Zusammenhänge zwischen Straßen und Kanalnetzschäden - Erkenntnisse aus einem Infrastruktur-Management-System

29.11.2007

In der Stadt Rietberg, Kreis Gütersloh, wurde ein gemeinsames Erhaltungsmanagementsystem für die Infrastruktur des Straßen- und des Abwasserkanalnetzes erstellt. Es dient u. a. der Bestands- und Zustandsdatenhaltung sowie der Wertermittlung der Infrastruktur. Zusätzlich zur messtechnischen Zustandserfassung der Fahrbahnen wurden auf zwei Straßenabschnitten die Schäden an den Verkehrsflächen speziell im Bereich der Fahrbahnabläufe, Schächte und entlang der Kanalhaltungen detailliert erfasst. Durch einen Lagevergleich wurden systematisch diejenigen Stellen ermittelt, an denen sowohl Schäden an der Verkehrsflächenbefestigung als auch Schäden im Kanalnetz vorhanden sind, um Interaktionen aufzuzeigen. Die mechanische Interaktion konnte bei einer unterdimensionierten Fahrbahnbefestigung für einen Schaden am Regenwasserkanal mit Hilfe eines FEM-Ansatzes nachgewiesen werden. Die Identifikation ursächlich zusammenhängender Straßen- und Kanalnetzschäden bildet eine wichtige Grundlage für Maßnahmenentscheidungen in der Erhaltungsplanung.

