WBM Weimarer Boden-Mörtel: Erfahrungsbericht

18.03.2008

Aufgrund der Versäumnisse in der Gegenwart und Vergangenheit, in denen der gezielten Sanierung und Erneuerung von Rohrleitungsnetzen nur ungenügend Aufmerksamkeit geschenkt wurde, ist in naher Zukunft mit einem erhöhten Sanierungs- und Erneuerungsbedarf an Rohrleitungen und Rohrleitungsnetzen zusätzlich zu den Neuerschließungen zu rechnen. Infolge von Havariefällen oder nachträglicher Verlegung von Leitungen jeglicher Art werden gegenwärtig bereits eine Vielzahl intakter Straßenoberflächen geöffnet und anschließend der Versuch unternommen, die Fahrbahndecke in ihrem alten Zustand wieder herzustellen. Die erforderlichen Arbeiten für den Tiefbau; d.h. das Ausheben des Bodens, den Wiedereinbau des Verfüllmaterials und das Wiederherstellen des Straßenoberbaus machen bei diesen Baumaßnahmen den Hauptanteil an den Gesamtkosten aus. In innerstädtischen Bereichen können diese Baukosten bis zu 80 % der Investitionskosten für die Rohrleitung ausmachen. Hier liegt also ein erhebliches Einsparpotential für die Sanierung und Erneuerung von Leitungsnetzen.

