Achtung, Tieflieger!
23.09.2015
Neue Entwässerung und Drainage für A7 bei Jagel
Die Entwässerung und Drainage der A7 Fahrtrichtung Flensburg musste auf einer Länge von knapp 2 km erneuert werden. Entwässerungsleitungen entlang der ungewöhnlich tiefliegenden Fahrbahn waren undicht geworden, Drainageleitungen hatten sich zugesetzt. Die Folge: Im Untergrund war es zu Ausspülungen gekommen, in der Fahrbahndecke waren Bodenwellen entstanden, die besonders für den Schwerlastverkehr eine Gefahr darstellten. Der Landesbetrieb für Straßenbau und Verkehr Schleswig-Holstein entschloss sich deshalb zur Sanierung der Leitungen auf der Strecke zwischen Betriebskilometer 39,7 und 41,5.
Die Ausschreibung stellte eine Reihe besonderer Anforderungen an den Verbau, der sehr hohen statischen Anforderungen genügen musste. Zur Sicherung der Baugrube setzte die mit der Ausführung der erforderlichen Arbeiten beauftragte Groth & Co. (GmbH & Co. KG) aus Pinneberg deshalb auf den gestuften Linearverbau von Emunds+Staudinger, einer Produktmarke der ThyssenKrupp Infrastructure.
Das in Kombination mit Grund- und Aufsatzplatte verwendete kraftschlüssige System erwies sich insbesondere mit Blick auf die Sicherung der Baugrube im Bereich eines Brückenwiderlagers als gute Wahl, in der betreffenden Bauphase erfolgte der gesamte Lastabtrag über den Verbau. Inzwischen sind die im September 2014 begonnenen Arbeiten, im Zuge derer auch Sonderbauwerke wie z. B. ein als Vorfluter dienendes Schachtbauwerk errichtet wurden, abgeschlossen. Die ordnungsgemäße Entwässerung und Drainage der Bundesautobahn 7 im Bereich des Anschlusses Jagel ist wiederhergestellt.
Verkehrsberuhigung war keine Lösung
Der Fliegerhorst im schleswig-holsteinischen Jagel ist ein Standort mit Tradition: Seit fast 100 Jahren schon wird das Gelände als Militärflughafen genutzt. Was vielen Autofahrern, die die Anschlussstelle Jagel auf ihrem Weg nach Flensburg oder Richtung Dänemark passieren, nicht bewusst sein dürfte: Der Betrieb des Flughafens hat auch Auswirkungen auf die Bundesautobahn 7. Aufgrund des Flugbetriebs wurde die A7 auf Höhe des Fliegerhorstes tiefergelegt, und deshalb liegen auch die Entwässerungs- und Drainageleitungen auf dem betreffendem Streckenabschnitt zwischen Owschlag und Jagel ungewöhnlich tief im Grundwasserbereich.
Das wiederum blieb nicht ohne Auswirkungen, zumal das Grundwasser in der Gegend extrem eisenhaltig ist. Dipl.-Ing. (FH) Volker Behler, Sachgebietsleiter Straßenneubau im Landesbetrieb für Straßenbau und Verkehr, Schleswig-Holstein, beschreibt die Folgen: „Die Fahrbahndecke hatte sich abgesenkt. Die dadurch entstandenen Bodenwellen waren insbesondere für den Schwerlastverkehr unangenehm, da der sich gefährlich aufzuschaukeln drohte.“
Zunächst betrieb man Ursachenforschung: Eine Kamerabefahrung brachte erhebliche Schäden an den Entwässerungs- und Drainageleitungen ans Licht, die aus den 1970er Jahren stammen. Die Entwässerungsleitungen aus Betonrohr im Nennweitenbereich zwischen DN 300 und DN 1000 waren undicht geworden, die Drainageleitungen inzwischen sogar komplett funktionslos – das extrem eisenhaltige Grundwasser hatte ausgefällt und zu einer sogenannten Verockerung geführt: Die Öffnungen der für die Drainage verwendeten Drän-Betonrohre im Nennweitenbereich DN 150 und DN 300 hatten sich zugesetzt.
Im Untergrund war es deshalb zu Ausspülungen gekommen, in der Folge hatte sich die Fahrbahndecke der A7 abgesenkt und Bodenwellen gebildet. Die wiederum bewirkten bei Autofahrern ein unangenehmes „Achterbahn-Gefühl“. Ursprünglich wurde erwogen, den betreffenden Streckenabschnitt zur verkehrsberuhigten Zone zu erklären. Behler: „Das wäre aber insofern keine gute Lösung gewesen, als wir das Tempo zwischen Betriebskilometer 39,7 und 41,5 auf 60 km/h hätten begrenzen müssen.“ Stattdessen entschied man sich zu baulichen Maßnahmen, eine Wirtschaftlichkeitsberechnung zeitigte ein eindeutiges Ergebnis: Das Komplettpaket „Erneuerung“ war günstiger als eine Sanierung.
