
Gelangt Fremdwasser von einer privaten Grundstücksentwässerungsanlage in die öffentliche Entwässerungsanlage, weil die privaten Leitungen zum Beispiel undicht oder sanierungsbedürftig sind und wird so die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Abwasseranlage beeinträchtigt, kann der Kanalnetzbetreiber über die Entwässerungssatzung Untersagungsverfügungen oder Sanierungsverfügungen aussprechen. Während bei der Untersagungsverfügung die Fremdwasserquellen nicht im einzelnen bekannt sein müssen, ist bei Erlass einer Sanierungsverfügung eine hinreichende Konkretisierung erforderlich. Das heißt, der Adressat muss aus der Sanierungsverfügung ablesen können, welche Handlungen vorzunehmen sind. Bei einer Verfügung gelten die Maßgaben der Verhältnismäßigkeit. Ist das Ableitungsverbot unverhältnismäßig, kann im Einzelfall eine Ausnahmegenehmigung erteilt werden.
Handlungsmöglichkeit über das Baurecht und Wasserrecht
Bau, Betrieb und Wartung des öffentlichen Kanalnetzes unterliegen bundeseinheitlich dem Wasserrecht. Für private Entwässerungssysteme sind länderspezifisch unterschiedliche Zuordnungen in das Baurecht oder Wasserrecht möglich. Unabhängig davon, ob es sich um öffentliche oder private Abwasserleitungen handelt, sind diese im Sinne des § 18b WHG jedoch immer Abwasseranlagen und unterliegen damit auch der Aufsicht der Wasserbehörden. Zusätzlich können private Leitungen als bauliche Anlagen den baurechtlichen Bestimmungen unterliegen (Czychowski/Reinhardt, Kommentar zum WHG, 8. Aufl., 2003, § 18b, Randziffer 3, S. 603–604).
Somit können über wasserrechtliche Verfügungen sowohl im öffentlichen als auch im privaten Kanalnetz fremdwasserreduzierende Maßnahmen angeordnet werden. Darüber hinaus eröffnet auch das Baurecht die Möglichkeit, Sanierungsverfügungen im privaten Bereich auszusprechen.
Im Gegensatz zum Baurecht kennt das Wasserrecht keinen Bestandsschutz. Vielmehr unterliegen das Wasserrecht und die darauf aufbauenden satzungsrechtlichen Regelungen der ständigen Anpassung an die aktuellen Verhältnisse und die allgemein anerkannten Regeln der Technik (§ 18 b WHG).
So ist es dem Ortsgesetzgeber gestattet, durch Satzungsänderung Eingriffe in bestehende Verhältnisse vorzunehmen, weil das Vertrauen des Einzelnen in den unveränderten Fortbestand der Satzung nicht schutzwürdig ist. Ein ausdrückliches Verbot der Einleitung von Grund- und Dränagewasser kann somit ohne weiteres auch nachträglich in die Entwässerungssatzung aufgenommen werden.
Die ungenehmigte Einleitung von Grund-, Dränage- und Quellwasser war jedoch auch vor einer ausdrücklichen satzungsrechtlichen Untersagung zu keiner Zeit rechtmäßig. Dennoch hat die Kommune bei Erlass einer entsprechenden Untersagungsverfügung ihr Ermessen auszuüben und insbesondere den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Eine Untersagungsverfügung kann aber unproblematisch erlassen werden, soweit nicht ganz erhebliche Bedenken gegen die Verhältnismäßigkeit bestehen. Verhältnismäßig handelt sie, wenn es keine andere, gleichermaßen geeignete Möglichkeit gibt, den Fremdwassereintrag zu verhindern, als auf dem Untersagungswege, und wenn die mit dem Einleitungsverbot verbundenen Folgen für den betroffenen Bürger nicht außer Verhältnis zum Erfolg stehen. Die Belange der Allgemeinheit in Form einer funktionstüchtigen und kostengünstigen Abwasseranlage gehen in diesen Grenzen grundsätzlich vor.
