Die Highlights der Sanierungsbranche aus erster Hand
14.02.2018
16. Deutscher Schlauchlinertag und 7. Deutscher Reparaturtag in Kassel.
Mit dem 16. Schlauchlinertag und dem 7. Reparaturtag geht am 24. und 25. April 2018 ein Branchen-Highlight in seine nächste Auflage: Was hat sich getan, was entwickelt sich – das sind die Fragen, die sich die Teilnehmer an der zweitägigen Veranstaltung im Kongress Palais in Kassel stellen. Neben einem geballten Mix aus Theorie und praxisnahen Vorführungen geben die begleitenden Fachausstellungen einen Überblick über Materialien und Verfahren.
In diesem Sinne bietet der zentrale Treffpunkt der Sanierungsbranche auch in diesem Jahr wieder ein fachliches Update für Planer, Auftraggeber und Mitarbeiter von Sanierungsfirmen, die sich fit machen wollen für die Anforderungen, welche die Instandhaltung der unterirdischen Infrastruktur fordert – davon sind Organisator Dr.-Ing. Dipl.-Math. Igor Borovsky, 1. Vorsitzender der Technischen Akademie Hannover e. V. (TAH) und Geschäftsführer des Verbandes Zertifizierter Sanierungsberater für Entwässerungssysteme e. V. (VSB), Dipl.-Ing. Franz Hoppe, lange Jahre in verantwortlicher Position bei der Hamburger Stadtentwässerung tätig, und Dipl.-Ing Michael Hippe, Vorstandsvorsitzender des Verbandes Zertifizierter Sanierungsberater für Entwässerungssysteme e. V. (VSB), überzeugt.
Renovierungs- und Reparaturarbeiten an der Kanalisation verfügen über einen hohen Standard und haben sich als Alternative zur Erneuerung längst etabliert. Der Umstand, dass Hersteller und Anwender mit Blick auf weitere Anwendungsmöglichkeiten, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit gemeinsam weiter an der technischen Leistungsfähigkeit feilen, verdeutlicht das Know-how der Branche: Mit wachsender Erfahrung und zunehmender Sicherheit können Grenzen verschoben und Spielräume weiter ausgereizt werden.
Vor allem die Überwachung und Kenntnis der verschiedenen Prozesse stellt hier eine der Triebfedern der Entwicklungen dar, die sich immer mehr auch in überarbeiteten und neu erstellten Normungen und Regelwerken zeigen. Das alles verfolgt ein wichtiges Ziel, denn insbesondere mit Blick auf unsere Verantwortung nachfolgenden Generationen gegenüber gilt es, eines der größten Anlagevermögen unserer Gesellschaft zu bewahren.
Werterhalt der Infrastruktur
Auf dem 16. Deutschen Schlauchlinertag wird dieses Thema mit einem Vergleich der Vermögenswerte einer Kommune gleich zu Beginn aufgegriffen. Die unterirdische Infrastruktur gehört zu den größten Anlagevermögen unserer Gesellschaft, ihre Instandhaltung deshalb zweifellos zu den Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte.
Den Handlungsbedarf belegen die Ergebnisse der siebten DWA-Umfrage zum Zustand der Kanalisation in Deutschland: Rund ein Fünftel aller Kanalhaltungen weisen Schäden auf, die kurz- bis mittelfristig zu sanieren sind. Investitionen sind nötig, um einem dauerhaften Substanzverlust des öffentlichen Kanalnetzes entgegenzuwirken und den Zustand der Kanalisation in Deutschland langfristig zu verbessern. In diesem Zusammenhang gewinnt der Themenkomplex „Wertermittlung und Werterhalt von Entwässerungssystemen“ zunehmend an Bedeutung.
