Schachtringfugen - Abdichtung und Lastübertragung

05.09.2006

Schächte aus Beton oder Stahlbeton bestehen aus dem Schachtunterteil, den Schachtringen und dem oberen Abdeckbauteil. Sie gewährleisten den Zugang zum Entwässerungssystem und befinden sich in Gebieten mit Fahrzeugverkehr. Schachtringfugen müssen daher dicht sein und gleichzeitig Eigengewicht und Verkehrslasten in den Untergrund abtragen können. Im folgenden werden die Anforderungen an die Abdichtung und Lastübertragung in Schachtringfugen am Beispiel des econorm® Schachtsystems erläutert.

Abdichtung
Die Abdichtung von Schachtringfugen geschieht vorzugsweise durch in der Muffe integrierte elastomere Dichtungen, die zwischen Spitzende und Muffe in radialer Richtung komprimiert werden. Es werden normgemäß Dichtungen nach DIN EN 681-1 verwendet. Die Fügung wird auf der Baustelle gemäß DIN EN 1917 auf 0,5 bar, gemäß DIN V 4034-1 auf 1,0 bar Wasserdruck geprüft. Entsprechend fordert auch die Werknorm PAS 1004 für das econorm®-Schachtsystem mehr als 1,0 bar Prüfdruck.
Die oben beschriebenen integrierten elastischen Dichtungen erfordern beim Herstellungsprozess der Schachtringe Spezialuntermuffen, die durch ihre Form den planmäßigen Sitz der Dichtung und des Lastübertragungselementes während des Betonierens gewährleisten. Die Dichtungen selbst sind mit Verankerungsfüßen ausgerüstet, so dass die Dichtung nach dem Ausschalen fest mit dem Beton verankert ist. Durch die Verankerungsfüße wird auch ein Labyrinthsystem gebildet, wodurch die Dichtigkeit im Vergleich zu ebenfalls zur Anwendung kommenden losen Dichtungen am Spitzende verbessert ist.
Die Shore-Härte der SBR Gummiprofile ist mit 45 bzw. 50 IRHD bewusst niedrig, um eine gute abdichtende Anpassungsfähigkeit gegenüber dem Spitzende zu haben. Dichtung und Lastausgleich bilden mit dem Schachtring eine Baueinheit. Dadurch wird eine sichere und schnelle Montage bei jeder Witterung ermöglicht. Das econorm®-System mit der Dichtung TOPSEAL PLUS erfordert auch spezielle Spitzendgeometrien, um an die Wandstärke von 150 mm angepasst zu sein.
Lastübertragung
Die Lastübertragung von einem Ring zum nächsten geschieht durch geeignete Zwischenlagen, wobei es hauptsächlich um den Abbau von Spannungsspitzen zwischen den nicht ideal planebenen Betonkontaktflächen geht. Die Abweichungen von der Planeität sind dabei aufgrund des üblichen Herstellungsverfahrens hauptsächlich am Spitzende zu finden. Nach Norm sind dort ± 4 mm zulässig.
Je mehr die Lastübertragung von einer Mehrpunktlagerung auf eine kontinuierliche flächenhafte Bettung übergeht, desto höhere Vertikallasten können bruchfrei ausgehalten werden und desto haltbarer ist der Schacht gegenüber langfristig einwirkenden Verkehrslasten. Ebenso können größere Wandstärken der Schachtringe, z.B. 150 mm statt 100 mm, verbunden mit entsprechend stärkeren Spitzenden , z.B. 70 mm statt 45 mm, die Tragfähigkeit erhöhen.
Die Anforderungen an Schächte sind seit 2003 in der DIN EN 1917 definiert worden, wobei für den deutschen Anwendungsbereich zusätzliche Regelungen in der DIN V 4034-1 getroffen sind. Darüber hinaus bestehen Werknormen.
Die DIN EN 1917 fordert eine vertikale Mindestfestigkeit von Übergangs- und Abdeckbauteilen von 300 kN. Die DIN V 4034-1 gilt in Verbindung mit DIN EN 1917, und fordert in 4.3.15 grundsätzlich eine gleichmäßige, nicht federnde Zwischenlage anzuordnen. Die PAS 1004 fordert eine erhöhte vertikale zulässige Festigkeit von 400 kN.
Vorschläge zur Lastübertragung
Für den Abbau von Spannungsspitzen zwischen den nicht ideal ebenen Betonkontaktflächen gibt es eine ganze Reihe von Vorschlägen:

  • Frischmörtelschicht, DIN V 4034-1
  • Mit Fein-Sand gefüllte Schläuche, umlaufender Ring
  • Plastische, unvulkanisierte Kautschuk-Profile, umlaufend
  • Plastische Formteile, Ringsektoren aneinandergesetzt
  • Styroporformteile, Ringsektoren aneinandergesetzt
  • Elastische Einzellager, 3-Punkt-Lagerung
  • Plastische Einzellager, Mehr-Punkt-Lagerung
Wenn die Forderung der DIN V 45034-1 nach "nicht federnder Zwischenlage" sinnvollerweise erweitert wird um die Forderung nach "nicht unter Last kriechender Zwischenlage", dann bleiben von dieser Liste als Problemlösung allerdings nur die Frischmörtelschicht und der mit Sand gefüllte Schlauch übrig.
Auch die Anordnung der Lastübertragung kann verschieden sein:

a) außen


  • Aufgelegt auf Spitzendaufstandsfläche, bis zum Außendurchmesser reichend
  • Aufgelegt auf Spitzendaufstandsfläche, mit Abstand zum Außendurchmesser
  • Eingelegt in Vertiefung der Spitzendaufstandsfläche
     
b) innen

  • Aufgelegt mittig auf dem Spitzende, in Verbindung mit Spitzenddichtung
  • Integriert in der Muffe, bis zum Innendurchmesser reichend
  • Integriert in der Muffe, mit Abstand zum Innendurchmesser
  • Integriert in der Muffe, in Verbindung mit Muffendichtung
Auf der außen befindlichen Spitzendaufstandsfläche treten wegen des rund 10 % größeren Umfanges jedenfalls kleinere Druckspannungen auf als bei Lasteinleitung am weiter innen liegenden Spitzende. Im Gegensatz zur Anwendung der Frischmörtelschicht, müssen alternative Lastübertragungen durch eine geprüfte statische Berechnung am Gesamtbauwerk und durch Traglastuntersuchungen nachgewiesen werden [2].
Bei innerer Lastübertragung über das üblicherweise 45 mm starke Spitzende (DN 1000) ist gleichzeitig zu beachten, dass diese nur dann funktionieren kann, wenn das Spitzendmaß l sp nicht zu gering ausgeführt wird; andernfalls käme es dann doch außen zu Punktlast-Kontakt zwischen Muffe und Spitzendaufstandsfläche.
Sandschlauch
Der Sandschlauch besteht aus einem witterungsbeständigen Elastomer-Schlauch, der durch ein spezielles Fertigungsverfahren dicht aufgefüllt ist mit gebrochenem Feinquarz-Sand, in Körnung 0,1 – 0,4 mm [8].

Die Sandfüllung bildet eine gleichmäßige nicht federnde Lastübertragung zwischen allen Bauteilen, indem Sandpartikel durch seitliches Ausweichen Spannungsspitzen ausgleichen und eine kontinuierliche Bettung schaffen.
Sobald die kontinuierliche Bettung infolge Eigengewicht der aufgesetzten Schachtbauteile geschaffen ist, wird unter weitere Belastung eine geringfügige Setzung von 1 bis 2 mm eintreten, die dadurch begrenzt wird, dass sich die gebrochenkantigen Feinsandpartikel in dichtester Lagerung im Verband gegeneinander abstützen und sich gegenseitig verkeilen.
Eine weitergehende Setzung kann auch unter statischer und dynamischer Dauerlast nicht eintreten, da es sich ja bei Quarzsand nicht um wasserhaltigen bindigen Boden handelt, der erst noch Porenwasser auspressen würde.

Da sich die dicht gelagerten Feinsandpartikel gegenseitig verhaken, kann auch eine radiale (nach innen oder außen) Ausweichbewegung nicht stattfinden, da dazu erst eine Anhebung (Dilatanz) der Teilchen gegen die vertikale Lastwirkung nötig wäre.
Im Gegensatz dazu wäre bei plastischen Werkstoffen unter Dauerlast ein Kriechen und damit eine Verringerung der Schachtbauwerkshöhe (innere Setzung) zu bedenken.
Praktische Erfahrungen
Für die Schachtringproduktion werden speziell profilierte Stahluntermuffen benötigt, die durch ihre Form den Sitz der Dichtung und des Sandschlauches in der Muffe sicherstellen, bis der Beton abgebunden ist. Stützringe am Spitzende helfen, die zulässigen Toleranzen des Spitzenddurchmessers einzuhalten. Die Länge des Spitzendes kann vom Wasser-Zement-Wert abhängig sein, was beim Spitzendformer berücksichtigt werden kann.
Die Montage des Schachtes ist problemlos durchführbar, wenn Sitzende und Dichtring mit geeignetem Gleitmittel versehen sind. Schachtbauteile müssen zentrisch und lotrecht angesetzt werden, gleiten dann auf die Spitzenden auf.
Die erhöhte Standsicherheit des gesamten Schachtes und damit die höhere Lebensdauer wird durch eine Vertikaldruckprüfung auf ≥ 400 kN nachgewiesen. Fremdüberwachung. Die Prüfkraft wird innerhalb von ca. 120 Sekunden von 0 auf max. 400 kN hochgefahren und auf diesem Wert 10 Sekunden ohne Riss gehalten, danach bis zum Bruch weiter erhöht.

Literatur
[1] DIN EN 1917
[2] DIN V 4034-1
[3] DIN EN 681-1
[4] PAS 1004 für das econorm-Schachtsystem
[5] Grabe, Werner: Vortrag am 26.1.06 beim ICCX 2006 in Berlin "Moderne Schächte mit integrierten Dichtungen und Lastübertragung"
[6] Grabe, Werner: Moderne Schächte nach Tobnorm, tis 1-2/2006
[7] Grabe, Jürgen: Bodenmechanik und Grundbau, TU Hamburg-Harburg, 2001
[8] DS Dichtungstechnik: Produktinformationen von Topseal und Topseal-plus

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