Mit Spezialrohren zum Ziel
08.10.2018
Unterquerung der Elm-Lappwald-Bahn mit GFK-Vortriebsrohren von Amiblu.
Im Frühling 2017 begann die Abwasserentsorgung Helmstedt mit der baulichen Umsetzung des Projektes „Oberflächenwasserableitung Sternberger Teich“. Durch die Reduzierung der Mischwassermenge soll die örtliche Abwasser-behandlungsanlage entlastet und die Reinigungsleistung verbessert werden; darüber hinaus geht es darum, die hydraulische Belastung des vorhandenen Kanalnetzes zu verringern.
Hierfür wird nach den Plänen von Weinkopf Ingenieure für Bauwesen, Helmstedt, ein rund 1,7 km langes Kanal- und Grabensystem gebaut. Im Rahmen der Baumaßnahme, deren Fertigstellung für Anfang 2019 vorgesehen ist, musste neben einer Bundesstraße auch die Bahntrasse der Elm-Lappwald-Bahn gequert werden. Beide Querungen wurden im Rohrvortrieb vorgenommen, wobei bei der Querung der Bahntrasse Flowtite GFK-Vortriebsrohre DN 1280 (EVL-Rohre) der Amiblu GmbH aus Döbeln zum Einsatz kamen.
Die 3 m langen Vortriebsrohre verfügen trotz einer relativ geringen Wandstärke über die nötige Festigkeit für die Verlegung unter dem Gleiskörper und erfüllen damit die hohen statischen Anforderungen an der Einbaustelle. Darüber hinaus besitzen sie eine Zulassung des Eisenbahn-Bundesamtes zum Einbau im Druckbereich von Eisenbahn-verkehrslasten. Durchgeführt wurde die Vortriebsmaßnahme von der C. T. G. Press Bohr GmbH & Co. KG aus Chemnitz.
Trassenführung mit Herausforderungen
Das neu erstellte Kanal- und Grabensystem soll künftig das Oberflächenwasser ableiten, welches bislang über einen Überlauf aus dem Sternberger Teich durch den vorhandenen Mischwasserkanal in die Abwasserbehandlungsanlage gelangte.
Gerade Starkregenereignisse führen hier zu erheblichen Belastungsspitzen, da neben dem Grundabfluss aus den Bächen des Lappwaldes bei Regenfällen auch erhebliche Wassermengen aus den im Einzugsbereich liegenden, bebauten Stadtflächen in den Sternberger Teich gelangen.
Durch Trennung von Schmutz- und Regenwasser wird letzteres dann durch das neue System an der Abwasserbehandlungsanlage vorbeigeführt und dem Mühlengraben als Vorfluter direkt zugeführt. Dies hat einen nicht unwesentlich positiven Effekt, wie Stefan Müller von Weinkopf Ingenieure betont, der die Planung der Baumaßnahme begleitete: „Der Abwasserbehandlungsanlage wird deutlich weniger Mischwasser zugeführt, welches dann gereinigt werden muss. Durch die geringere Wassermenge, die behandelt werden muss, sinken auch die Betriebskosten der Abwasserbehandlungsanlage und die Reinigungsleistung wird verbessert.“
Der geplante Trassenverlauf des zukünftigen Kanal- und Grabensystems enthielt schon im ersten Abschnitt zwei bautechnische Herausforderungen: So musste neben der Bundesstraße 244 auch die Bahntrasse der Elm-Lappwald-Bahn unterquert werden. Aufgrund der besonderen Anforderung, dass sowohl der Auto- als auch der Bahnverkehr während der Baumaßnahme nicht beeinträchtigt werden durften, entschied man sich in beiden Fällen für einen Rohrvortrieb zur Verlegung der Kanalrohre.
Unter der Bahn hindurch
Näher betrachtet, unterschieden sich die beiden Querungen in der Ausführung voneinander: Während bei der Bundesstraße Betonrohre in Kombination mit einem bemannten Rohrvortrieb zum Einsatz kamen, waren es bei der Querung der Bahntrasse GFK-Vortriebsrohre von Amiblu, die im unbemannten Rohrvortrieb verlegt wurden.
Dabei wurden von einer Startbaugrube aus mit Hilfe einer Pressstation die GFK-Rohre in den Baugrund vorgetrieben. Eine elektronisch gesteuerte Mikrotunnelbaumaschine mit Trockenförderung baute den anstehenden Baugrund ab, und eine Förderschnecke transportierte das Bodenmaterial durch die Rohre in die Startbaugrube.
Die Baugrunduntersuchung in diesem Trassenbereich hatte ergeben, dass es sich bei dem zu durchquerenden Bahndamm um aufgeschüttetes Material handelte, dessen genaue Zusammensetzung nicht näher bestimmt werden konnte.
„Hierfür wären auch Erkundungsbohrungen mittig im Gleiskörpers notwendig gewesen, und die waren nicht möglich“, so Müller. „In der Aufschüttung müssen aber einige große Steine gewesen sein; das hat man während des Vortriebes gehört.“ Zu Problemen oder sogar Vortriebsunterbrechungen führten diese aber nicht.