Wieviel ist das Kanalnetz einer Kommune wert? Wie kann man den Wert des Netzes generationsübergreifend bewahren und kommunizieren? Was müssen Netzbetreiber zukünftig investieren? Das sind einige der Fragen, die auf dem Deutschen Schlauchlinertag erörtert werden. „Geeignete Werkzeuge und Erfahrungen sind notwendig, um langfristige Szenarien und Visionen für die Bewirtschaftung der Netze zu erarbeiten und abzustimmen“, ist Organisator Borovsky sicher. „Ziel muss es sein, die Abwassergebühren zielgerichtet zu reinvestieren, um die Substanz der Netze zu bewahren“, so Borovsky weiter.
Wobei der Qualität bei Planung, Ausschreibung und Ausführung ebenso viel Bedeutung beigemessen werden muss, wie der Auswahl der geeigneten Materialien und Verfahren.
Planung und Technik
Was müssen Planer und Auftraggeber bei der Planung, Ausschreibung, Auftragsvergabe und Bauüberwachung beachten, damit sie das Ergebnis erzielen, das sie sich gewünscht haben? Eine Antwort auf diese Frage hat durchaus verschiedene Hintergründe, denn der Planer hat sich beispielsweise mit Haftungsfragen auseinanderzusetzen, während der Auftraggeber sich Risiken etwa mit Blick auf das Sanierungsergebnis oder in Bezug auf die Kosten aussetzt.
Deshalb sind in einem Bereich wie der Kanalsanierung qualitätssichernde Maßnahmen von entscheidender Bedeutung. Wenn Investitionen in das Kanalnetz erfolgreich sein sollen, muss die Ausführungsqualität stimmen. Qualität ist zu erwarten, wenn Planung, Ausschreibung, Ausführung und Bauüberwachung fachgerecht erfolgen. Dazu braucht der Auftraggeber in erster Linie qualifizierte Partner.
Hier bietet sich zum Beispiel mit der Gütesicherung Kanalbau eine unabhängige Eignungsprüfung von Unternehmen und Ingenieurbüros an. Diese weisen mit Erfüllung der Anforderungen der Güteund Prüfbestimmungen RAL-GZ 961 ihre Fachkunde, technische Leistungsfähigkeit und vertragliche Zuverlässigkeit nach. Von grundlegender Bedeutung ist allerdings schon die Schadensanalyse hinsichtlich der Auswahl eines geeigneten Verfahrens; das zeigt ein Vortrag in Themenblock II. Ist eine Renovierung überhaupt möglich – etwa unter Betrachtung der statischen Rahmenbedingungen, oder muss erneuert werden?
Unter diesem Gesichtspunkt werden Aspekte wie die Bedeutung der Altrohrzustände oder die Funktion des DWA-Arbeitsblattes 143-2 „Sanierung von Entwässerungssystemen außerhalb von Gebäuden - Teil 2: Statische Berechnung zur Sanierung von Abwasserleitungen und -kanälen mit Lining- und Montageverfahren (Juli 2015)“ erörtert.
Neuerungen und Praxis zum Anfassen
Den Neuerungen der Branche widmet sich Block III. Unter anderem vorgestellt werden Hochtemperaturliner für Industrieanwendungen, Schlauchlining mit LED Lichthärtung, bogengängige elektrische Fräsroboter für den Hausanschlussbereich sowie flexible Lichthärtung für Standard- und extreme Leitungsverläufe. Freuen können sich die Teilnehmer der Veranstaltung wie in den Vorjahren auf die moderierten Außenvorführungen, die Verfahrenstechnik zum Anfassen bieten.
Die ausgewählten Beispiele stehen stellvertretend für das große Potenzial einer Technologie, die sich in den letzten Jahrzehnten zu dem wichtigsten Verfahren der grabenlosen Kanalsanierung entwickelt hat. Ganz im Zeichen von Qualität und Fehlermanagement wird der letzte Themenblock stehen.