Örtliche Gegebenheiten, eine große Anzahl von querenden Versorgungsleitungen, unsachgemäßer Umgang mit Verfüllstoffen und der Preiskampf am Markt tragen außerdem dazu bei, dass aufgrund unsachgemäßer Bauausführung in den Folgejahren wiederholt Schäden an diesen Baustellen (Setzungen, Rohrbrüche usw.) auftreten, welche zu erheblichen Schadensersatzansprüchen und zur Belastung für Mensch und Umwelt führen.
In einem Forschungsprojekt "Hochfrequenter Rollenkontakt der Fahrzeugräder" der TU Berlin, in welchem man den Einfluss von Straßenbelastungen auf die Entwicklung von Straßenschäden untersucht hat, wurde festgestellt, dass sich schon durch kleine Bodenunebenheiten bei hoher Fahrgeschwindigkeit die Radlasten kurzzeitig um ein Vielfaches erhöhen [1].
Diese hohen Stoßbeanspruchungen belasten die Fahrbahn stark, Straßendecken werden rissig, Betondecken werden brüchig, Wasser und Frost können eindringen. Außerdem werden die Reifen der Fahrzeuge überdimensional belastet.
Im Hinblick auf diese Untersuchungsergebnisse sind Unebenheiten in der Straße z. B. bei Neuverlegung, Reparatur und Sanierungsarbeiten an Rohrleitungen und insbesondere spätere Setzungserscheinungen an den Straßen dringlichst zu vermeiden, um den Sanierungsaufwand an den Straßen und Rohrleitungsnetzen in Zukunft nicht noch weiter drastisch ansteigen zu lassen.
Seit geraumer Zeit drängen deshalb neue fließfähige selbstverdichtende Verfüllmaterialien unterschiedlicher Zusammensetzung als Rohrleitungsverfüllmaterial auf den Markt.
FLIEßFÄHIGE VEFÜLLMATERIALIEN
Allgemein
Fließfähige Verfüllmaterialien zeichnen sich dadurch aus, dass sie nach ihrer Herstellung für eine gewisse Zeit in einem fließfähigen Zustand verbleiben und sich danach durch einen gezielten Abbindeprozess stabilisieren bzw. verfestigen. Die Plastizität sowie die zu erreichenden Festigkeiten sind meist einstellbar und werden auf die aus unterschiedlichen Anwendungsfällen resultierenden Anforderungen angepasst. Diese fließfähigen Verfüllmassen sind in ihrer Herstellung und Verarbeitung vergleichbar mit Mörtel und Fließestrich, unterscheiden sich aber z. T. in ihren Ausgangs- und Zusatzstoffen und je nach Anwendungsgebiet in ihren Endprodukteigenschaften. Bild 1 enthält einen allgemeinen Überblick über gebräuchliche Verfüllmaterialien.
Bettungs- und Verfüllmaterial für Rohrleitungsgräben
Neben den verschiedenen Schüttgütern finden insbesondere die speziell für den Anwendungsfall Bettungs- und Verfüllmaterial für Leitungssysteme in den letzten Jahren entwickelten und sich in der Praxis bewehrten fließfähigen selbstverdichtenden Material immer breitere Anwendung.
Stabilisierte Sandmischung (SSM)
Die „Stabilisierte Sandmischung“ ist ein in Österreich Anfang der 80 er Jahre speziell für das Verfüllen von Rohrleitungsgräben entwickeltes fließfähiges Verfüllmaterial. Es besteht aus Sand, Wasser, diversen Betonzusatzstoffen, dem mineralischen Bindemittel Zement und einem Fließmittel auf der Basis von mit Druckluft und Wasser aufgeschäumten alkalibeständigen Proteinen. Bei Eignung des Aushubmaterials kann dieses (fraktionsabhängig) wiederverwertet werden und damit der Natursand z. T. ersetzt werden. Ein Umschließen der Rohrleitungen ohne Verdichtungsarbeit wird durch das Fließverhalten der „Stabilisierten Sandmischung“ möglich. Aufgrund der überwiegenden Bestandteile an Sand der Fraktion bis 8 mm und des niedrigen Zementanteils werden Endfestigkeiten erreicht, die dem gewachsenen Boden entsprechen und ein späteres Freilegen der Rohrleitung (Spatenlösbarkeit) ohne Probleme ermöglichen [2].
Hydraulisch verdichtende Verfüllmaterialien (HVV)
Durch die MVV Energie AG Mannheim wurde aufgrund der nur in Österreich zur Verfügung stehenden Rezeptur der SSM von der Firma Schwarzl der Versuch unternommen, Verfüllmaterialien auf der Basis regional zur Verfügung stehender Materialien zu entwickeln. Umfangreiche Technikumsversuche insbesondere für den Einsatz an Fernwärmeleitungen wurde durchgeführt [3].
Weimarer Boden-Mörtel