Besonders stabiler Verbau erforderlich
Die Situation stellte eine Reihe besonderer Anforderungen an den zu verwendenden Verbau. Unter anderem forderte die Ausschreibung Kraftschlüssigkeit – wichtig, weil sich ein flachgegründetes Brückenbauwerk im Bereich der Baumaßnahme befand. Im Vorfeld wurden mehrere Möglichkeiten geprüft, die Entscheidung fiel schließlich zugunsten des gestuften Linearverbaus von Emunds+Staudinger.
Dipl.-Ing. Tilo Koller von Groth & Co. nennt die Gründe, die den Ausschlag gaben: „Der Lastabtrag der Brücke musste über die Baugrube erfolgen – unsere statischen Berechnungen hatten ergeben, dass der Linearverbau von Emunds+Staudinger diese wichtige Anforderung erfüllte. Außerdem haben unsere Poliere schon bei anderen Tiefbaumaßnahmen positive Erfahrungen mit dem Verbausystem gesammelt.“
Die Grube mit Spunddielen zu sichern wäre nicht nur teurer gewesen, sondern auch komplizierter: „Im Bereich der Brücke hätten sich Dielen nur schwer handhaben lassen“, gibt Groth-Polier Jörg Baumann zu bedenken. Sein Kollege Oliver Locht ergänzt: „Beim Linearverbau von Emunds+Staudinger werden die Verbauplatten nicht von oben in den Verbauträger eingefädelt, sondern seitlich eingeschwenkt – für die Sicherung der Baugrube im Brückenbereich war das ein ganz entscheidender Vorteil. Im Vergleich mit anderen Systemen ist dieses Vorgehen nicht nur schneller, sondern zudem auch ungefährlicher.“
In den einzelnen Schienen des Linearverbaus werden Platten senkrecht in ebener oder gestufter Anordnung geführt. Die gegenüberliegenden Schienen sind nicht durch Gelenkspreizen miteinander verbunden, sondern werden durch einen biegesteifen, in der Breite veränderbaren Laufwagen auf Abstand gehalten, und zwar „immer im exakt gleichen Abstand – die Grabenbreite ist bei Ein- und Rückbau des Systems in jeder Bauphase gleich“, wie Christian Grunert betont, der bei ThyssenKrupp Infrastructure im Bereich Vertrieb Sparte Grabenbau tätig ist.
Für die Verlegung der Rohre galt es eine 3 m breite und 7 m tiefe Grube zu sichern. Auf „freier Strecke“ wurde mit Modulen von 4 m Länge gearbeitet, im Bereich der Brücke wurde der Abstand der Verbauträger aus statischen Gründen etwas reduziert, hier kamen Modullängen von 3 m zum Einsatz. Für die Montage des Schachtbauwerks wurde auf einer Länge von 12,50 m eine 6,50 breite Grube geschaffen, die ebenfalls 7 m tief war. Auch hier wurde mit dem Linearverbau gearbeitet, lediglich vor Kopf wurden Spunddielen verwendet.
Grundwasser überstieg die Berechnungen
Der Untergrund im Bereich der Baustelle besteht aus nicht bindigem Boden, vornehmlich gebildet aus Kies und Sand. Ein im Vorfeld erstelltes Bodengutachten hatte erwarten lassen, dass während der gesamten Bauzeit große Mengen an Grundwasser zu fördern seien, die Praxis übertraf die Berechnungen allerdings deutlich: Die tatsächlich zu bewältigende Menge überstieg die berechnete um das Zehn- bis Fünfzehnfache; die Wasserhaltung stellte daher für die Durchführung der Baumaßnahme eine extreme Herausforderung dar. Trotz der schwierigen Grundwassersituation und der kniffligen Situation im Bereich des Brückenbauwerks hat sich der Linearverbau erneut als flexible, wirtschaftliche Lösung erwiesen, die auch unter außergewöhnlichen Rahmenbedingungen schnellen Baufortschritt und hohe Sicherheit miteinander in Einklang bringt.
Die Anforderung an der Autobahn-Baustelle in Schleswig-Holstein hat das Verbausystem mit Bravour gemeistert, mit dem Ablauf der Arbeiten, die inzwischen termingerecht abgeschlossen werden konnten, waren alle Beteiligten zufrieden. Voraussichtlich ab 2019 soll die Autobahn zwischen den Anschlussstellen Owschlag und Jagel in Fahrtrichtung Flensburg inklusive Unterbau erneuert werden, im Anschluss daran sollen auch die Fahrbahn in der Gegenrichtung sowie die Entwässerungsleitungen erneuert werden.
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