Das 33. Lindauer Seminar
14.05.2020
„Lächeln statt Händedruck!“ Dies war das Motto des diesjährigen Lindauer Seminars. Dass in Anbetracht der Umstände 20 Referenten, 61 Aussteller und ca. 320 Teilnehmer vor Ort waren, zeigt, dass Planung, Bau und Betrieb von Entwässerungssystemen nach wie vor eine hohe wasserwirtschaftliche, aber auch gesellschaftliche Bedeutung haben.
Unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Max Dohmann, Prof. Wolfgang Günthert, Prof. Karsten Kerres und Prof. Karsten Körkemeyer wurden zunächst die aktuellen und zukünftigen Rahmenbedingungen der Siedlungsentwässerung aus Perspektive des Bayerischen Landesamts für Umwelt (LfU) vorgestellt.
Herr Claus Kumutat, Präsident des LfU, stellte dar, dass ein zeitgemäßes Netzmanagement nicht nur die Sicherstellung ausreichender Inspektions- und Sanierungsraten umfassen könne. Inhalte sollten auch eine Sensibilisierung der Bürger für die Wasserwirtschaft und die Entwicklung naturnaher Regenwasserbewirtschaftungskonzepte im städtebaulichen Gesamtkontext sein.
Im weiteren Verlauf der Tagung wurden Konzepte zum Umgang mit Starkregenereignissen und kommunale Umsetzungsbeispiele zur Optimierung des Kanalbetriebes vorgestellt. Es wurde dabei deutlich, dass auch kleinere Netzbetreiber Konzepte einer zeitgemäßen und zukunftsfähigen Instandhaltung entwickeln können.
Schlüsselelemente sind Strategien für die intelligente Verfahrenswahl bei der Sanierung und die Bereitstellung angepasster Investitionsbudgets. Gute Erfahrungen wurden auch mit Prognosemodellen gemacht, die auch eine langfristige Sicherstellung des Substanz- und Werterhalts von Kanalisationen ermöglichen. Dass bei der Instandhaltung von Kanalisationen auf allen Ebenen auch juristische Aspekte zu berücksichtigen sind, wurde am Beispiel zum Umgang mit Fremdwasser in der Kanalisation verdeutlicht.
Ein weiterer Vortragsblock umfasste Fragen der zukünftigen Anforderungen an Personal und Dienstleistungen aus der Sicht der Ingenieurbüros. Benötigt würden qualifizierte und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit fundiertem Basiswissen und der Bereitschaft, dieses im Laufe ihres Berufslebens so zu erweitern, dass komplexe Sachverhalte spartenübergreifend analysiert und vermittelt werden können.
Hierfür müssten Hochschulen und spätere Arbeitgeber eng zusammenarbeiten. Darüber hinaus wurde Arbeitgebern empfohlen, neue Fachkräfte mittels kreativer Recruiting-Konzepte oder der Sicherstellung eines guten Arbeitsumfelds und Betriebsklimas für sich zu gewinnen.
Ebenfalls wurden Innovationen und Entwicklungen für den Kanalunterhalt vorgestellt. Themen waren Forschungsvorhaben zu neuartigen Kanalreinigungssystemen und bedarfsgerechten Spülstrategien.
Praxiserfahrungen von Betreibern zeigen, dass sich der notwendige Einsatz der HD-Reinigungsfahrzeuge durch geeignete Konzepte deutlich reduzieren lässt. Auch wurden aktuelle Ergebnisse zu einem neuronalen KI-basierten Assistenzsystem in der Kanalzustandsbewertung und Einsatzmöglichkeiten und -grenzen von Sanierungsverfahren für Abwasserdruckleitungen vorgestellt.
Schwerpunkte des zweiten Seminartages waren Qualitätssicherung bei steigenden Baukosten und Möglichkeiten der Kanal- und Schachtsanierung durch Reparatur- und Renovierungsverfahren. In diesem Zusammenhang wurden zum einen die Regelwerke der DWA und zum anderen die Gütezeichen Kanalbau als Werkzeuge der Qualitätssicherung hervorgehoben.
Ebenfalls wurde auf die Notwendigkeit, der umfassenden Grundlagenerhebung durch den Planer verwiesen. Dazu gehören die Sichtung aktueller Videos genauso wie die digitale Vermessung oder die Baufelderkundung.
Messdaten, so wurde im Weiteren deutlich, sind nicht nur unerlässlich bei der Zustandserfassung zur Beurteilung der Integrität der Bauwerke, sondern auch zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen und optimierten bzw. risikominimierten Anlagenbetriebes. Potentiale von Messkonzepten und Messverfahren wurden ebenso wie internationale Erfahrungen zu Schachtsanierung mittels Linern oder Haltungssanierung durch Harzinjektionen anhand von Praxisbeispielen vorgestellt.
Zusammenfassend wurden also auch bei dem diesjährigen Lindauer Seminar alle Facetten einer zukunftsfähigen Siedlungsentwässerung aus Sicht der Gesetzgebung, der Betreiber, der Planer und der Anwender vorgestellt und von den Teilnehmern angeregt diskutiert.
Insbesondere in diesem Jahr geht ein besonderer Dank im Namen aller Teilnehmer an die Familie Jöckel und alle Mitarbeiter der Firma JT-elektronik GmbH für die hervorragende und vor allem sichere Gestaltung des Seminars unter besonderen Bedingungen.
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