Der Weimarer Boden-Mörtel kann aufgrund seiner Zusammensetzung als konsequente Weiterentwicklung von Boden-Bindemittel-Gemischen angesehen werden. Er besteht zu über 90 % aus Recyclingmaterial und/oder natürlichen Aushubböden, wie Kies, Sand, Schluff und Ton. Neben dem Vorteil der Boden-Bindemittel-Gemische durch die Zugabe von hydraulischen Bindemitteln Böden wiedereinbaubar zu machen, weist der Weimarer Boden-Mörtel, wie die „Stabilisierte Sandmischung“, den Vorteil auf, fließfähig und damit verdichtungslos einbaubar zu sein. Als Verflüssiger fungiert hierbei eine Mischung aus Wasser, Ton sowie speziellen Zusätzen und als Stabilisator Zement.
Dieses fließfähige Verfüllmaterial wurde ebenfalls vorrangig für das Verfüllen von Leitungsgräben entwickelt, aber auch bereits erfolgreich zum Verfüllen von unterirdischen Hohlräumen und Tankanlagen eingesetzt. Je nach Ausgangsmaterial wird eine auf den jeweiligen Anwendungsfall zugeschnittene Rezeptur im Labor erstellt. Die Verarbeitungskonsistenz, die Druckfestigkeiten (> 0,25 N/mm² – 0,45 N/mm²) wie auch die Tragfähigkeit (EV2 = 35- 130 MN/m2 nach ZTVE-StB) sind hierbei in Abhängigkeit vom Ausgangsmaterial einstellbar.
Die Umweltverträglichkeit des Weimarer Boden-Mörtels kann bei Einsatz unbelasteter Ausgangsmaterialien (Aushubboden, RC- Material) und aufgrund der im Bauwesen bereits zugelassenen Materialien für den Plastifikator und Stabilisators sichergestellt werden. Es bestehen somit keine Einschränkungen für den Ein-satz dieses Verfüllmaterials.
Vorteile fließfähiger selbstverdichtender Verfüllmaterialien
Die Vorteile der fließfähigen, selbstverdichtenden Verfüllmaterialien sind:
  1. Verdichtungsloser Einbau und damit Wegfall der Verdichtungsarbeit,
  2. Spatenlösbarkeit des Bettungsmaterials,
  3. Reduzierung der Grabenbreiten und damit Reduzierung des Aushubvolumens,
  4. Verringerung der Beanspruchung des Rohres beim Einbau,
  5. Verbesserung der Bettungseigenschaften, d.h. Lagerbedingungen des Rohres und daraus resultierend Erhöhung der Lebensdauer der Rohrleitung und Rohrleitungsnetze. 
Die Boden-Mörtel zeichnen sich zusätzlich aus:
  • durch gezielte Rezepturerstellung den anstehenden natürlichen Boden bzw. Recycling-Material als Grundmaterial einzusetzen und damit das Aushubmaterial einer direkten Verwertung zuzuführen,
  • in weiten Grenzen und in Abhängigkeit vom einzusetzenden Grundmaterial einstellbare Verarbeitungs- und Endprodukteigenschaften,
  • Schonung der immer knapper werdenden natürlichen Ressourcen, 
  • Einsparungen für das Ablagern und Verwerten von Aushubmaterialien,
  • geringe Kosten für Herstellung und Einbau des Verfüllmaterials,
  • Umweltverträglichkeit und damit Einsatzmöglichkeit in allen Bereichen (Wasserschutzzonen) bei geeignetem Grundmaterial. 
WEIMARER BODEN-MÖRTEL
Zusammensetzung des WBM
Das Vorschriftenwerk des Leitungs- und Straßenbaues nimmt bereits auf die Anwendung von Boden-Bindemittel-Gemischen bzw. stabilisierten Böden bezug. Der Boden-Mörtel ist eine schlüssige Weiterentwicklung dieser Boden-Bindemittel-Gemische, die zu einem neuen Baustoff und einer neuen Einbautechnologie geführt hat.
Seit 1996 arbeiten das Forschungsinstitut für Tief- und Rohrleitungsbau Weimar e.V. und die FITR - Gesellschaft für Innovation im Tief- und Rohrleitungsbau Weimar mbH an der Weiterentwicklung von verdichtungslos einbaubaren, fließfähigen Verfüllmaterialien für den Tief- und Rohrleitungsbau. Mit dieser neuartige, qualitativ hochwertige umweltschonenden Verfülltechnologie können die Kosten der Tiefbaumaßnahmen um bis zu 30 % gesenkt werden. Neben dem Wegfall des Verdichtens und der Verdichtungsprüfung sowie der Reduzierung der Grabenbreite, wie bei allen fließfähigen selbstverdichtenden Verfüllmaterialien, verringern sich beim WBM zusätzlich die Kosten für Bodenaushub, Transport und Deponierung des Aushubmaterials. Dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz - KrW-/AbfG wird durch die Möglichkeit der Wiederverwertung von Aushubmaterial und umweltfreundlichen und ressourcenschonenden Recyclingbaustoffen zur Herstellung Rechnung getragen.
WBM ist ein kurzzeitig fließfähiges, breiigweiches Stoffgemisch, ähnlich einem Mörtel, das sich nach einstellbarer Zeit selbständig verfestigt. Es setzt sich aus folgenden Bestandteilen zusammen:

Grundmaterial: geeignete Recyclingbaustoffe, natürliche Böden (Aushub), wie Kies, Sand, Schluff und Ton bzw. Gemischen davon
Verflüssiger: PLATROS, eine Mischung aus Wasser, Ton und speziellen Zusätzen
Stabilisator: Zement
Wiederverwendung von Aushubböden als Grundmaterial
Das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW/AbfG) beinhaltet bekanntlich das Prinzip: "Abfallvermeidung vor Abfallverwertung vor Abfallbeseitigung". Indem das Weimarer Boden-Mörtel-Verfahren als Grundmaterial die örtlich anstehenden Aushubböden wieder verwendet, wird, da für die Leitungszone kein Natursand mehr verwendet wird, nicht nur Abfall vermieden, sondern auch natürliche Ressourcen geschont. In den langjährigen Untersuchungen des FITR Weimar e.V. konnte für die Mehrheit von Aushubböden die Eignung als Grundmaterial nachgewiesen werden. Für stark lehmige Böden sind aber entsprechend geeignete Mischver-fahren mit hoher Mischintensität erforderlich. Bei Leitungstrassen unter befestigten Verkehrsflächen werden nicht nur die angeschnittenen Erdschichten durchmischt, auch Festgesteine aus Frostschutzschichten und Schottertragschichten kommen mit hinzu.
Auch diese Gemische eignen sich bei entsprechender Aufbereitung und Homogenisierung.
Untersuchungen im Auftrag der MVV Energie AG Mannheim zeigen außerdem, dass die für die Leitungszone übliche Größtkornbegrenzung auf 20 mm künftig gelockert werden kann, weil kantige und plattige Festpartikel von den Feinstbestandteilen des Boden-Mörtels eingehüllt und dort fixiert werden.
Ist für ein Leitungsbauvorhaben Bodenaustausch vorgeschrieben, ließe sich der Umfang der Abfallvermeidung vergrößern, wenn auch in der Verfüllzone Weimarer-Boden-Mörtel eingesetzt wird.
Durch die Integration von Recycling-Baustoffen in das Verfahren wird gezielt Abfallverwertung betrieben, sofern die einzusetzenden Mischabbruchgranulate sich als umweltverträglich erweisen. Als Nachweisverfahren ist die sog. LAGA-Richtlinie [4] zu befolgen, die den Bundesländern als Empfehlung vorliegt. Sie beinhaltet auch einschlägige Untersuchungskonzepte, Bewertungsvorgaben, Hinweise für Verwertungs- bzw. Ein-baumöglichkeiten u. ä., wobei sich die Untersuchungen auf Kennwerte, wie elektrische Leitfähigkeit, pH-Wert sowie Gehalte an Schwermetallen, PAK's, Sulfate u. ä. richten.
Grundsätzlich gelten die für natürliche Böden zu führende Nachweise auch für RC-Baustoffe. RC-Baustoffe lassen sich problemlos mit den Plastifikatoren und Stabilisatoren vermischen und zu fließfähiges, selbstverdichtendes Verfüllmaterial verarbeiten.
Da sich durch die Verwertung von Mischabbruchgranulat für die Wiederverfüllung der Leitungsgräben gleichfalls die Material-, Transport- und Deponiekosten verringern und bei gleich bleibender Einbauqualität keinerlei Einbau- und Verdichtungskosten anfallen, ist die Anwendung von Weimarer-Boden-Mörtel aus Mischabbruchgranulaten umweltschonend und wirtschaftlich attraktiv.
Natürlichen Aushubböden, die nicht kontaminiert sind, sind damit auch mit dem Rohrwerkstoff verträglich. Ist für ein Leitungsbauvorhaben Bodenaustausch vorgeschrieben, lässt sich der Umfang der Abfallvermeidung und -verwertung vergrößern, wenn auch in der Verfüllzone Boden-Mörtel eingesetzt wird.
Das Boden-Mörtel-Verfahren ist durch die Vermeidung und Verwertung von Bauabfällen und Einsparung von natürlichen Ressourcen nicht nur umweltfreundlich, sondern hat gegenüber den anderen fließfähigen selbstverdichtenden Bettungsmaterialien noch den Vorteil, dass sich die Material-, Transport- und Deponiekosten verringern.
Herstellung
Die Herstellung und Verarbeitung des WBM kann ähnlich der Transportbetonherstellung erfolgen. Die oben genannten Bestandteile werden nach vorgegebener Rezeptur in einer stationären oder mobilen Mischanlage zum Fertigprodukt verarbeitet.
Die vorübergehende Konsistenz zur Verarbeitung der Mischung kann im Bereich steif bis weich/breiig eingestellt werden. Der Transport zur Baustelle erfolgt mit normalen Transportbetonmischfahrzeugen. Über die am Fahrzeug befindliche Austragsschurre fließt das Material in den zu verfüllenden Hohlraum im Erdreich.
Boden-Mörtel nivelliert sich selbständig und erhärtet anschließend. Die Festigkeit wird in der Regel so eingestellt, dass die Tragfähigkeiten vergleichbar mit konventionellen Verfüllmaterialien erreicht und im Bedarfsfall ähnlich Bodenklasse 4 nach DIN 18 300, z. B. mittels Spaten, wieder gelöst werden kann.
EINSATZ DES WBMs
Allgemein
Die Erfahrungen beim Einsatz von WBM stützen sich im Wesentlichen auf umfangreiche Labor und Eignungsuntersuchungen einer Vielzahl verschiedener Ausgangsmaterialien und auf zahlreiche bundesweit vom FITR Weimar e.V. ausgeführten bzw. betreuten Versuchsbaustellen sowie den Erkenntnissen der Lizenznehmern bei der Markteinführung und Bau mit WBM.
In nachfolgenden Veröffentlichungen [5 bis 19] wurde eine Vielzahl der Untersuchungen und Baustellen (Gas, Wasser, Fernwärme, Abwasser) bereits vorgestellt.
Für eine breite Anwendung und Qualitätssicherung in der Praxis wurden in einem vom BMWI geförderten Forschungsvorhaben die stofflichen (z. B. unterschiedlichen Eigenschaften der einzusetzenden Ausgangs-materialien) und die technologischen Einflussparameter auf die Kennwerte und Eigenschaften des Verfüllmaterials untersucht. Im Ergebnis dieses Projektes wurde einerseits der stoffliche Einfluss von z. B. Feuchte und Körnungsaufbau des Grundmaterials auf die Eigenschaften des Verfüllmaterials quantifiziert, bodenmechanischen Prüfverfahren auf das fließfähige Verfüllmaterial angepasst und bodenmechanische Kennwerte ermittelt. Andererseits wurde durch Untersuchungen der technologischen Randbedingungen ein optimierter Arbeitsablauf für eine stationäre Pilotanlage konzipiert und in Erfurt umgesetzt werden.