„Schlauchlining – alles easy oder was?“ lautet die provokante Frage, die ahnen lässt, dass es bei aller Ausgereiftheit des Verfahrens nach wie vor Punkte gibt, die es zu diskutieren gilt. „Zwar sind sowohl bei der Ausführung und Statik Regelwerke vorhanden, ebenso DIBt-Zulassungen, auch europäische Normungen sowie aktuelle Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen“, stellt Franz Hoppe fest. „Aber auch bei der Schlauchliner-Technologie geht die Entwicklung weiter, sodass permanent Anpassungen in den genannten Bereichen erfolgen müssen.“
Wie kann es sein, dass Schlauchliner wachsen, welche Rolle spielt die Profilmaßbestimmung bei Linerstatik und Ergebnis und welche Rolle spielen Netzbetreiber und Planer? Diesen Fragen gehen die Referenten auf der Veranstaltung ebenso nach wie offenen Fragen zur Gewährleistung bei jahrzehntelangen Nutzungsdauern.
Sichere Ausführung
Zum Abschluss des ersten Veranstaltungstages wird die Aufgabe von Prüfinstituten bei der Qualitätssicherung beleuchtet – auch das seit vielen Jahren ein Thema, das immer wieder für kontroverse Diskussionen sorgt. Dass die Interpretationen der Ergebnisse durchaus nicht immer einheitlich sind, hat Hoppe während seiner jahrzehntelangen Beschäftigung mit der Kanalisation erfahren.
Gebraucht würden deshalb klare Vorgaben an die Prüfung – idealerweise schon in der Ausschreibungsphase – sowie saubere Definitionen und eindeutige Formulierungen, da es bei festgestellten Mängeln sonst unweigerlich zu Auseinandersetzungen komme. Die auch den 16. Deutschen Schlauchlinertag begleitende Fachausstellung und das bereits 2015 neu ins Programm aufgenommene Einsteigerforum, das speziell mit Blick auf Erstbesucher der Veranstaltung konzipiert wurde, machen das Rahmenprogramm des ersten Veranstaltungstages komplett.
Materialien im Fokus
Der 7. Deutsche Reparaturtag bringt mit einer Einführung zum aktuellen Stand von Normung und Zulassung die Teilnehmer fachlich auf einen gemeinsamen Stand. Danach stehen Materialien im Fokus. Der Vortrag „Das richtige Harz am richtigen Platz“ in Vortragsblock I beschäftigt sich mit Anforderungen und Anwendungsgrenzen bei Spachteln, Verpressen, Laminieren, Injizieren und Beschichten.
Er macht deutlich, dass es gerade bei Harzen eine unübersehbare Vielfalt gibt, mit jeweiliger Konfiguration für einen speziellen Anwendungszweck. Das Harz für alle Fälle kann es deshalb nicht geben. „Darum tut sich in diesem Bereich erfahrungsgemäß sehr viel“, weiß Hippe. „Und deshalb ist es für den Planer auch schwierig, hier den Überblick zu behalten.“
Ist das eingesetzte Harz das richtige für die geplante Maßnahme? Welche Anforderungen muss ich ausschreiben, damit die gewünschte Ausführung und Dauerhaftigkeit erreicht werden? Sicherheit können hier zum Beispiel Zulassungen wie eine DIBt-Zulassung oder die Verfahrenshandbücher der Hersteller geben. Ähnliches gilt bei der differenzierten Betrachtung von Reparaturmörtel, einer weiteren wichtigen Komponente im Kanalsanierungsbereich.
Mit der 2016 eingeführten DIN 19573 – „Mörtel für Neubau und Sanierung von Entwässerungssystemen außerhalb von Gebäuden“ – wurden erstmals Anforderungen und Prüfverfahren für Mörtel festgelegt, die in Entwässerungsanlagen gegenüber Beanspruchungen durch Abwasser verwendet werden. Produkte und Modifikationen werden vorgestellt und über Einsatzrisiken und die Möglichkeiten ihrer Vermeidung diskutiert.