Bei einer vormals genehmigten oder stillschweigend geduldeten Grund-, Dränage- und Quellwassereinleitung verändert sich lediglich die Gewichtung der Einzelfallumstände im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung.
Der Widerruf einer Genehmigung oder die Beendigung einer Duldung darf auch nicht willkürlich sein. Die Gemeinde handelt nicht willkürlich, wenn sie ihre Maßnahmen zum Beispiel im Rahmen eines sinnvollen Konzeptes zur Fremdwasserreduzierung trifft.
Die pauschale Einrechnung der fremdwasserverursachten Kosten in die allgemeine Abwassergebühr ist grundsätzlich problematisch zu sehen, wenn die Kosten einen nicht nur unwesentlichen Anteil ausmachen. Ähnlich wie bei einer für Schmutz- und Niederschlagswasser getrennten Abwassergebühr könnte da raus die Notwendigkeit einer separaten Fremdwassergebühr entstehen. Die rechtlichen Möglichkeiten zur Erhebung einer solchen Gebühr sind grundsätzlich vorhanden. In der praktischen Umsetzung existieren allerdings erhebliche Probleme, vor allem wegen der Frage eines sinnvollen und gerechten Gebührenmaßstabs.
Beim Bau von alternativen Entwässerungssystemen, speziell für die Fremdwasserbeseitigung (z. B. Dränagewasserkanal), stellt sich unabhängig vom jeweiligen Kostenanteil in Bezug auf die Gesamtkosten der Abwasserentsorgung die Frage der Finanzierungmöglichkeit. Mangels "Abwassereigenschaft" des Fremdwassers wären solche Systeme nämlich nicht als Anlagen der Abwasserentsorgung einzustufen und könnten damit grundsätzlich nicht über die Abwassergebühr finanziert werden. Denkbar sind jedoch eigenständige Benutzungsgebühren aufgrund einer gesonderten Satzung.
Da es sich bei Dränagewasser, bevor es in die Kanalisation gelangt, nicht um Abwasser handelt, besteht kein Anspruch eines Grundstückseigentümers auf die Beseitigung des Dränagewassers in der kommunalen Entwässerungsanlage. Das gilt umso mehr für die Kostenfreiheit der Abnahme.
Demnach kann, insbesondere bei einer Verweigerung von Neuanschlüssen, die Kommune nicht für eventuelle Folgeschäden verantwortlich sein (siehe auch Punkt 10). Aber auch im Fall der Untersagung einer in der Vergangenheit erfolgten Einleitung von Dränagewasser kann der Grundstückseigentümer dem Bescheid regelmäßig nicht entgegenhalten, dass durch die Nichtableitung dieses Fremdwassers Vernässungsschäden auftreten können und schlimmstenfalls sogar die Standsicherheit seines Gebäudes gefährdet sein kann. Ist die Untersagungsverfügung nach den oben dargestellten Maßgaben rechtmäßig, muss die Kommune gewöhnlich auch nicht für folgende Vernässungsschäden haften. Gerade in den Fällen, in denen die Einleitung des Fremdwassers nie genehmigt oder geduldet war, treten die privaten Belange des einzelnen Grundstückseigentümers hinter das öffentliche Interesse der Kommune an dem Schutz der öffentlichen Abwassereinrichtung zurück. Wurde die Einleitung hingegen in der Vergangenheit genehmigt oder geduldet, begrenzt das den Ermessensspielraum des öffentlichen Kanalnetzbetreibers. Eine Untersagung der ehemals legitimierten Einleitung kann insbesondere dann unverhältnismäßig sein, wenn dem Grundstückseigentümer nicht oder nur unter unzumutbarem Aufwand der anderweitige Schutz seines Grundstücks und der baulichen Anlagen vor Vernässungsschäden möglich ist.
