Schlauchlining mit Dampfhärtung. Umfrageergebnisse zur Anwendung im Sammlerbereich
03.04.2007
Die noch relativ junge Variante des Schlauchlining mit Dampfaushärtung hat seine Marktposition in jüngster Zeit verbessert und hat sich mit seinen verfahrensspezifischen Vorteilen eine weiter ausbaufähige Position verschafft. Die Technikfamilie des Schlauchlining ist in der Fachwelt als die universell einsetzbare Gruppe von Sanierungsverfahren bekannt. Sie gehört zu den Renovierungsverfahren, die in der Regel mindestens Haltungsweise unter vollständiger oder teilweiser Einbeziehung ihrer ursprünglichen Substanz eingesetzt werden1. In der Vergangenheit haben die Systementwickler immer neue Varianten, sei es das Material, den Einbau oder die Aushärtung betreffend, auf den Markt gebracht, um damit die führende Position dieser Technik aufrecht zu erhalten.
Die unterschiedlichen, bei der Kanalsanierung eingesetzten Harze werden grundsätzlich verschieden ausgehärtet: „Die UP - und VE - Harze werden durch Zugabe von geeigneten Katalysatoren polymerisiert. Da in den meisten Fällen monomere Bestandteile, wie z.B. Styrol, im Harz enthalten sind, erfolgt die Überführung des UP - Harzes in den gesättigten Zustand durch eine Mischpolymerisation. Bei der Härtung der EP - Harze handelt es sich nicht um eine Polymerisation, sondern um eine Polyaddition. Hierzu werden spezielle Härtersysteme eingesetzt, die bei Umgebungstemperatur reagieren, jedoch durch Wärmezufuhr beschleunigt werden können. Diese sind im Gegensatz zu den sog. "kalthärtenden" UP - und PUR - Systemen für den hier behandelten Geltungsbereich ausdrücklich zugelassen.“ 2
- Warmhärtung und
- UV-Lichhärtung
In Deutschland gibt es vier Schlauchlining- bzw. Schlauch-Systeme, die mit Dampfhärtung im Sammlerbereich eingesetzt werden:
Bei Insituform - und Process Phoenix handelt es sich hingegen um vollständige Schlauchlining-Systeme mit Synthesefaserlinern (mit oder ohne Verstärkungsfasern), die von lizenzierten Unternehmen mit vorgegebenen Einbautechniken eingesetzt werden. Der Process Phoenix-Liner wird von der Firma NordiTube geliefert und nach Angaben des Einbauunternehmens auf der Baustelle imprägniert, was natürlich die bekannten Probleme einer Vor-Ort-Verarbeitung mit sich bringt und gemäß den deutschen Regelwerken entsprechende Auflagen unterliegt4.
Die iMPREG GmbH wurde im Jahre 1999 mit dem Ziel gegründet, Schlauchliner aus Glasfasermaterialien herzustellen und werkseitig zu imprägnieren. Die ursprüngliche Produktionsstätte war in Wetzlar, wo die ersten Liner für die Dampfhärtung hergestellt wurden. Die Entwicklung des iMPREG-Liner für den Einsatz mit UV-Technik sowie die Markteinführung Ende 2001 waren ein weiterer Meilenstein in der noch jungen Firmengeschichte. Das Unternehmen liefert den iMPREG-Liner Europaweit.
Der Einbau der harzimprägnierten Schlauchliner erfolgt grundsätzlich entweder im Inversions- (Umstülp-) oder im Einzieh-Verfahren, wobei als Medium i. d. R. Druckluft Verwendung findet. Dampfhärtung zählt zu den Warmhärtungs-Methoden, d. h. auch hier wird durch die Zuführung von Wärme auf die Laminatoberfläche eine chemische Reaktion bei den Harz-/Härtersystemen (Peroxyde) in Gang gesetzt (UP- / VE-Systeme), die durch die Dauer der Beaufschlagung sowie die entstehende Eigenreaktionswärme (Exothermik) die Durchhärtung des Laminat bewirkt. Der Vorteil gegenüber der klassischen Warmhärtung mit Heißwasser liegt vor allem darin, dass die Temperaturbeaufschlagung mit Dampf unmittelbar, d. h. ohne die relativ lange Aufheizphase des Wassers, erfolgt. Außerdem können die Härterkomponenten anders eingestellt werden (sog. "Schnellhärtung"), so dass die chemische Reaktion schneller ablaufen kann, ohne dass es zu einer Schädigung des Laminates (bei Überschreitung des "heat distortion point") kommt. Das Aufstellen des Schlauchliners erfolgt gleichzeitig durch Erzeugung und Aufrechterhalten eines entsprechenden Innendrucks während der Aushärtungsphase mittels des Dampfes.
Bei EP-Harzsystemen erfolgt eine bessere Vernetzung der Harzmoleküle bei den bei Dampfhärtung möglichen Temperaturen von über 100°C. Eine aktuelle Information wurde gerade erst von der Firma epros GmbH herausgegeben6, wonach ein EP-Harz-System auf der Basis ihres Harzes SealLiner von Insituform Technologies Ltd. (GB) in Zusammenwirken mit dem britischen Forschungsinstitut WRc u. a. mit Dampfhärtung erfolgreich getestet wurde und zu einer schrumpffreien (hinterwanderungsfreien) Anwendung bei einer Außendruckbelastung von bis zu 5 m WS geführt hat.
