Sanierung des Grendbach-Entlastungskanals in Essen

17.07.2006

Der Grendbach-Kanal ist ein groß dimensionierter Regenwasserkanal im Süden Essens. Das Betonbauwerk hat zentrale Bedeutung für die Entlastung des Essener Regenwassernetzes in Richtung der Ruhr. Massive Bewehrungskorrosion im Bereich der Kanaldecke, verbunden mit erheblichen Verkehrslasten, machten das Großprofil zu einem vordringlichen und technisch hoch anspruchsvollen Sanierungsfall, den die Experten der SMG Bautenschutztechnik für Hoch- und Tiefbau GmbH, Lage, im Sommer 2006 lösten.

Der 320 Meter lange Grendbach-Kanal im Essener Stadtteil Steele war 1996 Gegenstand einer gründlichen Zustandsbegutachtung. Das beauftragte Ingenieurbüro attestierte dem Bauwerk, einem Kastenprofil 1,90 x 1,90 Meter, einen äußerst schlechten Bauzustand und eine maximale Restnutzungsdauer von fünf Jahren. Während die 51 Zentimeter starken Betonwände und die Sohle des Großprofils  kaum Schäden aufwiesen, stellte sich die 25 Zentimeter dicke Kappendecke mit ihrer beidseitigen Phase von 20 Zentimeter Kantenlänge über weite Strecken als akutes Problem dar.
Die meisten Unterflansche der Stahlträger der Bauwerksdecke waren so schwer korrodiert, dass das Bauwerk unmittelbar nach der Untersuchung in besonders kritischen Bereichen durch Stahlstempel stabilisiert wurde. Dies Sofortmaßnahme war vor allem dort erforderlich, wo der Grendbach-Kanal Straßen mit hoher Verkehrsbelastung unterquert – was im Trassenverlauf gleich mehrfach der Fall ist. Der durch diese Sicherungsmaßnahmen fürs erste stabilisierte Kanal wurde 2005 durch das ibb Ingenieurbüro für Bauberatung und Bauphysik, Schermbeck, neuerlich gründlich begutachtet.
Es ergab sich nun ein insoweit differenziertes Bild, als Teile des Kanals als gänzlich ungeschädigt gesehen wurden, während der überwiegende Rest hingegen gravierende Schädigungen im Bereich der Decken und der angrenzenden Phase aufwies, die von den Ursachen her als „klassische Bewehrungskorrosion“ eingestuft wurden: Die reduizierte Alkalität des Betons führte zu flächigem Blattrost an den Unterflanschen der Bewehrung, die dabei wiederum an Volumen zunehmen, wodurch das Betongefüge weiter destabilisiert wird - bis hin zum Abplatzen ganzer Betonschollen aus dem Gefüge. In Folge dessen lagen die Bewehrungen über weite Strecken frei. 
Die Betonqualität war von B 35 im ungeschädigten Bereich bis auf B 15 reduziert und die Deckenstärke flächig um bis zu 2,5 Zentimeter verringert. Die Stahlflansche waren zwischen 80 und 100 %ihres Querschnitts durchgerostet und damit als statisch tragende Bauteile praktisch kaum mehr existent. Da ein schnelles Voranschreiten der beobachteten Schadensbilder prognostiziert wurde, rieten die Gutachter zu sofortigem Handeln und empfahlen als technisch und wirtschaftliche optimale Lösung die offene Erneuerung der Decke des Kastenprofils.
Dieser Lösung gegenüber bestanden bei Dirk Leufgen, dem zuständigen Projektleiter der Stadtwerke Essen, eine Reihe von Vorbehalten. Insbesondere die Probleme bei der Realisierung einer 320 Meter langen offenen Baumaßnahme in dem fraglichen, extrem verkehrsbelasteten Gebiet schienen ihm nicht adäquat bewertet. In Teilstrecken ist der Grendbach-Kanal mit Hochbauten überbaut und völlig unzugänglich. Auch wurde die Kosteneinschätzung der offenen Baumaßnahme als unrealistisch günstig im Vergleich zur grabenlosen Sanierung  angesehen.
So entschieden sich die Stadtwerke letztlich für  die  Ausschreibung einer alternativen Projektvariante des Ingenieurbüros, nach der geschädigte Bereiche durch Spritzbeton und eine Zulagebewehrung instand gesetzt werden sollten.
Im Zuge einer öffentlichen Ausschreibung erhielt schließlich die SMG Bautenschutztechnik für Hoch- und Tiefbau, Lage, den Zuschlag für das -angesichts der örtlichen Rahmenbedingungen- höchst anspruchsvolle Projekt. SMG kam bei der Vergabe letztlich seine Erfahrung bei der Sanierung statisch relevanter Bauteile zugute.
Eine das gesamte Projekt begleitende schwierige Randbedingung war die Tatsache, dass der Kanal unmittelbar mit dem jeweiligen Wasserstand der Ruhr korrespondiert und bei Ruhrhochwasser unter Rückstau stehen kann. Andererseits ist der Entlastungskanal auch geflutet, wenn niederschlagsbedingt zu viel Wasser im vorgelagerten Sammler ansteht. Beide Fälle traten während der Bauzeit tatsächlich ein. Außerdem mussten die Bewehrungs-Stahlmatten von der Mündung in die Ruhr her über die gesamte Länge des Kanals zum jeweiligen Einbauort transportiert werden.
In einer ersten Bauphase wurde der marode Beton teils durch HD-Wasserstrahl mit 500 bar, teils in Sandstrahltechnik restlos bis auf den gesunden Bauwerkskern entfernt. Es ergaben sich Haftzugwerte für den freigelegten Betonkern zwischen 1,5 und 2,1 N/mm². Die vorhandenen Bewehrungsträger wurden vollständig frei gestemmt. Besondere Sorgfalt galt der Freilegung der Phasen der Betondecke; diese entfernte man teilweise, um ein Auflager für die neue Spritzbetondecke und ihre Armierung zu schaffen.

