Herrenknecht Pipe Express gewinnt Bauma Innovationspreis
18.04.2013
„Pipe Express® schont gegenüber der herkömmlichen offenen Bauweise die Natur erheblich und minimiert gleichzeitig die Kosten“, sagte VDMA-Präsident Dr. Thomas Lindner in seiner Laudatio anlässlich der Vergabe des bauma Innovationspreises 2013 in der Kategorie „Maschine“. Die Auszeichnung nahm der Vorstandsvorsitzende der Herrenknecht AG, Dr.-Ing. E. h. Martin Herrenknecht während der feierlichen Verleihung des Innovationspreises im April entgegen.
Mit Pipe Express® hat die Herrenknecht AG ein neues halboffenes Verfahren zur Verlegung von Pipelines zur Anwendung gebracht. Es benötigt im Vergleich zur offenen Bauweise eine deutlich geringere Trassenbreite und bedarf keiner Grundwasserabsenkung.
„Ich bin überzeugt, dass unseren jungen Ingenieuren mit dem Pipe Express®-Verfahren ein marktgerechter Wurf gelungen ist“, erklärte Vorstandsvorsitzender Dr.-Ing. E. h. Martin Herrenknecht, als er den Innovationspreis vor internationalem Publikum in der Allerheiligen-Hofkirche in München entgegennahm. „Dieses neuartige Verfahren zur Verlegung von Pipelines passt absolut in den weltweiten Markt – es ist umweltschonend, spart Baukosten und es gibt einen enormen Bedarf“, so der Unternehmenschef. Eine Fachjury, bestehend aus Professoren im Bauwesen, Fachjournalisten und hochrangigen Managern der Baumaschinenbranche, hat Pipe Express® mit dem Innovationspreis der bauma 2013 in der Kategorie Maschine ausgezeichnet. Bewertet werden die Zukunftsfähigkeit und Praxisrelevanz der Innovationen. Auswahlkriterien sind Wirtschaftlichkeit, Leistungssteigerung, Energie- und Ressourceneffizienz sowie ihr Beitrag zum Umweltschutz, zur Humanisierung des Arbeitsplatzes und zur Imageaufwertung der Branche. Der Wettbewerb ist ein gemeinschaftliches Projekt von VDMA (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V.), HDB (Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V.), ZDB (Zentralverband des deutschen Baugewerbes e.V.), BBS (Bundesverband Baustoffe - Steine und Erden e.V.) und der bauma. Aufgrund der besonders umweltverträglichen und kostengünstigen Arbeitsweise wurde die Entwicklung des neuen Systems vom Bundesumweltministerium gefördert.
Pipe Express® ist ein komplett neues maschinelles Verfahren zur oberflächennahen Verlegung von Pipelines. Über 1.000 Meter lange Pipelines mit einem Durchmesser von 800 – 1.500 Millimeter (32‘‘ - 60‘‘) können damit verlegt werden. Eine Tunnelbohrmaschine löst den Boden, der über eine mitgeführte Fräseinheit direkt zu Tage gefördert wird. Gleichzeitig wird die Pipeline unterirdisch verlegt. Da so Erdaushubarbeiten auf ein Minimum reduziert werden können und Grundwasserabsenkungen entlang der Trasse nicht notwendig sind, greift Pipe Express® nur in geringem Maße in die Umwelt ein. Das Verfahren ist bisher einmalig: Der Boden wird direkt abgebaut und nicht verdrängt, um die Pipelines mit einem Durchmesser bis zu 1.500 Millimeter zu verlegen. Seine Vorteile kann Pipe Express® beispielweise in Projekten voll ausspielen, bei denen der Grundwasserspiegel nur wenige Zentimeter unter der Geländeoberfläche liegt, morastiges Gelände vorherrscht oder Naturschutz eine besondere Rolle spielt.
Geringer Personaleinsatz und hohe Arbeitssicherheit
Die Hauptkomponenten des neuen Verlegesystems sind eine unterirdisch arbeitende Tunnelbohrmaschine, eine Fräseinheit mit Buggy sowie ein Operatorfahrzeug an der Geländeoberfläche. Der modulare Aufbau der gesamten Anlage ermöglicht einen einfachen Transport und Standortwechsel sowie eine hohe Flexibilität bei wechselnden Projektbedingungen. Das kompakte System wird vom Operatorfahrzeug aus ferngesteuert, ein Ausheben von Gräben entfällt. So kann der Einsatz von schweren Erdbewegungsmaschinen und Personal gering gehalten werden, gleichzeitig erhöht sich die Arbeitssicherheit.