Der Grundstückseigentümer ist für die Beseitigung von unerlaubt angeschlossenen Dränagen verantwortlich. Der Anschluss eines Grundstücks an einen möglicherweise vorhandenen Dränagewasserkanal kann auf freiwilliger Basis im Sonderinteresse des Grundstückseigentümers erfolgen. In diesem Fall hat der Eigentümer auch die Kosten des Anschlusses zu tragen. Hintergrund ist, dass für den Anschluss an einen Dränagewasserkanal in der Regel kein Anschluss- und Benutzungszwang angeordnet und durchgesetzt werden kann.
Fremdwasserreduzierende Maßnahmen greifen in den Wasserhaushalt ein und können bei Unterbindung des Grundwasserzuflusses in die Kanalisation einen Anstieg des Grundwasserspiegels verursachen. Gewöhnlich steigt der Grundwasserspiegel dann auf ein Höhenniveau an, das vergleichbar mit einem Bauzustand ohne dränierende Elemente im Boden ist.
Bei der Errichtung eines Gebäudes ist der Bauherr bzw. der von ihm eingeschaltete Planer für einen entsprechenden Schutz des Gebäudes gegen Grundwasser verantwortlich. Er hat dabei den höchsten jemals gemessenen oder zu erwartenden Grundwasserstand bei der Planung des Gebäudes zu berücksichtigen. Zwar hat eine Kommune oder die zuständige Genehmigungsbehörde die Baupläne in der Regel zu genehmigen, jedoch kann hieraus kein unmittelbarer Haftungsanspruch seitens des Bauherrn gefolgert werden.
Mit der Sanierung ihrer öffentlichen Kanalisation (und der damit einhergehenden Abdichtung der vorhandenen Abwasseranlagen) handelt eine Kommune auch pflichtgemäß entsprechend der rechtlichen Anforderungen. Ein Anspruch auf Undichtigkeit der Leitungen besteht in keinem Fall. Gleiches gilt bei privaten Abwasserleitungen und in der Regel auch für das Abkoppeln von nicht genehmigten Dränagen.
Aus fachlicher Sicht sind die möglichen Auswirkungen einer Kanalsanierung jedoch durch die verantwortlich handelnden sachkundigen Personen abzuschätzen. Die Anwohner sollten über gefährdete Gebiete, die zum Beispiel auf der Basis von Grundwassermodellen ermittelt wurden, informiert werden. Gegebenenfalls sind auch Maßnahmen zur Sicherung der Vermögenswerte zu ergreifen. Grundwasserabsenkende Systeme sind dabei erlaubnispflichtig, im privaten Bereich jedoch grundsätzlich nicht erlaubnisfähig, sofern das Wohl der Allgemeinheit solche Systeme nicht ausdrücklich erforderlich macht. Drohen allerdings flächenhafte Vernässungen mit einer großräumigen Schädigung von Bebauung und Infrastruktur, können im Einzelfall unter Einbeziehung der Betroffenen alternative grundwasserabsenkende Ersatzsysteme unter teils erheblichen Auflagen genehmigt, installiert und betrieben werden. Zur Umlageproblematik der Kosten für den Bau und vor allem auch den Betrieb solcher Systeme siehe Abschnitt 7.
Ein Sonderfall infolge eines Grundwasseranstiegs durch Fremdwassersanierungsmaßnahmen sind Altlasten, wenn dadurch der Grundwasserschwankungsbereich in den Sohlbereich der Altlast oder höher zu liegen kommt. Dadurch können Schadstoffe remobilisiert werden, die zu Umwelt- und Vermögensschäden führen können. Die mit diesem Sonderfall verbundenen Rechtsfragen sind sehr komplex, so dass an dieser Stelle nicht näher darauf eingegangen wird.
Der zulässige Inhalt eines Bebauungsplans bestimmt sich nach § 9 BauGB. Dort sind die Festsetzungsmöglichkeiten abschließend aufgeführt. Ein "Festsetzungsfindungsrecht", also ein Recht, Festsetzungen zu treffen, die nach Art und Zielsetzung über den Katalog des § 9 BauGB hinausgehen, steht der Gemeinde nicht zu.