1. Gemeinsame Betrachtung des Straßen- und des Kanalnetzes
Nach Inkrafttreten des Gesetzes über ein Neues Kommunales Finanzmanagement für Gemeinden (NKF) [1] müssen die Kommunen in Nordrhein-Westfalen ihre bisherige kameralistische Finanzbuchhaltung zum Haushaltsjahr 2009 auf das System der doppelten Buchführung umstellen. Spätestens zum Stichtag 01.01.2009 müssen sie eine Eröffnungsbilanz vorlegen, die eine Vermögens- und Schuldenübersicht enthält. Dazu ist u. a. eine Wertermittlung der kommunalen Infrastruktur durchzuführen. Zur kommunalen Infrastruktur gehören neben den öffentlichen Gebäuden auch die Verkehrsinfrastruktur und die Leitungsnetze, soweit sie sich im Eigentum der Kommune befinden.
In der Stadt Rietberg, Kreis Gütersloh, wurde beschlossen, zur Bestands- und Zustandserfassung und zur darauf basierenden Wertermittlung von Straßen- und Kanalnetz ein gemeinsames Erhaltungsmanagementsystem aufzubauen. Derartige Systeme, die der Bestandsdatenhaltung und Erhaltungsplanung für unterschiedliche Arten der Infrastruktur in einem gemeinsamen Managementprozess dienen, werden als Infrastruktur- oder Asset- Management-Systeme bezeichnet. Beinhalten sie die Straßeninfrastruktur einschließlich der Nebenanlagen sowie andere Infrastrukturelemente (z. B. Brücken, Beschilderung, Kanalnetz), so werden sie auch „Erhaltungsmanagementsysteme der Straßeninfrastruktur“ genannt. Für Innerortsstraßen, unter deren Befestigung üblicherweise die Abwasserkanäle verlegt sind, ist ein gemeinsames Erhaltungsmanagement für beide Infrastrukturnetze möglich und für zahlreiche Fragestellungen sinnvoll.
Im Rahmen eines Forschungsprojektes, das durch das Forschungsinstitut für Tiefund Rohrleitungsbau Weimar geleitet wurde, wurde für die Stadt Rietberg ein Melde- und Umweltinformationssystem im Kanalbau aufgebaut. Hierfür wurde u. a. die zuvor vorhandene Kanaldatenbank wesentlich erweitert und aktualisiert sowie eine Zustandsbewertung der Regenwasserund Schmutzwasserkanäle durchgeführt. In einer zweiten Projektphase wurde die Kanaldatenbank um die Inhalte einer Straßendatenbank erweitert und der Zustand der Fahrbahnen in einem Teilnetz messtechnisch erfasst [2].
Für die Planung von Erhaltungsmaßnahmen an Verkehrsflächen kann durch die Nutzung der gemeinsamen Straßen- und Kanaldatenbank der Frage nachgegangen werden, ob die unter den Verkehrsflächen verlegten Abwasserkanäle erhaltungsbedürftig sind und ob sie in offener oder geschlossener Bauweise saniert werden müssen. Gleiches gilt bei umgekehrter Betrachtung. Auch für die Wertermittlung der Infrastruktur ist die Antwort auf diese Frage von wesentlicher Bedeutung, da ggf. Rückstellungen für vorzeitige Sanierungsmaßnahmen zu bilden sind. So ist zu berücksichtigen, dass die Abschreibungszeiten (planmäßige Nutzungsdauern) von Fahrbahnbefestigungen mit ca. 40 Jahren, diejenigen der Entwässerungskanäle, je nach Rohrtyp, mit ca. 50 bis 80 Jahren anzusetzen sind. Vor diesem Hintergrund ist die Interaktion von Straßen- und Kanalnetzschäden, die im Rahmen des Forschungsprojektes exemplarisch untersucht wurde, von besonderem Interesse.
2. Aufbau und Inhalte des betrachteten Infrastruktur-Management-Systems
In einem ersten Realisierungsschritt wurde für das Infrastruktur-Management-System ein Kanalinformationssystem erstellt, in dem die Bestandsdaten, die Zustandsdaten und Zustandsbewertungen auf der Basis der Ergebnisse von Kamerabefahrungen in einer Datenbank gespeichert sind. Als Lokalisierungssystem und gleichzeitig als Ordnungssystem für die Datenbank dient ein Knoten-Kanten-Modell, in dem die Schächte die Knoten, die Haltungen die Kanten bilden. Durch eine örtliche Markierung der Schächte (Knoten) mit Hilfe von Transpondern (RFID-Chips) ist die Orientierung im Kanalnetz und die Datenzuordnung unter Verwendung von Lesegeräten möglich. Im Rahmen der Kanalnetzbewirtschaftung erfolgte eine Zustandsbewertung der Abwasserkanäle anhand der Schutz- bzw. Erhaltungsziele „Dichtheit“, „Funktionsfähigkeit“ und „Sicherheit“.
