Status Quo der privaten Grundstücksentwässerung

24.01.2006

In der Bundesrepublik wird das anfallende Abwasser über rd. 450.000 Kilometer öffentliche Abwasserkanäle abgeleitet. Auf den privaten Grundstücken stehen dem geschätzte 1,5 Millionen Kilometer private Entwässerungsleitungen und -kanäle gegenüber.

Grundstücksentwässerungsleitungen und Hausanschlusskanäle müssen, wie jede andere Leitung zum Transport von Abwasser auch, dicht sein und den anerkannten Regeln der Technik entsprechen. Seit einigen Jahren werden die privaten Grundstückseigentümer durch verschiedene rechtliche Konstellationen aufgefordert, ihre Entwässerungsleitungen auf Dichtheit zu prüfen. Entsprechende Fristen zur Umsetzung sind in Normen und Verordnungen der Länder geregelt.

Vergleicht man die vorhandene Substanz der öffentlichen Kanäle mit denen der privaten Leitungen, zeigt sich ein sehr unterschiedliches Zustandsbild der Rohrleitungen und Kanäle.
So sind im Mittel "nur" 15 bis 17 % der öffentlichen Kanäle schadhaft, im privaten Grundstücksentwässerungsbereich liegt diese Quote bei 50–70 %, teilweise sogar bei 95 % und drüber.

Die Entsorgung des auf den privaten Grundstücken anfallenden Abwassers erfolgt in den meisten Fällen durch die öffentlichen Netzbetreiber. Im Gegensatz zu den öffentlichen Kanalnetzen werden die privaten Entwässerungsnetze in der Regel nicht gewartet und unterliegen nach der Inbetriebnahme keiner weiteren öffentlichen und systematischen Kontrolle.
Selbst die Abnahme der Grundstücksentwässerungsanlagen (GEA) beim Bau eines neuen Gebäudes durch den Netzbetreiber erfolgt oftmals nicht nach den Vorschriften, die sich aus dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) bzw. den weiteren Vorschriften, Normen und Entwässerungssatzungen ergeben.
Die vorgeschriebenen Dichtheitsprüfungen sind die rühmliche Ausnahme – ein Blick in den meist schon verfüllten Rohrgraben ist die traurige Regel.

Dabei sind die gesetzlichen und rechtlichen Spielregeln klar und eigentlich nur in begrenztem Maße mit Interpretationsspielraum versehen.
"§ 1 a Grundsatz (WHG)

(2) Jedermann ist verpflichtet, bei Maßnahmen, mit denen Einwirkungen auf ein Gewässer verbunden sein können, die nach den Umständen erforderliche Sorgfalt anzuwenden,
  • um eine Verunreinigung des Wassers oder eine sonstige nachteilige Veränderung seiner Eigenschaften zu verhüten,
  • um eine mit Rücksicht auf den Wasserhaushalt gebotene sparsame Verwendung des Wassers zu erzielen,
  • um die Leistungsfähigkeit des Wasserhaushalts zu erhalten und
  • um eine Vergrößerung und Beschleunigung des Wasserabflusses zu vermeiden."
Gleich im ersten Paragraphen des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) werden die Probleme Exfiltration und Infiltration von Abwasser besonders hervorgehoben. Demnach ist jeder Bürger verpflichtet, dafür zu sorgen, dass kein Abwasser aus seinen Leitungen entweicht.

Ebenso dürfen keine zusätzlichen sauberen Wassermengen (Grund-, Drainage-, Sickerwässer) im Verlauf der Leitungen unkontrolliert hinzukommen.

Bezogen auf die GEA folgt daraus, dass schon an dieser Stelle jeder private Grundstückseigentümer mit undichten Grundstücksentwässerungsleitungen gegen die Bestimmungen des WHG verstößt.
 
§ 18b Bau und Betrieb von Abwasseranlagen (WHG)

(1) Abwasseranlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass die Anforderungen an das Einleiten von Abwasser insbesondere nach § 7a eingehalten werden. Im Übrigen gelten für Errichtung und Betrieb von Abwasseranlagen die allgemein anerkannten Regeln der Technik.

Die Qualität der Unterhaltung und des Betriebes werden im §18b geregelt. Dieser sagt aus, dass die allgemein anerkannten Regeln der Technik eingehalten werden müssen. Diese werden durch die gültigen Standards der einschlägigen Fachwelt gesetzt und mit den anerkannten und gebräuchlichen Normen (z.B. DIN 1986-T30 etc) und Vorschriften mit Leben gefüllt. Diese Normen haben bundesweit Gültigkeit und sind für jeden Betreiber - also auch für jeden Grundstücksbesitzer - verpflichtend.

Betrachten wir die derzeitig überwiegende Praxis, so werden aus verschiedenen Gründen (Kosten, Personaldecke) die gültigen Gesetze und folgenden Normen in Bezug auf die Grundstücksentwässerung kaum umgesetzt.

Vereinzelt sind mit Fördermitteln bedachte Projekte angelaufen oder werden zurzeit ausgewertet (z.B. Schwanau, Köln-Höhnhausen, Rheine, Billerbeck).

Einige Wohnungsbaugesellschaften nutzen mittlerweile die Gelegenheit zu einer Sanierung des gesamten Gebäudeblocks. Sie sehen die Vorteile für die Wert- und Substanzerhaltung des Gebäudes und habe daher auch die wirtschaftlichen Perspektiven im Blick.

In verschiedenen Regionen NRW´s kann beobachtet werden, dass vereinzelt umweltbewusste Bürger ihre Grundstücksentwässerungsleitungen auf eigene Veranlassung untersuchen lassen. Ohne unabhängigen fachlichen Rat und Unterstützung gehen sie ein hohes Risiko ein, später die entsprechenden Bescheinigungen von den Aufsichtsbehörden aufgrund fehlender Unterlagen nicht anerkannt zu bekommen. Ebenso besteht die Gefahr, dass die anschließende Sanierung mit zu hohen Kosten oder fachlich unzureichend realisiert wird.

Wenige, sich der Problematik bewusste öffentliche Netzbetreiber, haben erkannt, dass dichte Grundstücksentwässerungsleitungen kein Luxus sondern geltendes Recht sind und zusätzlich mittel- bis langfristig nicht nur dem Umweltschutz sondern auch den eigenen Kassen dienen. Sie gehen ihre Wege mit Konzept und System im Sinne von verantwortlichem Umgang mit den Ressourcen und den Gebühren, weil sie die überwiegenden Vorteile sehen und sich der Verantwortung der nächsten Generationen bewusst sind.
Die qualifizierte Grundstücksentwässerung hat ihre Vorteile in der ganzheitlichen Betrachtung, der Ausschreibung von mehreren Grundstücken im Block und der systematischen fachlichen Begleitung durch den Netzbetreiber, der sich selbstverständlich auch Dritter bedienen kann.

Alle auf diesem Gebiet tätigen Verantwortlichen, Techniker wie Verwaltungsbeamte müssen zusammen mit der Politik Wege finden und durchsetzten, die der Sache dienen. Die erarbeiteten Lösungen müssen fair und technisch durchführbar sein und gleichzeitig den Interessen des Bürgers sowie dem Schutz von Wasser und Boden dienen.

WIR stehen in der Verantwortung - nicht unsere Kinder!


Kontakt:
Dipl.-Ing. Frank Diederich
E-Mail:diederich@ingenieurbuero-dsl.de
Dipl.-Ing. Rolf Rehling
E-Mail:rehling@geko-schwerte.de


Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der tis Tiefbau Ingenieurbau Straßenbau
Mehr Informationen unter http://www.tis-online.info

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