Um eine gleichmäßige Durchströmung der gesamten Schlauchlänge sicherzustellen, wird der Dampf am Ende der Einbaustrecke kontrolliert abgeleitet. Die Strecken dürfen allerdings nicht zu lang sein, um eine Umwandlung des Dampfes in Kondenswasser zu vermeiden. Insofern empfiehlt sich die Begrenzung von Einbaulängen auf ca. 100 - 120 Meter. Die Aushärtegeschwindigkeit liegt nach Aussage der Anwender bzw. Gerätehersteller je nach Dimension (bis DN 500 mm) zwischen 60 und 120 Minuten pro Sanierungshaltung, das entspricht bei Einbaulängen von ein bis zwei Haltungen ca. 0,5 bis 1 m/min. Die Aushärtezeiten betragen nur noch ca. 25 bis 30 % der Zeiten bei der Härtung mit Heißwasser. Bei Grundwasserandrang oder Senken dauert die Aushärtung allerdings bis zu 6 Stunden. Damit ist die Dampfhärtung in den vorgenannten Dimensionen auch mit der UV-Lichthärtung bei vergleichbaren Parametern (UV: 0,5 m/min) wettbewerbsfähig. Verschiedene, in den letzten Jahren veröffentlichte Anwendungsbeispiele7 beweisen dies eindeutig.
Abk | A | B | C | D | |
---|---|---|---|---|---|
Verfahrensname: | Einheit | iMPREG-Liner | Insituform® Schlauchlining | Process Phoenix | SAERTEX-LINER® |
Anwender bzw. Lizenznehmer: (auszugsweise) | Boger Kanalsanierung BWG Günzburg Erles Umweltservice Huthmann & Kunz Kanal Concept KH Umwelttechnik Rossaro Kanaltechnik Stümges Kanal und Rohrtechnik | Insituform Rohrsanierungs- techniken | PRS Rohrsanierung | Brochier Entwässerungs- technik COPA Umweltservice Frisch + Faust Tiefbau Hubert Wax Kan.d.i.d. Kanaltechnologie L. Pfeiffer Hoch- und Tiefbau Mennicke Rohrbau Öko-Stoltze | |
Verweis Lizenzgeber/ Herkunftsland: | Name, Land | iMPREG | Insituform Technologies, USA | NordiwallTM, B | SAERTEX multiCom GmbH, D |
Einsatz Dimensionen von - bis: | mm | 150 - 1200 | 100 - 500 | 100 - 1000 | 100 - 1200 |
Einbau in einem Stück max.: | lfd.m. | 300 | 120 | 150 | 500 |
Einsatz im Kanalbereich seit: | Jahr | 1999 | 2001 | 1993 | 1994 |
Gesamt-Einbauleistungen seit Markteinführung: | lfd.m. | 350.000 | 348.300 | 150.000 | 900.000 |
Diesjährige Einbauleistung (aufgerundet): | lfd.m | 35.000 | 107.5000 | 18.000 | 60.000 |
Material / Einbau- / Anschlusseinbindung: | |||||
Schlauch / - träger: | Faser | Gf | SF | Sf | Gf |
Innenfolie: | PE / PA | PP / PE | PE | Vf: PE/ PA/ PE | |
Harz / e: | UP, VE | UP | EP,UP | UP,VE | |
Einbaumethode: | Einziehen | Inversion | Inversion | Einziehen | |
Aushärtungsmethode: | WD | WD | WD | WD | WD |
Verwendung Folienschlauch/ Preliner: | Mat. / nein | PE Gleitfolie | PP / PE | PP | Vf: PE / PA/ PE |
Anschluss - Einbindung (mögliche Techniken): | System: | je nach Anwender | Hutprofiltechnik Ferngesteuerte Anschlusssanierung | alle gängigen Systeme | Hutprofile (Verklebung) jeder Art Verpress-Systeme jeder Art Spachtelsysteme jeder Art |
Güte- bzw. Qualitätsicherung | |||||
RAL-GZ 961 Güteschutz Kanalbau | S27... | S27.20 | S27.01 | S27.06 | S27.17 |
Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (DiBt) | Zul.-Nr.: gültig bis: | Z-42.3-365 Jun-09 | Z-42.3-305 Nov-09 | nein | Z-42.3-350 Sep-07 |
Alle Angaben beziehen sich ausschliesslich auf Deutschland!