Das als Ordnungssystem für die später ergänzte Straßendatenbank verwendete Netzknoten-/Stationierungssystem gemäß der „Anweisung Straßendatenbank“ (ASB) (vgl. E EMI 2003 [3]) ist ebenfalls ein Knoten-Kanten-Modell und eröffnet damit durch die Ähnlichkeit der Datenstruktur eine Verknüpfungsmöglichkeit mit der Kanaldatenbank. Als Datenbankinhalte für die Infrastrukturelemente "Straßennetz" wurden neben Bestands- auch Zustandsdaten gespeichert. Letztere entstammen einer messtechnischen Zustandserfassung und bewertung in einem Teil des Rietberger Straßennetzes sowie einer ersten punktuellen Beurteilung der Fahrbahnsubstanz anhand von Bestands- und Verkehrsdaten.
Die Inhalte der gemeinsamen Infrastrukturdatenbank „Straßen- und Kanalnetz“ dienten als Grundlage für eine Wertermittlung der Infrastruktur gemäß NKF.
Unter anderem für Fragen der Erhaltungsplanung können die Datenbestände des Straßen- und Kanalnetzes gemeinsam genutzt werden. Die Entscheidung über die Sanierung von Kanalnetzschäden in Form der offenen oder der geschlossenen Bauweise mit oder ohne gleichzeitige Erneuerung der Verkehrsflächenbefestigung kann dann unter Nutzung der jeweiligen Zustandsdaten und der Befahrungsvideos bzw. bilder direkt am Schreibtisch getroffen werden. Gleiches gilt bei der Entscheidung über die Erneuerung der Verkehrsflächenbefestigung.
3. Interaktion von Straßenund Kanalnetzschäden
3.1 Prinzipien der Interaktionen Straße und Kanal
Die Interaktionen zwischen den in Verkehrsflächenbefestigungen installierten Kanälen bzw. Leitungen und den Befestigungen selbst ergeben sich aufgrund der in der Regel unterschiedlichen mechanischen Eigenschaften (Leitung einerseits und Befestigung andererseits), die das Verformungs- und Betriebsverhalten des Gesamtbauwerkes „Straße ohne Leitung“ bzw. „Straße plus Leitung“ beeinflussen. Die Interaktionen sind somit (zumindest theoretisch) stets vorhanden und wegen der intern statisch unbestimmten Systeme, Verkehrsflächenbefestigung ohne oder mit Kanal, durch den internen Verbund mechanisch zwangsbedingt. Diese prinzipiellen Zusammenhänge lassen sich anhand einfacher mechanischer Modelle, z. B. mittels der Mehrschichtentheorie oder mit Finite- Elemente-Modellen, physikalisch belegen und erklären. Die auf die Leitungen einwirkenden mechanischen Beanspruchungen hängen somit neben den von außen wirkenden Lasten (Verkehrslasten, Eigengewicht) maßgeblich von den Abmessungen und den mechanischen Eigenschaften der umgebenden Befestigungen sowie von denen der Leitungen selbst ab.
Die Verkehrsflächenbefestigungen sollten zur Gewährleistung gleichmäßiger Verformungen bzw. eines gleichmäßigen Verformungsverhaltens idealerweise homogen bemessen und hergestellt werden. Die strukturelle Homogenität wäre somit Voraussetzung dafür, dass die sich im Hinblick auf Fahrkomfort und Verkehrssicherheit negativ auswirkenden ungleichmäßigen bleibenden Verformungen gar nicht erst ausbilden könnten (vgl. u. a. bei Bartolomaeus [7]). Da die Leitungen bzw. Kanäle im Fahrbahnkörper grundsätzlich andere mechanische Eigenschaften besitzen als die leitungsumgebenden Einbettungen, sind die Kanäle und Schächte in den Fahrbahnbefestigungen strukturelle Inhomogenitäten und daher mehr oder weniger wirksame (Mit-) Verursacher der unerwünschten und schädlichen Fahrbahnunebenheiten.
Die Interaktionen und die Beeinträchtigungen, absolut und relativ gegenüber dem Fahrbahnverhalten ohne Leitungen, entstehen prinzipiell aus drei Gründen, wobei auch Kombinationen dieser Ursachen auftreten: 
(1) Primäre Interaktionen:
Primäre Interaktionen resultieren allein aufgrund des Vorhandenseins der Leitungen und Schächte an sich, in Form ihrer singulären Inhomogenität gegenüber der „normalen“ und im Idealfall ansonsten homogenen Verkehrsflächenbefestigung. Denkbar bzw. anzustreben ist, dass die Leitungskörper dieselben mechanischen Eigenschaften aufweisen wie die umgebenden bzw. die sie einbettenden Befestigungsschichten. Dies wird mittels der ZTV A StB [8] und der darin verankerten Verarbeitungshinweise und Verdichtungsanforderungen zwar angestrebt, jedoch praktisch nicht erreicht, weil die Leitungen und Schächte andere Verformungseigenschaften besitzen als die Schichten der Verkehrsflächenbefestigungen.
(2) Sekundäre Interaktionen:
Sekundäre Interaktionen sind begründet durch eventuelle Beschädigungen der Leitungen selbst, während bzw. nach dem Einbau, z.B. durch mechanische Überbeanspruchungen:

(2a) durch den Bau und/oder die Verkehrsbeanspruchung,
(2b) durch Undichtigkeiten (Muffen), Ausspülungen und /oder Rohrbrüche.
(3) Tertiäre Interaktionen:
Tertiäre Interaktionen ergeben sich aufgrund von Leitungsaufgrabungen nach der erstmaligen Herstellung, Neubau oder Erneuerung, der Verkehrsflächenbefestigung (z. B. wegen notwendiger Sanierung oder Modernisierung usw.). Die nachträglichen Aufgrabungen sind an den Fahrbahnoberflächen stets unmittelbar sichtbar und stellen bereits damit eine visuell-optische Beeinträchtigung (Flickstellen, Fugen) dar. Sämtliche Aufgrabungen müssten stets vollständig dokumentiert werden (geometrisch, strukturell, mechanische Eigenschaften, örtliche Lage und Zeitpunkt der Maßnahmen etc.)
Die tertiären Interaktionen bzw. Schäden infolge bzw. im Zusammenhang mit Aufgrabungen sind mengen- und größenmäßig am häufigsten und gravierendsten. Sie wurden bereits vielfach dokumentiert und erkundet (vgl. u. a. in [4]).
Zur Identifikation und detaillierten Erkundung der Interaktionen müssten die Betriebs- und Befestigungsdaten, u. a. die Verkehrsbelastungen nach Art, Größe und Verteilung, das Klima- und Wettergeschehen, Anordnungen, Eigenschaften und Entwicklungen der Befestigungen und der Leitungen, fortlaufend im Rahmen eines Straßen- und Kanalnetzmanagements registriert werden.
Interaktionen bzw. Fahrbahnschäden infolge von direkten und unmittelbaren Rohrleitungsschäden sind bisher kaum systematisch identifiziert, erkundet und dokumentiert worden. Ausnahmsweise wird gelegentlich über spektakuläre Leitungsschäden berichtet, z. B. über Wasserrohrbrüche, Leitungsexplosionen, Frostschäden oder/und Unterspülungen. Hierbei werden meistens nur die Ereignisse journalistisch dargestellt, ohne Recherchen über die Ursachen der Schäden durchzuführen. 
3.2 Vorgehensweise zur Schadensermittlung
Im Rahmen des erwähnten Forschungsprojektes [2] wurden in der Stadt Rietberg zwei Straßenabschnitte gezielt untersucht [5] [6], in denen eine größere Anzahl von Straßen- und Kanalnetzschäden vorhanden war. Hierbei handelte es sich einerseits um eine innerörtliche Hauptverkehrsstraße mit erheblicher Schwerverkehrsbelastung und stark ausgeprägten Fahrbahnschäden, in der der Regenwasserkanal mit nur geringer Scheitelüberdeckung an einigen Stellen quer unter der Fahrbahn verlegt war. Durch die im Beobachtungszeitraum ausgeführte Erneuerung der Abwasserkanäle und der Verkehrsflächenbefestigungen bestand die Möglichkeit, die Rohrleitungen an den geschädigten Stellen freizulegen. Daneben wurde eine Anliegerstraße mit geringer Verkehrsbelastung untersucht, in der eine Vielzahl von Schäden sowohl im Regenwasser- als auch im Schmutzwasserkanal vorhanden waren und infolge von Setzungsschäden in der Fahrbahn eine Interaktion vermutet wurde.
Im einen Falle wurde das Schadensbild der Fahrbahn und des Gehwegs detailliert aufgenommen und in Planunterlagen mit dem Schadensbild im Regenwasser- und Schmutzwasserkanal überlagert. Durch Aufgrabungen konnten Schadenszusammenhänge anschaulich aufgezeigt werden. Im anderen Falle wurden Fahrbahn- und Gehwegschäden nur im Bereich der Schächte und entlang des Verlaufes der Haltungen aufgenommen und mit den Darstellungen der Schäden im Kanalnetz überlagert.
3.3 Unterscheidung von Schadensgruppen anhand der Schadensursachen
Aus einer Betrachtung der vorgefundenen Straßen- und Kanalnetzschäden lassen sich vier Schadensgruppen ableiten:
1.) Schäden ohne gegenseitige Beeinflussung (Abb. 4 u. 5)
Bei Ablagerungen im Kanalnetz, die sich als Abflusshindernisse auswirken (Sedimentation, Inkrustation) und bei den auf die Deckschicht begrenzten Oberflächenschäden an den Verkehrsflächenbefestigungen (Griffigkeitsmängel, Ausmagerungen/Splittverluste, Bindemittelanreicherungen ...) ist kein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Schäden an beiden Infrastrukturelementen gegeben.
2.) Schäden mit Schadensursachen im Kanalnetz (Abb. 6-11)
Undichtigkeiten im Schmutz- oder Regenwasserkanal, deren Ursachen z. B. auf Riss- und Scherbenbildung, auf undichte Muffenverbindungen oder Muffenversätze zurückzuführen sind, verursachen häufig die Infiltration von Boden und/oder Verfüllmaterial in das Rohr. Auf diese Weise kommt es zu Setzungen und Sackungen, die sich durch die Verkehrsflächenbefestigung bis zur Fahrbahnoberfläche auswirken können. Sie sind an der Fahrbahnoberfläche in Form von Unebenheiten, Rissbildung oder Flickstellen feststellbar. Das Vorhandensein derartiger Fahrbahnschäden kann jedoch nicht grundsätzlich auf Schäden im Kanalnetz zurückgeführt werden, da auch andere Schadensursachen vorliegen können. Die in den nachfolgenden Abbildungen dargestellten Kanalnetz- und Straßenschäden traten hingegen unmittelbar über- bzw. untereinander befindlich auf, sodass eine Interaktion vermutet werden kann. Derartige Schadenszusammenhänge sind der primären, überwiegend aber der sekundären Interaktion zuzuordnen.