Bevor jedoch mit den eigentlichen Vortriebsarbeiten begonnen werden konnte, mussten mehrere 20kV-Leitungen aus Sicherheitsgründen umgelegt werden. „In der Nähe der Vortriebsstrecke befindet sich ein Umspannwerk und es lagen dort insgesamt 12 sogenannte Pakete 20 kV-Leitungen sehr nah an der geplanten Trassenführung im Untergrund“, erklärt Bernd Geisler, Betriebsleiter der Abwasserentsorgung Helmstedt (AEH).
„Von den 12 Paketen waren bereits 6 nicht mehr im Betrieb, und von den übrigen 6 konnten 3 weitere außer Betrieb genommen werden, sodass im Endeffekt 3 Pakete verlegt werden mussten.“ Nach Abschluss dieser Vorarbeiten und der Errichtung der Start- und Zielbaugrube konnte Ende Mai 2017 dann die C. T. G. Press Bohr GmbH & Co. KG, Chemnitz, mit dem rund 30 m langen Vortrieb beginnen.
Die Vorteile von GFK überzeugten
„Wir haben uns bei diesem Vortrieb bewusst für den Einsatz von GFK-Rohren entschieden“, so Bernd Geisler. „Die vorhandene Überdeckung war so gering, dass die Verwendung von Betonrohren, wie bei der Querung der Bundesstraße, nicht möglich gewesen wäre. Wir brauchten Rohre, die eine geringere Wandstärke haben und dennoch über die notwendige Festigkeit für eine Belastung unterhalb einer Bahntrasse verfügen.“
Eigenschaften, die die EVL-Rohre (EVL = Eisenbahn-Verkehrs-Lasten) des GFK-Rohr-Spezialisten Amiblu erfüllen. „Diese GFK-Vortriebsrohre sind speziell für die Verlegung unterhalb einer Bahntrasse konzipiert worden und verfügen über die EBA-Zulassung. Das ist eine spezielle Zulassung des Eisenbahnbundesamtes“, erläutert Marc Hirschmann, Gebietsverkaufsleiter von Amiblu. „Die Rohre haben eine größere Wandstärke als normale GFK-Rohre und können so den höheren Belastungen standhalten, die der Zugverkehr mit sich bringt.“
Neben einem geringen spezifischen Gewicht und hervorragenden hydraulischen Eigenschaften benötigen GFK-Rohre beim Rohrvortrieb keinen Druckübertragungsring. Die Spitzenden der GFK-Rohre können die auftretenden Vortriebskräfte ohne Beschädigung aufnehmen. Als Rohrverbindung kam eine Edelstahlkupplung mit integrierter Dichtung zum Einsatz.
„Bemessen waren die Rohre bei diesem Vortrieb für eine maximale Vortriebskraft von 4500 kN“, so Hirschmann. Damit es während des Vortriebes nicht zu einer Überschreitung dieser maximalen Vortriebskraft kam, wurde die Mantelreibung zwischen Rohrstrang und Baugrund mit Hilfe einer Bentonitsuspension reduziert. Eine weitere Aufgabe der Bentonitsuspension ist die Stützung des den Rohrstrang umgebenen Ringspaltes und damit die Sicherstellung der Setzungsfreiheit der Gleise.
Just-in-time
Die GFK-Vortriebsrohre von Amiblu wurden für diese Baumaßnahme getaktet angeliefert und waren damit just-in-time auf der Baustelle verfügbar. „Eine kleine zusätzliche Besonderheit zeichnete diese Baumaßnahme noch aus“, erinnert sich Hirschmann. „Die Firma C. T. G. Press Bohr GmbH wollte im Vorfeld die Produktion der EVL-Rohre sehen. Daher haben wir eine Werksabnahme in Döbeln organisiert und uns die Produktion gemeinsam angesehen.“
Hintergrund dieses eher ungewöhnlichen Wunsches war, dass C. T. G. Press Bohr GmbH sehen wollte, ob die GFK-Vortriebsrohre mit der gewählten Vortriebsmaschine kompatibel sein würden und wie die Oberfläche der Vortriebsrohre in Bezug auf die Rauigkeit beschaffen ist. Beide Punkte konnten zur Zufriedenheit geklärt werden. „Vor dem Einbau der Rohre wurden diese auf der Baustelle dann noch einmal genau inspiziert“, so Hirschmann.
Insgesamt dauerte der reine Vortrieb rund vier Tage und konnte im Juni 2017 mit der Bergung der Vortriebsmaschine in der Zielbaugrube abgeschlossen werden. Im Anschluss daran wurden die Start- und Zielbaugrube zu Kontrollschächten ausgebaut. Der Anschluss des GFK-Rohrstranges an die Kontrollschächte erfolgte mit einem GFK-Gelenkrohr.
Rückblickend zeigten sich alle sehr zufrieden mit dem Ergebnis und dem Ablauf der Vortriebsmaßnahme. „Die Zusammenarbeit zwischen Amiblu und C. T. G. Press Bohr funktionierte sehr gut, und es gab keinerlei Probleme“, betont Müller, Hirschmann ergänzt: „Bei allen Besuchen auf der Baustelle konnte ich einen reibungslosen Ablauf beobachten.“
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