Regeln, die Freude bereiten. In Bayern ist Genehmigung von Kleinkläranlagen einfacher

04.07.2006

Technologisch up to date und auf dem Stand der Normen von morgen – das sind die Ausstattungsmerkmale wettbewerbsfähiger Miniklärwerke. Bayern lädt sie mit einem wasserwirtschaftlichen Willkommens-Signal ein. Den Gewinn haben Betreiber und aquatische Umwelt gleichermaßen.

Moderne Kleinkläranlagen sind abwassertechnische Alleskönner. Längst stehen sie in punkto Reinigungsleistung auf Augenhöhe mit Großanlagen. Fortschritte in der Entwicklung kleinräumiger Prozesstechnologien haben diesen Emanzipationssprung möglich gemacht. Fazit: Das Nischendasein als notdürftige Ersatzlösung bei fehlendem Kanalanschluss ist Historie, lässt sich doch das Verfahrensdesign einer Kleinkläranlage heute so gestalten, dass die Ablaufqualität vorgegebenen Zielparametern exakt entspricht. Selbst in sensiblen Zonen wie zum Beispiel Karstgebieten, Wasserschutzarealen oder im Umfeld von Badegewässern gewährleisten Miniklärwerke deshalb sicheren und damit risikofreien Betrieb.
Norm und Technik
Derzeit definiert die EU in der Normenreihe EN 12566 Produktstandards für den Bereich der Kleinklärtechnik (s. Kasten). Doch erst einige wenige Marktführer haben ihre Produkte in Übereinstimmung mit diesen Normvorgaben gebracht, die in Zukunft europaweit gelten. Die Bestätigung erfolgt durch das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt, Berlin, www.dibt.de).

Es erteilt die für Kleinkläranlagen obligatorische "allgemeine bauaufsichtliche Zulassung" für eine oder mehrere der fünf Reinigungsklassen gemäß EN 12566, und der Hersteller dokumentiert die DIBt-Zulassung seines Produkts durch Anbringen des CE-Zeichens.
Moderne Anlagen arbeiten nach dem SBR-Prinzip im Aufstauverfahren (SBR: sequencing batch reaktor), können also durch die chargenweise Behandlung des Abwassers selbst extreme Zulaufschwankungen ausgleichen. Die belüftete und vollbiologische Funktionsweise gewährleistet eine stabile Reinigungsleistung auf höchstem Niveau.

Dabei lässt sich die Systemauslegung je nach behördlicher Vorgabe, Betriebsstandort und Anforderungen des Betreibers genau dem Bedarf anpassen: Modulare Ausbaustufen reichen von der sparsamen Basisvariante, die alle Mindestanforderungen erfüllt, bis hin zur Anlage mit Nähstoff- und Phosphatelimination für den Einsatz in ökologisch besonders sensiblen Bereichen und Wasserschutzzonen.

Ein fünfter Ausbauschritt rundet das Einsatzspektrum für all jene Anwender ab, die ihr Abwasser erneut als Betriebswasser nutzen wollen. Dabei zieht eine zusätzliche Membraneinheit aus der biologischen Reinigungsstufe Klarwasser ab, das dann in der Gartenbewässerung oder Toilettenspülung einen weiteren Nutzzyklus durchläuft.

Deutliche Einsparungen beim Frischwasserbezug machen sich als spürbarer Gewinn bemerkbar. Auch ist diese zusätzliche Hygienisierung erforderlich, wenn der Ablauf einem Badegewässer zugeführt werden soll.
Die Miniklärwerke reinigen haushaltsüblich verschmutzte Abwässer überall dort, wo ein Kanalanschluss nicht möglich ist oder unwirtschaftlich wäre. Die Hersteller bieten verschiedene Größenvarianten an, meist beginnend mit Anlagen für vier Einwohnerwerte. Die SBR-Technik ist sowohl als Nachrüstsatz für bestehende Faulgruben lieferbar, als auch vormontiert in Kunststoff- oder Stahlbetonbehältern.

Deren Einbau erfolgt unterirdisch. Umsichtige Hersteller verzichten auf bewegliche und elektrische Einbauten in den Abwasser führenden Teilen der Anlage. So können sie eine hohe Betriebssicherheit und Wartungsfreundlichkeit gewährleisten. Zusammen mit vollautomatischer und sparsamer Funktionsweise stehen heute also Systeme zur Verfügung, die allen Erwartungen ihres Betreibers sowie den Schutzbedürfnissen der Umwelt gerecht werden.
Bayern geht neue Wege
Die Erkenntnis, dass sich mit hocheffizienten Anlagen dieser Art eine flächendeckend qualifizierte Abwasserbehandlung realisieren lässt, hat Bayern als bislang einziges Bundesland veranlasst, eine besonders anwenderfreundliche Genehmigungspraxis einzuführen.

Sie ist zugeschnitten auf jene vier Prozent der bayerischen Bevölkerung – rund 500.000 Einwohner –, deren abseits gelegene Einzelanwesen auf Dauer keine Anschlussmöglichkeit an eine öffentliche Kläranlage haben (s. Zitat). Zudem fördert Bayern seit Mitte 2003 den Bau sowie auch die Nachrüstung von Kleinkläranlagen mit biologischer Reinigungsstufe (Näheres unter http://www.rzkka.bayern.de).
Um für den Betrieb einer Kleinkläranlage die erforderliche wasserrechtliche Erlaubnis zu erlangen, können sich die Betroffenen eines vereinfachten Verfahrens nach Artikel 17a des Bayerischen Wassergesetzes bedienen. Voraussetzung ist, dass die auf Landkreisebene angesiedelte Untere Wasserbehörde so genannte "Bezeichnete Gebiete" ausgewiesen hat, sprich ihren Zuständigkeitsbereich in Flächen mit definierten Schutzanforderungen unterteilt hat.