3.) Schäden mit Schadensursachen in der Verkehrsflächenbefestigung (Abb. 12-15)
Schäden im Kanalnetz können u. a. auf unterdimensionierte oder strukturell geschädigte Fahrbahnbefestigungen zurückgeführt werden. Erweist sich die Verkehrsflächenbefestigung hinsichtlich der vorhandenen (Schwer-)Verkehrsbelastung als unterdimensioniert oder sind bereits strukturelle Schäden in Form von Rissbildung vorhanden, so weist ggf. die Verkehrsflächenbefestigung gegenüber den mechanischen Verkehrslasten eine nicht ausreichende lastverteilende Wirkung auf. Die Folge ist eine erhöhte Auflast der zum Teil mit geringer Überdeckung verlegten Rohrleitungen. Dadurch werden Rissbildungen im Rohr und Muffenausbrüche verursacht. Derartige Schadenszusammenhänge sind überwiegend der sekundären Interaktion zuzuordnen.
Die Dimensionierung der Verkehrsflächenbefestigung kann entsprechend der in den RStO 01 [9] beschriebenen Vorgehensweise überprüft werden. Ihre lastverteilende Wirkung kann durch Tragfähigkeitsmessungen beurteilt werden.
Die Bilder 12 bis 14 zeigen die Fahrbahnbefestigung der untersuchten innerörtlichen Hauptverkehrsstraße, die anhand der Schwerverkehrsbelastung in die Bauklasse II gemäß RStO 01 einzuordnen ist. Anstelle der somit erforderlichen Dicke der Asphaltbefestigung von 22 cm weist sie lediglich eine Asphaltaufbaudicke von ca. 8 cm auf. Durch Aufgrabung konnte gezeigt werden, dass in dem quer unter der Fahrbahn mit einer Rohrüberdeckung von 60 cm hindurch geführten Regenwasserkanal eine vollständig ausgebrochene Muffenverbindung vorhanden war (Bild 15). Anhand der nachfolgend erläuterten Ergebnisse einer FEM-Berechnung wurden die mechanischen Zusammenhänge aufgezeigt.