Inzwischen stellen in Deutschland 25 Lizenznehmer in mehr als 60 Werken WBM her. Auch international hat dieses innovative Verfahren an Bedeutung gewonnen. Dies zeigt sich insbesondere in den ständig steigenden internationalen Kontakten, was sich auch in Verträgen mit Frankreich, Griechenland, und dem arabischen Raum sowie die Eröffnung einer Außenstelle in Moskau deutlich wird.
Nachfolgend sollen neueste Erkenntnisse und Entwicklungen auf dem Gebiet der fließfähigen, selbstverdichtenden Verfüllmaterialien dargestellt werden.
Langzeitverhalten
Langzeituntersuchungen an bestehenden Baustellen seit 1996 zeigen, dass sich die Enddruckfestigkeiten und damit auch das Tragverhalten des WBM in der Praxis nur unerheblich verändern und eine manuelle Lösbarkeit des Materials auch über längere Zeiträume gegeben ist.
Im Jahr 1996 wurde im Rahmen eines Forschungsvorhabens die erste Rohrleitung (Fernwärmetrasse bestehend aus einer Kunststoffmantelrohrleitung 2 x DN 150; Nebeneinanderverlegung) in WBM, bestehend aus einem Mischabbruchgranulat, verlegt. An dieser Versuchstrasse wurden verschiedene Untersuchungen zum Verhalten Bettung, Rohr angrenzendes Material durchgeführt und insbesondere zum Nachweis des Langzeitverhaltens des Verfüllmaterials Kontrollgrabung nach etwa 1 Monat und 9 Monaten durchgeführt. Der Boden-Mörtel war an beiden Zeitpunkten erdfeucht und spatenlösbar. Nach 9 Monaten konnte z. B. mit Hilfe des statischen Plattendruckversuches ein Verformungsmodul von EV2 = 99,367 MN/m² und EV2/EV1 = 2,445 nachgewiesen werden. Danach waren an dieser Trasse weitere Untersuchungen nicht mehr möglich, da sich inzwischen auf diesem Gelände eine Straße für eine neue Wohnungsbausiedlung befindet und an den Leitungen keine Reparaturen erforderlich waren.
Im Jahr 1997 wurde eine Gasleitung als Versuchsstrecke im Transportnetz der Gasversorgung Thüringen in Tonndorf realisiert (Rohrmaterial HDPE, Da=110 mm, Länge: 210 m).
Als Grundmaterialien für den WBM wurden hier eingesetzt:
  • gefräster bindiger Aushubboden mit Gesteinseinschlüssen aus der Schottertragschicht nach Absiebung, Größtkorn 40 mm
  • Mischabbruchgranulat 0 - 8 mm
Anhand von Aufgrabungen an dieser Versuchstrasse im November 2001 mit der Gasversorgung Thüringen und im Juni 2002 in Anwesenheit von Vertretern der TELEKOM konnte die Langzeitbeständigkeit des Bettungsmaterials anhand der Tragfähigkeit und Spatenlösbarkeit (s. Bild 5) nachgewiesen werden. Das Bettungsmaterial wies die gleiche Materialfeuchte wie das anstehende Erdreich auf. Aufstau von Schichtenwasser bzw. Beschädigungen der Rohrleitungen konnten nicht beobachtet werden.
Verringerung der Verlegetiefe von Trinkwasserleitungen
Neben der Grabenbreite stellt die Grabentiefe einen entscheidenden Einflussfaktor für die anfallenden Tief- und Straßenbauarbeiten und damit entstehenden Kosten in diesem Bereich dar. Eine Reduzierung der Verlegetiefen kann, wie die Verringerung der Grabenbreiten, zu erheblichen Kosteneinsparungen im Tief- und Rohrleitungsbau und damit für den Bau, Betrieb sowie die Instandhaltung der Verteilungsnetze führen.
Wasserleitungen müssen deutlich unterhalb der Frostgrenze im Boden, d.h. in „frostfreier Tiefe“ verlegt werden. Außerdem sind in den Sommermonaten aus hygienischer Sicht unzulässige Erwärmungen des Trinkwassers zu vermeiden. Dieses erfordert verhältnismäßig große Verlegetiefen. Die Wahl der Verlegetiefe hängt häufig von der subjektiven Einschätzung der örtlichen klimatischen Verhältnisse ab. Deshalb sind Verlegtiefen von 1,40 bzw. bis zu 1,60 m, aufgrund fehlender gesicherter Messdaten und darauf aufbauenden Sicherheitsüberlegungen, keine Seltenheit.
Im FITR wird derzeit im Rahmen eines Forschungsvorhabens Möglichkeiten der kostengünstigen Dämmung von Trinkwasserleitungen durch eine modifizierte Einbau- und Verlegetechnologie auf der Basis modifizierter Verfüllmaterialien untersucht.
Statische Auswirkungen bei Einsatz von WBM im Kanalbau
Für das biegesteife Beton-Rohr ergeben sich bei den betrachteten WBM-Sand und WBM-RC identische Er-gebnisse im Spannungsnachweis. Die Bilder 6 und 7 zeigen zunächst die Untersuchungsergebnisse für das Beton-Rohr am kritischen Punkt Rohrsohle.
Es zeigt sich für die Nennweite DN 1000 (Grabenbreite: 2,2 m) in Bild 6, dass die Ausführung der Leitungszone mit WBM zu höheren Sicherheiten gegenüber der konventionellen Grabenverfüllung führt.
Bild 7 veranschaulicht die maßgebenden Sicherheiten für Beton-Rohre mit unterschiedlichen Nenndurchmessern. Für biegesteife Rohre ist auf Grund fehlender Verformung und Bettungsreaktion das Erddruckverhältnis K2 = K1.
Die nachfolgenden Abbildungen zeigen die Ergebnisse der statischen Berechnungen der biegeweichen Rohrleitungen. Das Erddruckverhältnis K2 beträgt bei allen Variationen 0,4. Bild 8 gibt für das PVC-U-Rohr mit DN 500 die Sicherheiten in der Sohle an.
Die Ergebnisse verdeutlichen, dass Variante 1 und 2 höhere Sicherheiten des Spannungsnachweises gegenüber der konventionellen Grabenverfüllung aufweisen.
Der Nachweis der Verformungen ist insbesondere für den Langzeitfall zu führen.
In Bild 9 zeigt sich für das PVC-U-Rohr, dass die relativen vertikalen Verformungen δv bei der konventionellen Verfüllmethode deutlich über denen bei WBM-Teil- oder Vollverfüllung des Rohrgrabens liegen. Die Verfüllung der Leitungszone mit WBM (Variante 1) führt zu kleineren Verformungen. Wenn auch die Hauptverfüllung mit WBM ausgeführt wird, treten die geringsten vertikalen Verformungen auf.

