Clinch um Dichtheitsprüfung in NRW geht in die zweite Runde

07.09.2012

Die Diskussion um die Pflicht zur Dichtheitsprüfung von privaten Abwasserleitungen geht in Nordrhein-Westfalen in die zweite Runde: Nachdem im Dezember 2011 die Durchführung der Dichtheitsprüfung nach dem Landeswassergesetz (LWG) von CDU, FDP und Linken gekippt worden war, hat die aktuelle Regierungskoalition aus SPD und Grünen im nordrhein-westfälischen Landtag in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben, dass die Funktionsprüfung von Abwasserkanälen fortgesetzt wird.

Nach der Sommerpause sollen ein entsprechender Gesetzentwurf und ein Verordnungsentwurf vorgelegt werden. Diese Entwicklung wird vom Rohrleitungsbauverband (rbv), der Bundesfachabteilung Leitungsbau (BFA LTB) im Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e. V. und dem Bauindustrieverband Nordrhein-Westfalen nachdrücklich begrüßt. Eine wesentliche Änderung der Kriterien oder gar eine Rücknahme der bisher geltenden Regelungen würde die Wasserwirtschaft und die Bauunternehmen in Nordrhein-Westfalen nachhaltig schädigen – das hat der rbv bereits in einer vorhergehenden Pressemitteilung deutlich gemacht. Rückendeckung erhalten Rohrleitungsbauverband und Bauindustrieverband von weiteren renommierten Verbänden und Institutionen. Unter anderem haben die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA), die Gütegemeinschaft Grundstücksentwässerung, die Gütegemeinschaft Kanalbau und der Verband der Rohr- und Kanal-Technik-Unternehmen (VDRK) in einer gemeinsamen Erklärung auf den Gesetzesentwurf von CDU und FDP reagiert. Unter Bezugnahme auf gesetzliche und fachliche Aspekte haben die namhaften Vertreter der Abwasserbranche auf Schwachstellen hingewiesen und im Namen der unterzeichnenden Organisationen um die Einbindung von Fachleuten geworben.
 

Alles geregelt

Grundsätzlich ist der Sachverhalt der Dichtheitsprüfung in verschiedenen Gesetzen geregelt: In erster Linie ist das bundesweit geltende Wasserhaushaltsgesetz (WHG) zu nennen, dessen letzte Fassung im März 2010 in Kraft getreten ist. In § 60 des WHG ist festgelegt, dass bundesweit Abwasseranlagen so zu errichten, zu betreiben und zu unterhalten sind, dass die Anforderungen an die Abwasserbeseitigung eingehalten werden. Zudem schreibt § 61 WHG vor, dass Betreiber von Abwasseranlagen die Funktionstüchtigkeit, die Unterhaltung und den Betrieb der Anlagen selbst zu überwachen haben. Und das gilt für öffentliche und private Betreiber gleichermaßen. Neben den übergeordneten, bundesweit gültigen Gesetzen wie dem Wasserhaushaltsgesetz, gibt es in den Bundesländern durchaus unterschiedliche Rahmenbedingungen und Bestimmungen. § 61a des Landeswassergesetzes (LWG NRW) regelt, dass eine erste Überprüfung der Dichtheit privater Abwasseranlagen bis zum 31.12.2015 durchzuführen ist, wobei die Kommunen abweichende Zeiträume für die erstmalige Prüfung festlegen können. Durch den Runderlass vom 05.10.2010 des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz (MKULNV) wurde die Frist 31.12.2015 angepasst, so dass die Erstuntersuchungen spätestens bis zum Ende des Jahres 2023 durchgeführt werden müssen. In Wasserschutzgebieten sind weiterhin kürzere Fristen verbindlich.
 