Legende: SF= Synthesefaser (Nadelfilz); PA= Polyamid; PU= Polyurethan; WD= Warmhärtung Dampf; Gf= Glasfaser; kA= keine Angaben; Vf= Verbundfolie; UP= Ungesättigter Polyesterharz; VP= Venylesterharz; EP= Epoxidharz; Aws= Anwenderspezifisch; PE= Polyethylen
Bei den Recherchen zu diesem Beitrag konnte der Verfasser übrigens feststellen, dass neben der Zulieferung von Schlauchlinern oder vorimprägnierten Linern durch entsprechende Spezialbetriebe auch die Anlagentechnik oder Materialkomponenten wie Schläuche oder Harze von Unternehmen entwickelt und den Einbauunternehmen angeboten werden, die allerdings nichts mit einem fertigen Schlauchlining-System zu tun haben. Aus diesem Grunde wurden diese Unternehmen bei der Umfrage auch nicht berücksichtigt. Ein Beispiel hierfür ist die I.S.T. GmbH mit Sitz in Bochum. Das Unternehmen wurde 1998 gegründet und operiert mittlerweile weltweit als Hersteller und Händler für diverse Kanalsanierungsprodukte.
Neben den Inversionstrommeln, wie sie z. B. beim Prozess Phönix - und Insituform-Verfahren zum Einsatz kommen, gibt es bereits seit Jahren Spezialgeräte wie z. B. die LinerGun von RS Technik oder die CHIPP8-Einheiten von Insituform oder P. Aarsleff.
Die Umfrageergebnisse zeigen bezüglich der Leistungen, dass insgesamt die SAERTEX-Liner (GFK / UP) mit deutlichem Abstand (> 50 %)die am häufigsten eingesetzten Schlauchliner bei der Dampfhärtung sind. Bei den aktuellen Zahlen des vergangenen Jahres zeigt sich jedoch, dass der Insituform-Liner (Sf / UP), genereller Marktführer für Schlauchlining in Deutschland, mit fast 49 % eine offensichtlich erfolgreiche Aufholjagd gestartet hat, seit die Insituform Rohrsanierungstechniken erst als letztes Unternehmen 2001 die Dampfhärtung im Sammlerbereich eingeführt hat.
Erstaunlich und für den Betrachter auch unverständlich ist die relativ schwache Position des Process Phoenix-Verfahrens im Markt. Dies mag eventuell mit der für den Außenstehenden nicht ganz eindeutigen Materialwahl (mal UP, mal EP), der Einbautechnik (Eversionstrommel) und der bis vor einiger Zeit angestrebten Verklebung des Liners mit der Rohrwandung zu tun haben - vielleicht aber auch einfach nur mit der Präsenz im Markt und dem Vertriebsnetz der PRS.
Insgesamt gesehen ist deutlich die Gesamtsteigerung der Jahresleistungen zu erkennen: Mit 220.500 lfd. m. im letzten Jahr wurde eine Steigerung erzielt, die der Marktstrategie der Systementwickler sicher Recht gegeben hat und dieser neuen, schnelleren Variante des Schlauchlining eine weiter ausbaufähige Marktstellung verschafft hat.
1) DIN EN 13566-1: Kunststoff-Rohrleitungssysteme für die Renovierung von erdverlegten drucklosen Entwässerungsnetzen (Freispiegelleitungen) - Teil 1: Allgemeines und ATV-DVWK M143-1: Zustandserfassung und Sanierung von Entwässerungssystemen außerhalb von Gebäuden, Teil 1:Grundlagen
2) Merkblatt RSV 1: Renovierung von drucklosen Abwasserkanälen und Rohrleitungen mit vor Ort härtendem Schlauchlining, RSV Rohrleitungssanierungsverband (Dezember 2006), Punkt 2.4
3) Merkblatt RSV 1, Punkt 2.3.2.2.1 und Merkblatt DWA-M 143-3: Sanierung von Entwässerungssystemen außerhalb von Gebäuden, Teil 3: Schlauchliningverfahren (vor Ort härtendes Schlauchlining) für Abwasserleitungen und -kanäle, Punkt 4.4.2.1 (November 2005)
4) Merkblatt RSV 1, Punkt 2.4
5) Ian Clarke, NoDig Media Services: Insituform savest time, costs, disruption and energy with Steam Lining technology, Website: Nodig-construction.com, 09.10.2006
6) epros - news: 1. Neue schrumpffreie Liner - bei Insituform, Website: Nodig-Bau.de, 6.12.2006
7) Beispiele: Februar 2004 - Sanierung DN 600 in der Merklinder Strasse mit SAERTEX®-LINER-System durch H. Brochier, veröffentlicht "Saertex® - Liner unter Dauerbeobachtung" in bi UmweltBau 2-2005, S. 86 ff September 2004 - Sanierung RW-Kanal DN 1200 in Bremen mit SAERTEX® - Liner - System durch H. Brochier, veröffentlicht "Unter Dampf in große Dimensionen" in bi UmweltBau 6-2004, S. 76 f 2005-2006 - Sanierung von 7,3 km Abwasserkanäle verschiedener Dimensionen und Profile in Kufstein/Inn (A) mit SAERTEX®-LINER durch L. Pfeiffer Hoch & Tiefbau, veröffentlicht "Mit Licht und Dampf" in bi UmweltBau, 5-2006, S. 85f
8) CHIPP = Controlled Head Inversion Process (Deutsch: Verfahren mit kontrolliertem Inversionsdruck)
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