Für ein biegeweiches Rohr mit zugehöriger Nennsteifigkeit (UP-GF-Rohr) sind die in Bild 10 enthaltenen Verformungswerte δv bei unterschiedlichen Verfüllvarianten des Rohrgrabens und verschiedenen Auflagerwinkeln 2α zu verzeichnen.
Die Varianten 1 (WBM in Leitungszone) und 2 (WBM im gesamten Rohrgraben) bewirken bei einem glasfaserverstärkten Polyesterharz-Rohr mit DN 500 (Grabenbreite: 1,4 m) kaum unterschiedliche Rohrverformungen. Die Verformungen reduzieren sich allerdings auf nahezu die Hälfte der Verformungen gegenüber konventioneller Grabenverfüllung.
Auch beim Dehnungsnachweis für das UP-GF-Rohr (Bild 11) zeigt sich, dass die Verfüllung des Rohrgrabens mit WBM gegenüber der konventionellen Verfüllmethode eine deutliche Erhöhung der Sicherheiten bewirkt.
Die biegeweichen Rohre sind gleichermaßen für den Nenndurchmesser DN 300 (Grabenbreite: 1,0 m) bzw. DN 1000 (nur bei UP-GF-Rohr) statisch nachgewiesen worden. Hierzu lassen sich analoge Schlussfolgerungen zum DN 500 ziehen.
WEITERE ANWENDUNGSFELDER
Das gesamte Anwendungsfeld für das Boden-Mörtel-Verfahren im Tief- und Straßenbau ist derzeit noch nicht erschlossen. Wo beengte Platzverhältnisse den Einbau und die Verdichtung von ungebundenen Lockergesteinen behindern, vor allem dann, wenn hohe Ansprüche an die Verdichtung zu erfüllen sind, wie als Untergrund für Verkehrsflächen u. ä. auch Bauwerkshinterfüllungen, Auffüllungen und Überschüttungen gehören hierzu, stellen fließfähige verdichtungslos einbaubarere Verfüllmaterialien ein kostengünstiges alternatives Bauverfahren dar. Auch Abschwemmsperren bei stark geneigten Leitungstrassen, Eindichten von Schächten in Ver- und Entsorgungsnetzen, Verfestigung locker gelagerter Sande, Anwendung von Trenn- und Dichtungsschichten in der Umwelttechnik usw. stellen neben der Verwertung von Aschen und landschaftlicher Rekultivierungs- und Sanierungsmaßnahmen weitere zu erschließende Anwendungsfelder dar.
LITERATUR
[1] http://www.tu-berlin.de/presse/tui/97feb/reifen.htm.    