4.) Schäden durch die gegenseitige Beeinflussung von Anlagen des Kanalnetzes und der Verkehrsflächenbefestigung (Abb.16-19)
Schächte und starre Rohrleitungen sowie die zum Teil nicht ausreichend verdichteten Rohrgrabenverfüllungen stellen Inhomogenitäten in den Verkehrsflächenbefestigungen dar. Als Folge ergeben sich zum Teil unvermeidbare Unebenheiten und Rissbildungen in den Verkehrsflächenbefestigungen, z. B. durch abgesackte oder „herausgewachsene“ Schächte und Setzungen in Haltungsbereich. Als Folge kommt es beispielsweise zu Undichtigkeiten der Rohranschlüsse an die Schächte. Derartige, häufig durch Setzungen im Bereich der Schächte und der Leitungszone zu charakterisierende Schäden sind den primären und tertiären Schadenszusammenhängen zuzuordnen.
4. Ermittlung und Beschreibung der Interaktionen mittels kontinuumsmechanischer Berechnungsverfahren
Zur orientierenden Abschätzung und Darstellung der Interaktionen wurden für die in den Bildern 12 bis 15 dargestellte Schadensstelle die mechanischen Beanspruchungen 12 und 13 Schwerverkehrsbelastung der Hauptverkehrsstraße (links) und muldenartige Setzung sowie Flickstelle in Fahrbahnmitte über einem quer zur Fahrbahn verlaufenden Regenwasserkanal (rechts) 14 und 15 Vorhandene Dicke der Asphaltbefestigung: ca. 8 cm (links) und muldenartige Setzung sowie Flickstelle in Fahrbahnmitte über einem quer zur Fahrbahn verlaufenden Regenwasserkanal (rechts) 16 und 17 Setzungen am Fahrbahnrand und auf der Fahrbahn im Verlauf der Kanaltrasse (links) und Fahrbahnschäden an einer wiederhergestellten Aufgrabung sowie an einem Schacht (rechts) Kanalbau Erhaltungsmanagement tis 10/2007 23 mit Hilfe eines Finite-Elemente-Modells theoretisch berechnet. Die Rechengrundlagen und die vollständigen Rechenergebnisse werden hier wegen des großen Umfanges nicht dargestellt. Der festgestellte Aufbau der Fahrbahnbefestigung ist hinsichtlich der vorhandenen Verkehrsbelastungen unterbemessen, weswegen zusätzlich die entsprechenden Beanspruchungen der für die ermittelten Verkehrslastmengen gemäß RStO [9] anforderungsgerecht bemessenen Standardbauweise ermittelt und denen der vorhandenen Befestigung gegenübergestellt wurden.
Die mit den FEM-Modellen und –Algorithmen exemplarisch ermittelten vertikalen Axialspannungskomponenten der vorhandenen Befestigungskonstellation und die der gemäß RStO 01 angemessenen Standardbauweise sind, jeweils mit Berücksichtigung einer eingebetteten Rohrleitung, in den nachfolgenden Bildern (Abb. 20 u. 21) dargestellt. In beiden Abbildungen sind gleiche Farben für gleiche Spannungsniveaus verwendet.
Aus den vorstehenden Darstellungen ist erkennbar, dass die mechanischen Beanspruchungen, hier die setzungsrelevanten Axialspannungskomponenten der Fahrbahnbefestigungen, unter sonst gleichen Umständen für den vorhandenen Aufbau wesentlich höher als die der anforderungsgerecht bemessenen Standardbauweise sind. Andererseits sind die Beanspruchungen der Rohrleitung in bzw. unter der Standardbauweise wesentlich geringer als die in Verbindung mit dem vorhandenen, unterbemessenen Straßenaufbau. Die Interaktionen zwischen den Befestigungs- und den Leitungskonstellationen können mit Hilfe von FEM-Untersuchungen unmittelbar festgestellt und bewertet werden.
Bild 20: Durch FEM-Berechnung ermittelter Verlauf der Vertikalspannungen σz (qualitativ) infolge der Einzelradlast von 100 kN eines SLW 60 fur die vorhanden gewesene unterbemessene Fahrbahnbefestigung (Farben rot, dunkelorange: Zugspannungen; Farben hell-orange, gelb, grun, blau: Druckspannungen)
Bild 21: Durch FEM-Berechnung ermittelter Verlauf der Vertikalspannungen σz (qualitativ) infolge der Einzelradlast von 100 kN eines SLW 60 unter der Annahme, dass eine entsprechend RStO 01 bemessene Fahrbahnbefestigung vorhanden gewesen ware (Farben dunkel-orange: Zugspannungen; Farben hell-orange, gelb, grun, blau: Druckspannungen)
Die Ergebnisse der Berechnungen lassen erkennen, dass durch die Anordnungen von starren Leitungen in Fahrbahnbefestigungen die mechanischen Beanspruchungen der Aufbauten vergleichsweise erhöht werden. Die Abhängigkeiten und Interaktionen können anhand von kontinuumsmechanischen Berechnungen quantitativ und qualitativ ermittelt werden. Mit Hilfe Finiter-Elemente-Ansätze lassen sich die Zusammenhänge mit praktisch hinreichender Genauigkeit und Transparenz aufzeigen.