Diese Bezeichneten Gebieten korrespondieren mit den Reinigungsklassen, die der DIBt-Zulassung zugrunde liegen, und es ist somit festgelegt, welchen Anforderungen eine Kleinkläranlage in jedem der Bezeichneten Gebiete genügen muss.
Auf dieser Grundlage gibt Bayern nun die Begutachtung einer geplanten Anlage in die Hände der Privaten Sachverständigen in der Wasserwirtschaft (PSW). Sie werden nach der Verordnung über private Sachverständige in der Wasserwirtschaft (VPSW) anerkannt. Zuständig für Anerkennung und Aufsicht ist das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU; PSW-Liste und weitere Infos unter http://www.bayern.de/lfw/service/psw/private_sach.htm).

Um die wasserrechtliche Erlaubnis zum Betrieb einer Kleinkläranlage zu erwirken, kann nun in Bayern ein PSW mit der Gutachtenerstellung sowie mit der Verfahrensabwicklung gegenüber der Unteren Wasserbehörde beauftragt werden.

Im Auftrag des Betreibers weist der PSW gegenüber der Behörde nach, ob die geplante Anlage den aquatischen Schutzanforderungen am vorgesehenen Standort genügt und sorgt so für das amtliche Betriebs-OK.

Angewendet wird dieses vereinfachte Verfahren, sofern keine Versickerung des behandelten Abwassers sondern dessen Einleitung in ein Gewässer vorgesehen ist und die Menge acht Kubikmeter pro Tag nicht überschreitet. Überlegungen, diesem bayerischen Beispiel zu folgen, gibt es derzeit in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz.
Umsetzung der EN 12566
Die Normenreihe EN 12566 gliedert sich in sieben Teile und definiert EU-einheitliche Standards für Bauprodukte der dezentralen Abwasserreinigung. Einzelne Teile befinden sich noch in der Beratung, andere sind bereits veröffentlicht und damit rechtskräftig – darunter auch der für Kleinkläranlagen maßgebliche Teil 3. Als DIN EN 12566-3 löst er die DIN 4261, das bislang maßgebliches Regelwerk, ab. Letztere wird nach Ablauf einer Übergangszeit im Mai 2007 aufgehoben.

Hersteller von Kleinkläranlagen müssen ihre Produkte nunmehr gemäß DIN EN 12566-3 einem "Verfahren zur Prüfung der Reinigungsleistung" durch ein zugelassenes Prüfinstitut unterziehen. Je nach Einhalten festgelegter Anforderungswerte erfolgt im Ergebnis die Zuordnung der Anlage zu einer der fünf Reinigungsklassen (s. Tabelle) und die entsprechende bauaufsichtlicher Zulassung durch das DIBt.

Die Konformität seiner Anlage mit den Anforderungen der DIN EN 12566-3 dokumentiert der Hersteller durch Anbringen des CE-Zeichens. An der Übereinstimmung mit diesen grundlegenden Zulassungsvoraussetzungen des europäischen und nationalen Regelwerks kommt in Kürze keine Kleinkläranlage mehr vorbei.

Der Nachweis ist Aufgabe des Herstellers. Für den Käufer bleibt noch die Hürde, bei der Unteren Wasserbehörde seines Landratsamtes die Betriebserlaubnis zu erwirken. Den Ordnungsrahmen hierfür bilden die Landeswassergesetze und deren Umsetzungsbestimmungen auf Behördenebene.
DIBt-Reinigungsklassen nach DIN EN 12566-3 Verwendung entsprechend zugelassener Anlagen
Klasse Leistung
C Kohlenstoffelimination sicheres Einhalten behördlicher Mindestanforderungen
N zusätzliche Nitrifikation in Gebieten mit sensiblen Boden-oder Gewässerverhältnissen
D zusätzliche Denitrifikation in ökologisch sensiblen Gebieten und Wasserschutzzonen mit höheren Anforderungen an den Reststickstoffgehalt
C,N,D, +P zusätzliche Phosphatelimination in ökologisch besonders sensiblen Gebieten und Wasserschutzzonen mit der Anforderung vollständiger Nährstoffelimination
C,N,D, +H zusätzliche Hygienisierung bei Einleitung in ein Badegewässer oder bei Nutzung des gereinigten Abwasser als Betriebswasser
Quelle: Tom Kionka umwelTKommunikation
"Kleinkläranlagen für Einzelanwesen wurden in der Vergangenheit nur als provisorische Lösung bis zur Anschlussmöglichkeit an eine zentrale öffentliche Anlage eingestuft. Die Restbelastung an organischen Stoffen aus diesen Anlagen macht derzeit noch rund 70% der Gesamtfracht aus, die von der Bevölkerung Bayerns über Abwasseranlagen in die Umwelt abgeleitet wird. Aus heutiger Sicht ... können in Bayern die Abwässer von rund 500.000 Einwohnern auch langfristig nicht zentral entsorgt werden. Für diese Fälle verbleibt als technische Lösung nur die Abwasserbehandlung in Kleinkläranlagen. Auf Dauer angelegte Kleinkläranlagen müssen einen vergleichbaren Gewässerschutz wie öffentliche Kläranlagen sicherstellen. Dies bedeutet, dass solche Kleinkläranlagen grundsätzlich mit mechanisch-biologischen Behandlungsstufen ausgerüstet sein müssen."
Prof. Dr.-Ing. Albert Göttle, Präsident des Bayerischen Landesamtes für Umwelt.

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