Reparaturverfahren in der Praxis
Vortragsblock II beschäftigt sich mit Reparaturverfahren in der Praxis und steht ganz im Zeichen des Austausches von praktischen Erfahrungen. Für Hippe eines der wesentlichen Dinge eines Branchen-Treffs. „Hören, was andere für Erfahrungen gesammelt haben hilft, eigene Fehler zu vermeiden und spart letztendlich auch Geld“, so der VSB-Vorstandsvorsitzende. In einer vernünftigen Mischung werden gängige Verfahren vom Spachtel- und Verpressverfahren über die Injektion bis hin zum Einsatz von Kurzlinern behandelt.
Verfahrensvarianten und Verfahrensabgrenzungen werden dabei ebenso diskutiert wie Anwendungsvoraussetzungen und -möglichkeiten oder Qualitätsanforderungen und -prüfung, darüber hinaus Risiken und Alternativen aufgezeigt. Dass gerade die Wiederherstellung der Einbindungen von Hausanschlussleitungen nach wie vor zu den sensiblen Bereichen bei der Sanierung gehört, macht der Beitrag „Wenn von innen nichts mehr geht – Der Anschluss in offener Bauweise“ deutlich.
Viele Planer haben sich bereits die Köpfe über der Frage zerbrochen, ob ein defekter Anschluss von innen sauber zu reparieren ist oder nicht. Auch wenn die Entscheidung dann für eine offene Variante gefallen ist, bleibt zu klären, mit welchen Produkten das jeweilige Schadensbild fachgerecht zu beheben ist. Hierzu nimmt der Vortrag Stellung und zeigt aktuelle Entwicklungen und Möglichkeiten auf.
Die moderierten Außenführungen zählen auch am zweiten Veranstaltungstag in Kassel zu den Highlights. Die Teilnehmer am Deutschen Reparaturtag erwartet „Reparatur zum Anfassen“: Die beteiligten Unternehmen stellen unter anderem ihre aktuellen Entwicklungen vor.
Sanierungsplanung
Dass der Planer bei der Auseinandersetzung mit einer Sanierungsmaßnahme durchaus die Qual der Wahl hat, damit beschäftigt sich Vortragsblock IV. Wie gehe ich eine Reparatur richtig an und wie führe ich sie richtig aus – die Fachreferenten stellen Entscheidungswege, Entscheidungshilfen, Einsatzgrenzen und risikobasierte Ansätze vor. Empfehlungen gibt es auch auf die wichtige Frage, welcher Aufwand bei einer anstehenden Reparatur für die Grundlagenerhebung sinnvoll ist.
Eine Abgrenzung ist schwierig, weiß Hippe aus eigener Erfahrung: „Ein zuviel wird da schnell teuer; deshalb gilt es sorgfältig abzuwägen, welche Untersuchungen zu machen sind und bis zu welchem Punkt Aufwand und Nutzen noch in einem vernünftigen Verhältnis stehen.
Nicht zuletzt ist abzuwägen, welches Restrisiko aus Planersicht in Kauf genommen werden darf.“ In der abschließenden Podiumsdiskussion tauschen sich Vertreter führender Softwarehersteller aus. In Impulsvorträgen werden aktuelle Funktionalitäten und zukünftige Entwicklungen bis hin zur BIM-gestützten Kanalsanierung vorgestellt.
Hier herrscht nicht nur nach Meinung von Hippe Nachholbedarf – in der Tiefbaubranche generell, aber auch in der eher kleinteiligen Kanalsanierungsbranche. „Wer den Zug verpasst, der wird es schwer haben, später wieder den Anschluss an dieses Trendthema zu bekommen“, ist Hippe überzeugt.
Mit einer inhaltlichen Zusammenfassung des VSB-Vorstandsvorsitzenden geht der Reparaturtag traditionell zu Ende. Die Veranstalter freuen sich auf die gewohnt rege Beteiligung und sind sicher, auch mit dem diesjährigen Programm die Basis für viele Informationen und anregende Diskussionen geschaffen zu haben.
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