Eine Festsetzung, wonach Gebäude grundsätzlich ohne Unterkellerung herzustellen sind oder mit einer wasserdichten Wanne unterbaut sein müssen, sind rechtlich nicht zulässig.
Auch die Festsetzung der maximalen Einbindetiefe in den Untergrund, zum Beispiel Begrenzung auf 1 m Tiefe - wodurch faktisch kein Keller gebaut werden könnte, ist normalerweise unzulässig. Die Festsetzung einer Einbindetiefe von Bauwerken in den Untergrund ist allenfalls bei großen Eingriffen (z. B. doppelstöckigen Tiefgaragen) zum Schutz des Grundwassers vor übermäßigem Anstieg und übermäßiger Absenkung denkbar und oft notwendig. Hierfür ist allerdings ein Nachweis in Form eines hydrogeologischen Gutachtens, aus dem hervorgeht, dass andernfalls die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Grundwasserhaushaltes erheblich beeinträchtig wird, erforderlich. Nach sachgerechter Abwägung können dann in Einzelfällen entsprechende Festsetzungen nach § 9 Abs. 1a BauGB in den Bebauungsplan aufgenommen werden. Es stellt sich jedoch die Frage, ob solche Flächen nicht ohnehin als Baugebiete ungeeignet sind. In jedem Fall kann es sich bei dieser Vorgehensweise nur um stark eingeschränkte Ausnahmefälle besonderer Grundwasserverhältnisse handeln. Eine allgemeingültige Lösungsmöglichkeit liegt hierin nicht.
Eine geeignete Maßnahme zum Schutz der Interessen sowohl der Grundstücksbesitzer als auch der Kommune ist dagegen eine Kennzeichnung der von einem hohen Grundwasserstand betroffenen Flächen im Bebauungsplan gem. § 9 Abs. 5 Nr. 1 BauGB. Als erforderliche besondere Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen könnte dann aufgrund der konkreten Grundwassersituation in dem jeweiligen Baugebiet beispielhaft der Bau einer wasserdichten Wanne genannt werden. Es obliegt jedoch dem Grundstückseigentümer als Bauherrn, sich gegen drückendes Grundwasser durch entsprechende Bauweise und Isolierung zu schützen und im Rahmen der Planung eines Kellergeschosses untersuchen zu lassen, ob eine Grundwassergefährdung besteht.
Über die rein technischen Aspekte bei der Lösung von Fremdwasserproblemen wird man in der Praxis auch regelmäßig mit rechtlichen Fragestellungen konfrontiert, die dem "Techniker" oftmals als Hindernis einer schnellen und pragmatischen Fremdwassersanierung erscheinen. Tatsächlich zeigen die im Rahmen dieses Arbeitsberichtes zusammengetragenen rechtlichen Aspekte offene Punkte, die einer konsequenten Lösung von Fremdwasserproblemen zunächst entgegenstehen. Insbesondere wird folgender Handlungsbedarf zur Erleichterung der technischen Fremdwassersanierung gesehen:
- Schaffung rechtlich abgesicherter Finanzierungsmöglichkeiten (z. B. über die bestehende Abwassergebühr) für alternative Entwässerungssysteme (z. B. Dränagewasserkanal) als Voraussetzung für eine mögliche Herausnahme von Fremdwasser aus den vorhandenen Abwassernetzen.
- Ermächtigung von Kommunen zur Aussprache eines Versickerungsverbotes zur Vorbeugung erhöhter Fremdwassereinleitungen durch Dränagen und aufgrund eines ansteigenden Grundwasserspiegels.
- Schaffung von zusätzlichen Festsetzungsmöglichkeiten im Baugesetzbuch, zum Beispiel Forderung von wasserdichten Kellern bei Errichtung von Gebäuden, um die Notwendigkeit von Bauwerksdränagen von vornherein nicht entstehen zu lassen.