[2] Österreichisches Patent AT Nr. 374163: Gießfähige Mischungen, vorzugsweise zum Verfüllen von Künetten, Gräben und dgl. vom 15.08.1984.

[3] Hoffmann, H.-W.; Göhler, T..: Erfahrung beim Einsatz von selbstverdichtenden Verfüllmaterialien. Vortrag während der 6. Bregenzer Rohrleitungstage am 30.September/01.Oktober 2003. Tagungsmaterial, Ordner.

[4] „Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen Reststoffen / Abfällen“ (LAGA-Richtlinie). Technische Regel der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall.

[5] Werner, D.; Henning, O.: Schmalere Leitungsgräben durch verdichtungslose Rohrbettung und –verfüllung – ein neuer wirtschaftlicher Lösungsansatz. ROHRBAU-Mitteilungen 1/97, S. 33-41, Herausg. Forschungsinstitut für Tief- und Rohrleitungsbau Weimar e. V. 1997.

[6] Berger, W.: Zeit- und kostensparender Rohrleitungsbau mit Bodenmörtel. Veröffentlicht in den Materialien zum HTI-Forum am 7. Oktober 1999 in Weimar.

[7] Berger, W.; Krausewald, J.; van Heyden, L.: Boden-Mörtel – Anwendungsfragen und Wirtschaftlichkeit für den Tiefbau der Gasverteilung. GWF Gas Erdgas 8/1999, S. 513-518.