5. Erkennbarkeit von Zusammenhängen zwischen Straßen- und Kanalnetzschäden
Schäden an der Verkehrsflächenbefestigung, deren Schadensentstehung mit Schäden am Kanalnetz in Verbindung steht, sind nicht klar und eindeutig von sonstigen Schäden abzugrenzen. Zusammenhänge zwischen Straßen- und Kanalnetzschäden lassen sich nur aufzeigen, sofern eine gemeinsame Lokalisierung festgestellter Straßen- und Kanalnetzschäden erfolgt. Dabei gilt:
  • Die betreffenden Schäden an der Verkehrsflächenbefestigung müssen sich im Bereich von Schächten, Fahrbahnabläufen und/oder Kanalhaltungen befinden und
  • gleichzeitig sind an gleicher Stelle oder benachbart Schäden am Kanalnetz in Form von Rissen, Scherbenbildung, Muffenausbrüchen und/oder anderen Undichtigkeiten vorhanden. 
Eine gezielte Identifikation von Schäden an den Verkehrsflächen, die sich im Bereich von Schächten, Abläufen und Haltungen befinden, ist bei einer visuellen Zustandserfassung der Verkehrsflächen bereits ergänzend möglich. Eine zusätzliche Lokalisierung und Dokumentation dieser Schäden, wie sie hier durchgeführt wurde, ist allerdings mit einem erheblichen Zusatzaufwand verbunden.
Die derzeitige Methodik der messtechnischen Zustandserfassung und –auswertung ermöglicht hingegen nicht unmittelbar eine Identifikation dieser Schäden. Selbst bei einer Länge der Auswerteabschnitte von 10 m lassen sich aufgrund der Mittelwertbildung bei der Ermittlung maßgebender Zustandsindikatoren derartige, meist kleinflächig auftretende Fahrbahnschäden nicht sicher erkennen (vgl. Bild 22). Sinnvoll erscheint daher eine ergänzende Auswertung der Rohdaten der Zustandserfassung mit einer gezielten Suche nach Fahrbahnschäden im Bereich der Anlagenteile des Kanalnetzes.
6. Zusammenfassung
Durch die Einführung eines gemeinsamen Erhaltungsmanagementsystems für das Straßen- und das Kanalnetz liegen in der Stadt Rietberg die Zustandsinformationen für das Abwassernetz sowie die Ergebnisse der messtechnischen Straßenzustandserfassung in einer gemeinsamen Datenbank vor. Durch eine zusätzliche exakte Lokalisierung und Dokumentation der Schadensbilder an den Verkehrsflächen von zwei Straßenabschnitten und eine Überlagerung dieser Schäden mit der Lage der Schäden im Kanalnetz konnten gezielt Schadenszusammenhänge untersucht werden. So wurden Schadensstellen identifiziert, bei denen Straßen- und Kanalnetzschäden an gleicher Stelle vorhanden sind.
Anhand der Schadensursachen wurden
  1. Schäden ohne gegenseitige Beeinflussung,
  2. Schäden mit Schadensursachen im Kanalnetz,
  3. Schäden mit Schadensursachen in der Verkehrsflächenbefestigung und
  4. Schäden durch die gegenseitige Beeinflussung von Anlagen des Kanalnetzes und der Verkehrsflächenbefestigung
abgegrenzt und beispielhaft in Bildern dokumentiert.
Für einen Muffenausbruch im Regenwasserkanal konnte durch die Ermittlung der Verkehrsbeanspruchung mit Hilfe eines Finite-Elements-Modells die mechanische Interaktion exemplarisch aufgezeigt und als Schadensursache die unterdimensionierte Fahrbahnbefestigung identifiziert werden.
Für eine Abgrenzung von Fahrbahnschäden, die mit Kanalnetzschäden in Verbindung stehen, ist bei der visuellen Zustandserfassung der Verkehrsflächen eine gezielte Suche nach derartigen Schäden im Bereich der Fahrbahnabläufe, Schächte und über dem Haltungsverlauf notwendig. Eine Identifikation derartiger Schäden bei der messtechnischen Zustandserfassung erfordert zukünftig eine gezielte Auswertung der Erfassungsdaten. Eine Reduzierung der Länge der Auswerteabschnitte auf nur 10 m erweist sich als nicht ausreichend.
Die Ermittlung von Zusammenhängen zwischen Straßen- und Kanalnetzschäden bildet eine Grundlage für Entscheidungen in der Erhaltungsplanung. Unter Berücksichtigung der Schadensursachen kann über die Sanierung von Kanalnetzschäden in Form der offenen oder der geschlossenen Bauweise mit oder ohne gleichzeitige Erneuerung der Verkehrsflächenbefestigung entschieden werden. Gleiches gilt bei der Entscheidung über die Erneuerung der Verkehrsflächenbefestigung.