Kostenersparnis durch minimale Erdarbeiten
Bei Projekten in besonders anspruchsvollen Gebieten mit nicht standfestem Boden, wasserführenden Schichten und großen Verlegetiefen werden mit der neuen Methode die Ausführungs- und Renaturierungskosten positiv beeinflusst. Im Vergleich zur konventionellen, offenen Bauweise verringert sich mit Pipe Express® die Trassenbreite um bis zu 70 Prozent und damit auch die dazu notwendigen Erdarbeiten. Beim Kreuzen landwirtschaftlicher Nutzflächen können dadurch im Vergleich zur offenen Bauweise größere Ernteausfälle und langfristige Entschädigungszahlungen vermieden werden.
Umweltschonende Verlegung von Pipelines
Mit Pipe Express® wird der Einfluss der Bautätigkeiten auf die umgebende Umwelt auf ein Minimum herabgesetzt. Die Akzeptanz bei Bevölkerung, Landnutzern und Landbesitzern verbessert sich durch den reduzierten Einsatz von großen Geräten und einer kürzeren Bauzeit. Das natürliche Bodengefüge wird minimal gestört, was die anschließende Rekultivierung vereinfacht. Entlang der Trasse sind keine aufwändigen Grundwasserabsenkungen erforderlich, ein Austrocknen von wassergesättigten Bodenschichten wird verhindert. Darüber hinaus ergibt sich durch die zügige Pipelineverlegung in einem Arbeitsschritt und durch eine Einsparung von konventionellen Baumaschinen eine deutliche Reduzierung von Abgas- und Lärmemissionen.
Testbohrungen und erstes Referenzprojekt erfolgreich realisiert
Die Herrenknecht AG hatte zunächst auf dem Firmengelände am Hauptsitz in Schwanau über ein Jahr lang Testbohrungen durchgeführt. Bei einem ersten Referenzprojekt in Sevenum in den Niederlanden konnte die neue Maschinentechnik Ende 2012 eingesetzt werden. „Pipe Express® hat alle unsere Erwartungen übertroffen“, stellt Projektleiter Andreas Diedrich zufrieden fest und berichtet weiter: „Die Anlage arbeitete mit einer Vortriebsgeschwindigkeit von bis zu 1,20 Meter pro Minute, sodass in drei Tagen 500 Meter Leitung lagen.“ Das Bauunternehmen Visser & Smit Hanab baut derzeit im Auftrag des Netzbetreibers Gasunie eine neue Gashochdruckleitung zwischen Odiliapeel und Melich. Auf einem Teilstück kam die Herrenknecht-Innovation in Einsatz. Visser & Smit Hanabs Geschäftsführer Wilko Koop bestätigte: “Ich bin sehr begeistert, es hat alles ausgezeichnet funktioniert“.
Pipeline-Verlegetechnik für alle Geologien und Gebiete
Weltweit wird von einer Erweiterung des Pipeline-Netzes um etwa 25.000 Kilometer pro Jahr ausgegangen. Die Herrenknecht AG sieht sich mit ihrem Portfolio zur Verlegung von Pipelines für Gas, Öl, Frischwasser, Fernwärme oder als Schutzleitungen für Elektrizitätskabel in allen Geologien und Gebieten gut aufgestellt. Bei anspruchsvollen Trassenverläufen ist PipeExpress® in Zukunft eine schnelle, umweltverträgliche und günstige Alternative zum offenen Bauverfahren. Als bewährte grabenlose Technik bietet die Herrenknecht AG zur Unterquerung von Flüssen, Straßen oder bewohnten Gebieten für weiche bis sehr harte Böden das flexible HDD-Verfahren an oder bei nicht standfesten Böden das einstufige Direct Pipe®-Verfahren.
Pipe Express® - Das Verfahren
Bei der Verlegung mit Pipe Express® bohrt eine Tunnelbohrmaschine den Tunnel für die simultan verlegte Pipeline. Der abgebaute Boden wird direkt über die Fräseinheit zu Tage gefördert und neben der Trasse gelagert. Zugleich dient die Fräseinheit als vertikale Verbindung zwischen der Tunnelbohrmaschine und der Geländeoberfläche. Das Operatorfahrzeug begleitet das Verlegesystem und stellt sämtliche Logistik bereit. Dazu gehören der Steuerstand für den Operator, der Aggregateraum, eine Hochleistungspumpe sowie ein Vorratsbehälter für Bentonit, das verwendet wird, um die Mantelreibung zwischen Rohrstrang und Boden herabzusetzen. Mit dem integrierten Kransystem können Montage- und Demontagearbeiten in kürzester Zeit ausgeführt werden. Die Vorschubkraft für Abbaueinheit und Pipeline wird von der Startposition aus mit einem Herrenknecht Pipe Thruster aufgebracht.
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