Rettung in Sicht?!
02.06.2015
Ein Großteil unserer (ab)wassertechnischen Anlagen ist in die Jahre gekommen. Viele von ihnen sind seit mehr als 50 Jahren im Betrieb und weisen entsprechende "Gebrauchsspuren" auf. Zudem haben sich die Regeln der Technik seit dem stark verändert.
Mit der Einführung der Selbstüberwachungsverordnung wurde in Nordrhein-Westfalen die Inspektion und Erhaltung von Abwasserkanälen verbindlich geregelt. Anfänglicher Widerstand ist schnell der Erkenntnis gewichen, dass mit dem Wissen über den Zustand die Möglichkeit einer rechtzeitigen Sanierung und damit des Werterhaltes der Infrastruktur einher geht. Die fortdauernde Nutzung und das zunehmende Alter werden auch zukünftig Sanierungsmaßnahmen nach sich ziehen.
Nach den gut erreichbaren Abwasserkanälen in öffentlichen Straßen rücken nun auch Trassierungsabschnitte in den Fokus, die aufgrund der Zugänglichkeit, der Wasserführung oder der Haltungslängen bisher vernachlässigt wurden. Hier sind für die Sanierung Individuallösungen zu erarbeiten und umzusetzen. Neben den technischen Lösungen sind dabei weitere Aspekte wie Arbeitssicherheit, Landschaftsschutz und Betriebssicherheit zu berücksichtigen. Diese haben oft einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Lösungsfindung.
Auch die abwassertechnischen Sonderbauwerke rücken zunehmend in den Sanierungsfokus. Neben baulichem Sanierungsbedarf entsprechen zahlreiche Bauwerke nicht mehr den anerkannten Regeln der Technik, erloschene Erlaubnisse erfordern klärtechnische Anpassungen. Über bauliche Ergänzungen wie z. B. die Optimierung des Zulaufbereiches, die Ergänzung eines vorgeschalteten Beckenüberlaufs oder die Nachrüstung eines Feinsieben können die aktuellen Regeln der Technik häufig eingehalten werden. Darüber hinaus hat ein moderner Betrieb andere Anforderungen an die Unterhaltung und an die Sicherheitseinrichtungen. Bei der Sanierungsplanung sind daher auch diese Aspekte zu berücksichtigen.
Mögliche Optimierungen lassen sich mit modelltechnischen Berechnungen aufzeigen. Eine Verbundsteuerung der Drosselabflüsse verschiedener Entlastungsbauwerke in einem Kläranlageneinzugsgebiet kann zu einer deutlichen Reduzierung der Entlastungsrate führen, eine Modellierung der Strömungsverhältnisse in einem Entlastungsbauwerk kann die Gleichwertigkeit mit einem Referenzbecken (ggf. mit nur geringen hydraulischen Optimierungen) belegen.
Im Zuge der Gesamtsanierung ist oft auch eine Anpassung der technischen Ausrüstung erforderlich. So wurde beispielsweise in NRW mit der neuen SüwVO Abwasser die Verpflichtung zur Entlastungsmessung auf alle Regenüberlaufbecken ausgedehnt und ist an zahlreichen Bauwerken noch nachzurüsten. Die Anpassung der technischen Ausrüstung bietet aber auch Chancen: Moderne Aggregate und Steuerungseinrichtungen (z. B. Pumpen und Reinigungseinrichtungen) können den Energieverbrauch deutlich reduzieren. So gilt auch für die schwierigen Kanalstrecken, Großprofile und Bauwerke: Die systematische Untersuchung, Sanierung und Anpassung sorgt langfristig für den Erhalt und die ständige Verbesserung unserer abwassertechnischen Infrastruktur.
Autor: Dipl.-Ing. Ralf Ostermann, Franz Fischer Ingenieurbüro GmbH, Erfststadt
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