Darüber hinaus wären für den Betreiber von öffentlichen Abwasseranlagen folgende Hilfestellungen als Unterstützung bei der Fremdwassersanierung, auch gegenüber politischen Entscheidungsträgern und den Bürgern denkbar:
- Rechtliche Konkretisierung der Anforderungen an die Abwasserentsorgung, so dass der Anlagenbetreiber daraus für seine spezifischen Verhältnisse den zulässigen Fremdwasserabfluss eindeutig und ohne Einzelfalldiskussion mit der zuständigen Aufsichtsbehörde ableiten kann. Im Sinne des übergeordneten Ziels "Gewässerschutz" wären das idealerweise eindeutige Emissionsanforderungen (z. B. festgelegte Emissionsfrachten für Kläranlagen, Entlastungsbauwerke und sonstige Einleitstellen) in Abhängigkeit von den örtlichen Gegebenheiten. Aufgrund der Schwierigkeit, solche Emissionsanforderungen auch von den Aufsichtsbehörden auf Einhaltung überprüfen zu können, wäre hilfsweise auch eine rechtliche Konkretisierung von zulässigen Fremdwasserabflüssen oder einer zulässigen Verdünnung einschließlich der anzuwendenden Bestimmungsmethode denkbar. Dies sollte bestenfalls bundesweit nach einheitlichen Maßstäben erfolgen. Dabei wären die regionalen Unterschiede, zum Beispiel hinsichtlich der Niederschlagsmengen, der hydrologischen und topographischen Verhältnisse sowie des vorhandenen Entwässerungssystems, zu berücksichtigen. Unabhängig von der konkreten Ausgestaltung einer solchen Festlegung würde aber erst damit die Voraussetzung für die Zieldefinition einer Fremdwassersanierung und einer späteren Erfolgskontrolle geschaffen.
- Einführung einer wirksamen "Strafe" bei Nichteinhaltung der Anforderungen an die Abwasserentsorgung, idealerweise in Form von Strafzahlungen, die aufgrund ihrer Höhe einen echten wirtschaftlichen Anreiz für eine Fremdwassersanierung bilden (z. B. angepasste Abwasserabgabe). Diese "Strafe" sollte aber auf jeden Fall mit Investitionen zur Fremdwasserreduzierung verrechenbar sein. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Einhaltung der rechtlichen Regelungen zu sehr von dem spezifischen Verantwortungsbewusstsein und Engagement der handelnden Personen abhängig ist und keine konsequente und flächendeckende Umsetzung in der Praxis erfolgt. Dies lässt sich zum Beispiel aktuell an vielen Stellen beobachten.
- "Fremdwassersituation in Deutschland", KA 1/2003 (50), 70–81,
- "Auswirkungen von Fremdwasser und Hinweise zum Erkennen kritischer Fremdwasserverhältnisse", KA 6/2004 (51), 664–667, auch veröffentlicht als eigene Publikation der ATVDVWK, ISBN 3-937758-08-9, März 2004,
- "Konzepte und Maßnahmen zur Lösung von Fremdwasserproblemen", Mai 2005, veröffentlicht im Internetportal der DWA: www.dwa.de (Mitgliederbereich).
Dr.-Ing. Klaus Hans Pecher (Erkrath, Sprecher), Dipl.-Ing. Michael Becker (Essen), Prof. Dr.-Ing. Hansjörg Brombach (Bad Mergentheim), Dr.-Ing. Jörg Hennerkes (Essen), Dipl.- Ing. Andrea Holte (Essen), Dipl.-Ing. Friedrich Jütting (Göttingen), Dipl.-Ing. Martin Nebauer (Berlin), Dipl.-Ing. Ludger Rath (Essen), Dipl.-Ing. Michael Reh (Hetlingen), Dipl.-Ing. Georg Rosenzweig (Augsburg), Dipl.-Biol. Dagmar Carina Schaaf (Düsseldorf), Dipl.-Ing. Frank Schauer (Dresden), Dipl.-Ing. Arnold Schmidt (Köln).
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