Mehr als nur sauberes Wasser: Neues interdisziplinäres Projekt zur separaten Behandlung von Abwässern aus Einrichtungen des Gesundheitswesens

15.02.2012

„Die Rückstände von Medikamenten belasten mehr und mehr das Abwasser“, fasst Univ.-Prof. Dr.-Ing. Johannes Pinnekamp vom RWTH-Institut für Siedlungswasserwirtschaft (ISA) die aktuelle Entwicklung zusammen. Es ist zu erwarten, dass der Arzneimittelverbrauch - unter anderem bedingt durch den demographischen Wandel – weiter zunimmt. Dies führt seinen Worten zufolge zu einem Anstieg von Medikamentenrückständen in allen Abwasserströmen.

„Besonders Abwässer aus Krankenhäusern, Pflegeheimen und Ärztehäusern enthalten zum einen pharmazeutische Wirkstoffe, die oft in konventionellen Kläranlagen nur unzureichend eliminiert werden und so im Wasserkreislauf verbleiben. Für viele solche Stoffe werden Wirkungen für Mensch und Umwelt vermutet bzw. wurden bereits nachgewiesen“, diagnostiziert der Aachener Wasserwirtschaftler. „Die Abwässer aus Einrichtungen des Gesundheitswesens enthalten zudem auch Krankheitserreger.“ Offene Fragen bestehen hinsichtlich der jeweiligen Wirkstoffmengen und der Interaktionen dieser Erreger mit den im Abwasser enthaltenen Medikamentenrückständen, der Bildung von multiresistenten Keimen und der Reinigungsmöglichkeiten der entsprechenden Abwässer.
 
Zur Untersuchung dieser Fragestellungen startete mit seiner Auftaktveranstaltung jetzt das Verbundprojekt „SAUBER+ – Innovative Konzepte und Technologien für die separate Behandlung von Abwasser aus Einrichtungen des Gesundheitswesens“. Das dreijährige Projekt unter der Leitung von Professor Pinnekamp wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Fördermaßnahme "Risikomanagement von neuen Schadstoffen und Krankheitserregern im Wasserkreislauf“ mit rund 3 Millionen Euro gefördert.
 
Zentrale Bausteine des Projekts sind: 
  • die transdisziplinäre Risikocharakterisierung der Abwasserströme aus Pflegeeinrichtungen, Seniorenresidenzen, Hospizen, Ärztehäusern und Kliniken für Mensch und Umwelt;
  • die Untersuchung und Optimierung von Technologien zur Elimination von Medikamenten und Keimen aus diesen Abwasserströmen sowie
  • innovative Kommunikations- und Bildungsmaßnahmen zur Verbreitung der Erkenntnisse und Sensibilisierung aller beteiligter Akteure (Ärzte, Apotheker, Pflegekräfte, Patienten, Angehörige, etc.).
 
Als Ergebnisse werden einrichtungs-, einzugsgebiets- und zielgruppenspezifische Maßnahmen zur Vermeidung des Eintrags von pharmazeutischen Wirkstoffen und Krankheitserregern in die Umwelt anhand konkreter Anwendungsfälle entwickelt. Darauf aufbauend werden Empfehlungen für innovative Konzepte und Technologien für die separate Behandlung von Abwasser aus Einrichtungen des Gesundheitswesens und Veränderungen in der Organisation des Betriebs formuliert.
 
Das interdisziplinäre Projektteam setzt sich aus Experten von sechs Forschungseinrichtungen und fünf Praxispartnern zusammen: Neben dem ISA arbeiten das Institut für Nachhaltige Chemie und Umweltchemie (INUC, Leuphana Universität Lüneburg) und das Institut für Umwelt-medizin und Krankenhaushygiene (IUK, Universitätsklinikum Freiburg) aus dem naturwissenschaftlichen Bereich im Projekt. Die vorrangig sozialwissenschaftlich ausgerichteten Projektaufgaben werden vom ISOE-Institut für sozial-ökologische Forschung (Frankfurt am Main), dem Institut für Umweltkommunikation (INFU, Leuphana Universität Lüneburg) und der DIALOGIK gemeinnützigen Gesellschaft für Kommunikations- und Kooperationsforschung (Stuttgart) bearbeitet. Zu den Praxispartnern gehören die Emschergenossenschaft aus Essen, das Ortenau Klinikum sowie die Industrieunternehmen Carbon Services and Consulting GmbH (Vettweiß), Microdyn-Nadir GmbH (Wiesbaden) und UMEX GmbH (Dresden). Durch eine kontinuierliche Einbindung wichtiger Akteure aus Gesundheitswesen, Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft in das Verbundprojekt werden die Praktikabilität und Akzeptanz der entwickelten Lösungen sowie die Verbreitung der Projektergebnisse stark erhöht. Dazu Professor Pinnekamp: „In dieser Kooperation sind wir zuversichtlich, Wege und Möglichkeiten aufzuzeigen, sodass Medikamentenrückstände unsere Umwelt nicht mehr belasten.“

Kontakt

Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen

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Templergraben 55

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