[8] Berger, W.; Büchner, U.: Anwendung von stabilisierten Verfüllmaterialien bei besonderen Einbauanforderungen. Vortrag auf dem 8. ROHRBAU-Kongress „Innovationen für das neue Jahrhundert“ am 1./2. Dezember 1999 in Weimar. Tagungsband, S. 193-204.

[9] Berger, W.; Keller, H.; Grage, Th.: Experimentelle Erfassung der Interaktion von Kunststoffmantelrohren der Fernwärmeversorgung und neuartigen Rohreinbettungsverfahren. 3R international, Zeitschrift für die Rohrleitungspraxis. Heft 1, Januar 2000 (39), S. 33-38.

[10] Berger, W.: Beanspruchungs- und Kostenreduzierung durch Anwendung „stabilisierter Verfüllmaterialien“ SVM. Vortrag zur rbv-DVGW-Informationsveranstaltung „Erd- und Oberflächenarbeiten im Rohrleitungsbau am 17. Februar 2000 in Karlsruhe. Tagungsmaterial, Ordner.

[11] Lübbecke, St.: Einfachere Möglichkeiten – Weimarer Bau-Mörtel als Verfüllmaterial beim modifizierten Pilot-Vortriebsverfahren. ROHRBAU-Journal 2/2000, S.30-31.

[12] Witt, K. J.: Bodenmechanische Eigenschaften stabilisierter Verfüllmaterialien. Vortrag auf dem 9. ROHRBAU-Kongress „Innovativer Rohrleitungsbau“ am 6./ 7. Dezember 2000 in Weimar. Tagungsband, S. 230-231.

[13] Berger, W.: Neue Entwicklungen bei Erd- und Oberflächenarbeiten. Materialien der brbv-Informations-veranstaltung für Rohrnetzmeister „Neue Technologien / Regelwerke“ am 19./20. März 2001 in Köln.

[14] Berger, W.: Entwicklungen bei Erd- und Oberflächenarbeiten für den Einsatzbereich Fernwärme. Materialien des rbv-AGFW-Erfahrungsaustauschs für Fernwärme-Meister „Neue Technologien / Regelwerke“ am 19./20. März 2001 in Köln.

[15] Berger, W.: Klassifizierung und Bewertung des anstehenden Bodens. Vortrag zur brbv-Informationsveranstaltung in Zusammenarbeit mit Güteschutz Kanalbau „Tiefbauarbeiten im Rohrleitungsbau – Neuerungen aus der DIN 4124 im Entwurf“ am 9. Oktober 2001 in Berlin. Tagungsmaterial, Hefter, 12 S.

[16] Berger, W.: Beanspruchung von Rohrleitungen in der Einbauphase. Vortrag auf der rbv-DVGW-Informationsveranstaltung „Kunststoffrohre in der Gas- und Wasserversorgung – Verlängerung zur GW 331 – “ am 10. Januar 2002 in Bremen. Tagungsmaterial, Ordner.

[17] Berger, W.; Büchner, U.: Alternative Grabenverfüll-Materialien. Vortrag auf der DVGW-Informationsveranstaltung „Mitbenutzen von Verkehrswegen“ am 22./23. Januar 2002 in Hildesheim. Tagungsmaterial, Ordner.

[18] Berger, W.; Krausewald, J.: Selbstverdichtende Verfüllmaterialien. Vortrag auf der 15. Fachmesse „Fern-/Nahwärmetechnik 2002“ am 19. März 2002 in Köln.

[19] Kirmse, J.: Erfahrungen bei der Anwendung von WBM Weimarer Boden-Mörtel®. Vortrag auf dem 12. ROHRBAU-Kongress „Instandhaltung von Leitungsnetzen“ am 1./2. Dezember 2004 in Weimar. Tagungsband, S. 108-116. Spahn K., Berger W., Mälzer D.: Statische Berechnung von in selbstverdichtenden Verfüllmaterialien (SVM) eingebetteten Rohrleitungen, bi umweltbau-information, Nr. 6/Dezember 2005, S. 37-41

Kontakt

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