Auf wackeligen Füßen

Im Dezember 2011 wurde die Durchführung der Dichtheitsprüfung nach LWG NRW von Vertretern der CDU, FDP und Linken gekippt und ein Gesetzesentwurf zur Änderung des Landeswassergesetzes vorgelegt. Dieser Entwurf basiert nach Auffassung von Fachkreisen – hierunter viele Verbände, Institutionen und Organisationen – in grundlegenden Teilen auf falschen fachlichen Argumenten. Unter anderem geht der Entwurf von der grundsätzlichen Dichtheit aller in NRW liegenden Grundstücksentwässerungsanlagen aus. Dies widerspricht sämtlichen branchenrelevanten Erkenntnissen. Das belegen einschlägige Untersuchungen von renommierten Institutionen wie der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall oder dem Institut für Unterirdische Infrastruktur gGmbH (IKT), wonach rund zwei Drittel aller Grundstücksentwässerungsanlagen Undichtheiten aufweisen. Ebenso auf wackeligen Füßen steht die Behauptung, dass erst durch den Einsatz einer Hochdruckreinigung Schäden an den Leitungen verursacht werden. Die Hochdruckreinigung wird seit Mitte des letzten Jahrhunderts angewendet. Erfahrungswerte, die eine häufige Beschädigung von Leitungen durch die Hochdruckreinigung belegen, liegen nicht vor. Bei Berücksichtigung der allgemein anerkannten Regeln der Technik und fachgerechter Anwendung sind Schäden durch die Hochdruckreinigung deshalb nahezu auszuschließen.
 

Neuer Kurs

Auf der anderen Seite hat sich die Regierungskoalition im nordrhein-westfälischen Landtag in ihrem Koalitionsvertrag darauf geeinigt, die Funktionsprüfung von Abwasserkanälen fortzusetzen. Mit der Fortsetzung der Funktionsprüfung wollen die Regierungsparteien wieder verlässlich gegenüber Kommunen, Hauseigentümern und Handwerkern sein: Betroffene Grundstückseigentümer sollen nicht vor unverhältnismäßige Belastungen gestellt werden, und auch die Belange von Handwerkern sollen berücksichtigt werden. Das soll vor allem durch eine Anpassung der Fristen erreicht werden. Die Regierungskoalition arbeitet an einem Gesetzentwurf zur Änderung des Landeswassergesetzes sowie an einem Entschließungsantrag, in dem die Eckpunkte einer neuen Verordnung festlegt werden sollen. Diese Verordnung soll die konkrete Ausgestaltung der Prüfzeiträume, -intervalle und Anforderungen an eine Dichtheitsprüfung regeln. Zielsetzung: Nach der Sommerpause soll der Entwurf in den parlamentarischen Beratungsablauf eingebracht werden, noch vor Jahresende soll die Gesetzesänderung beschlossen sein.
 
Diese Entwicklung geht in die richtige Richtung – hierüber besteht Konsens bei Bauindustrieverband und Rohrleitungsbauverband sowie ihren Mitgliedern. Eine generelle Beibehaltung der Verpflichtung zur Durchführung der Dichtheitsprüfung sorgt für eine intakte Kanalinfrastruktur, schont die Umwelt und hält die Gebühren in einer vertretbaren Größenordnung. Außerdem bleiben die Fachunternehmen, die im Vertrauen auf erreichte gesetzliche Standards in Personal und Ausrüstung investiert haben, um den neuen Aufgaben gerecht zu werden, nicht weiter im Regen stehen.
 

Ansprechpartner

Dipl.-Wirtsch.-Ing. Dieter Hesselmann
Geschäftsführer
Rohrleitungsbauverband e.V. und BFA Leitungsbau im HDB
hesselmann@rbv-koeln.de
Tel.: +49 (0) 221 / 37668-20
Fax: +49 (0) 221 / 37668-22
RAin Prof. Beate Wiemann
Hauptgeschäftsführerin
Bauindustrieverband Nordrhein-Westfalen e.V.
b.wiemann@bauindustrie-nrw.de
Tel.: +49 (0) 221 / 6703-0
Fax: +49 (0) 221 / 6703-111

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