Anschließend befestigte man im gesamten gesamten Sanierungsbereich Anker und Längseisen an der Decke und im Bereich des Deckenauflagers. Diese wurden sowohl herkömmlich gebohrt als auch mit einem Spezialmaterial der Fa. Hilti geklebt. Die Verklebung sorgte für einen 100prozentigen Kraftschluss der Anker mit der Rohrwand über den gesamten Ringraum des Bohrprofils. An diesen Ankern und Längseisen wurden die neuen Bewehrungsmatten aufgehängt und schwingungsfrei verknüpft. Daraufhin erfolgte der Auftrag einer 13 Zentimeter starken Spritzbetonschicht nach DIN 18551 im Trockenspritzverfahren.
Im Rahmen des Qualitätssicherungskonzepts wurde ein Spritzwürfel 0,5 x 0,5 x 0,13 Meter einschließlich Bewehrung vor Ort produziert,  an dem sich die Eigenschaften der neuen Bauwerksdecke auch laborseitig nachweisen lassen. Darüber hinaus wurden die Wandstärken durch den Auftrgaggeber stichprobenartig kontrolliert; hierbei bewegten sich alle Messresultate im „grünen Bereich“.

Als zusätzlicher Schutz für die Spritzbetondecken wurde letztendlich im Naßspritzverfahren noch eine bis zu 3 Zentimeter starke Schicht eines faserverstärkten mineralischen Mörtels aufgetragen. Vereinzelte Risse in der Decke des Bauwerks wurden durch Injektionen abgedichtet und als Dehnungsfugen in die Beschichtung integriert.
In einer Bauzeit von Februar 2006 bis Anfang Juni wurde das gesamte Projekt trotz seines hohen Schwierigkeitsgrades ohne nennenswerte Verzögerungen realisiert. Mit dem im Jahr früh terminierten Baubeginn hatte man ganz bewusst versucht, den zu erwartenden Sommergewittern aus dem Wege zu gehen.
Mit dem Sanierungsresultat war man bei den Stadtwerken Essen in höchstem Maße zufrieden. Besonders erfreulich war, so betonte Stadtwerke-Projektleiter Leufgen ausdrücklich, dass sich die vorkalkulierten Baukosten einhalten ließen, obwohl sich das Schadensbild während der Bauphase als  umfangreicher herausgestellt hatte, als ursprünglich vorhergesehen. Auch in wirtschaftlicher Hinsicht wurde damit die Grundsatzentscheidung für eine grabenlose Sanierungskonzeption nachträglich in vollem Umfang bestätigt.

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