Literatur

1 Gesetz uber ein Neues Kommunales Finanzmanagement fur Gemeinden im Land Nordrhein-Westfalen (Kommunales Finanzmanagementgesetz NRW . NKFG NRW) vom 16. November 2004

2 Forschungsinstitut fur Tief- und Rohrleitungsbau Weimar e. V.: Melde- und Umweltinformationssystem im Kanalbau der Stadt Rietberg, Abschlussbericht des Gemeinschaftsprojektes; Rietberg, 30.09.2006

3 Forschungsgesellschaft fur Strasenund Verkehrswesen (Hrsg.): Empfehlungen fur das Erhaltungsmanagement von Innerortsstrasen, Ausgabe 2003 (E EMI- 2003); Koln, 2003

4 Numrich, R; .Wellner, F.: Setzungsverhalten von Verkehrsflachenbefestigungen im Zusammenhang mit Tiefbaumasnahmen; Forschungsprojekt der Stiftung der Niedersachsischen Bauindustrie; Fachgebiet Konstruktiver Strasenbau im Institut fur Verkehrswirtschaft, Strasenwesen und Stadtebau der Universitat Hannover; Hannover, 1997


5 Westerfeld, M.: Untersuchung von Zusammenhangen zwischen Fahrbahnund Rohrleitungsschaden am Beispiel der Platzstrase in Rietberg-Neuenkirchen; Diplomarbeit am Fachbereich Bauingenieurwesen der Fachhochschule Lippe und Hoxter; Detmold, 2005 (unveroffentlicht)

6 Bourdane, A.: Ermittlung von Zusammenhangen zwischen Strasen- und Kanalnetzschaden unter Berucksichtigung der Ergebnisse messtechnischer Zustandserfassungen; Diplomarbeit am Fachbereich Bauingenieurwesen der Fachhochschule Lippe und Hoxter; Detmold, 2006 (unveroffentlicht)

7 Bartolomaeus, W.: Uber die Entwicklung von Fahrbahnunebenheiten aus Homogenitatsschwankungen bei Asphaltbetonstrasen; Mitteilungen aus dem Fachgebiet


Die Autoren:

Prof. Dr.-Ing. Martin Köhler
Fachhochschule Lippe und Höxter, Fachbereich Bauingenieurwesen, Lehrgebiet Straßenwesen,
Emilienstraße 45,
32756 Detmold
Tel.: 0 52 31/769-8 25,
Fax: 0 52 31/769-8 19
E-Mail: martin.koehler@fh-luh.de

Dr.-Ing. Marc-Oliver Förster,
Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. A. Gerlach
Ingenieurgemeinschaft ConVia,
Quantelholz 14,
30419 Hannover
Tel. u. Fax: 05 11/2 71 27 96
E-Mail: foerster@convia-ing.de, gerlach@convia-ing.de

Dipl.-Ing. Thomas Lammering
Stadt Rietberg, Fachbereich Bauen
Bolzenmarkt 4-6,
33397 Rietberg,
Tel.: 0 52 44/9 86-0
E-Mail: thomas.lammering@stadtrietberg.de

Dipl.-Ing. Aziz Bourdane
Kolde-Ring 60,
48151 Münster, Tel.: 02 51/1 41 02 17
E-Mail: bourdane@web.de

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