Müller: Marktsignale für Milliarden-Investitionen fehlen

03.07.2012

Das diesjährige Motto des BDEW Kongresses lautet "Märkte von morgen - zwischen Wettbewerb und Regulierung". "Damit sind ganz grundsätzliche Fragen der Energiewirtschaft verbunden. Die erste Frage ist: ob und wie müssen in Zukunft Anreize gesetzt werden, damit konventionelle Kraftwerke weiterhin betrieben und neue Kraftwerke gebaut werden können?

Aufgrund des stetigen Ausbaus der Erneuerbaren Energien und der damit einhergehenden dämpfenden Wirkung auf die Börsenpreise gibt es aktuell nicht genügend Preissignale, um Milliarden-Investitionen in neue Kraftwerke auszulösen", erklärte Hildegard Müller, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW).
 
Dies führe dazu, dass das jetzige Energy-only-Marktmodell künftig alleine voraussichtlich nicht mehr ausreichen werde. "Vielmehr müssen wir künftig wahrscheinlich eher zu einem Modell kommen, bei dem auch Leistung bezahlt werden kann", so Müller. Wie die Erzeugung beziehungsweise Leistungsbereitstellung dann vermarktet werden könne, beispielsweise über Ausschreibungs- oder Börsenmodelle, müsse noch ausführlich diskutiert werden.
 
Langfristig gehe es darum, die Erneuerbaren Energien schrittweise in den Markt zu integrieren und mit dem Markt der konventionellen Energieerzeugung in einem unter Umständen vollkommen neuen Marktdesign zusammenzuführen. "Das Marktdesign der Zukunft sollte jedoch kein umfassendes, staatliches Subventionsmodell, sondern eine Marktlösung sein. Und dies sollte nicht nur für Deutschland, sondern für einen gesamteuropäischen Energiemarkt entwickelt werden. Wir sind aktuell im BDEW dabei, uns mögliche Modelle anzusehen, zu bewerten und entsprechende Vorschläge zu unterbreiten", erläuterte Hildegard Müller. Das Marktmodell der Zukunft müsse nicht sofort, aber bald kommen. "Bis zum Jahr 2014/2015 brauchen wir spätestens eine Lösung."
 
Eines der drängendsten Probleme sei aktuell die Weiterentwicklung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Müller: "Das Modell eines zukünftigen Strommarktes muss ein weiterhin stark quantitatives Wachstum Erneuerbarer Energien möglich machen. Denn nur so können wir die klimapolitischen Ziele erreichen." Es müsse so ausgestaltet werden, dass es Innovationen fördert, damit die Komponenten zur Sicherstellung von Systemdienstleistungen entwickelt werden, die in Zukunft gebraucht würden. "Das Modell der Zukunft muss auch über Vorfahrtsregeln neu nachdenken, nicht nur in Bezug auf konventionelle Kraftwerke, sondern auch hinsichtlich Erneuerbarer Energien - natürlich immer vor dem Hintergrund der aktuellen Forschung und Entwicklung in diesem Bereich. Es muss Sorge dafür tragen, dass wir den kosteneffizientesten Weg einschlagen und es muss Teil eines wettbewerblich organisierten Marktes sein, damit wir sicherstellen, dass wir eine dauerhaft tragfähige und EU-kompatible Lösung entwickeln", betonte Müller.
 
Als nächste entscheidende Determinante für den Ausbau der Erneuerbaren Energien nannte Müller den Ausbau der dafür notwendigen Stromtrassen. "Ohne Netze keine erneuerbare Stromeinspeisung. Wir brauchen eine Regelung, die zum Beispiel feststellt: Wenn der Ausbau der Netze in einer Region noch nicht den notwendigen Stand erreicht hat, dann kann es in dieser Region keinen zusätzlichen Ausbau von Erneuerbaren Energieträgern mit Einspeisevorrang geben. Abgeregelt, aber teuer bezahlt – das darf nicht der Slogan der deutschen Energiewende werden", sagte die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung.
 
Eine bessere Koordinierung zwischen Bund und Ländern sei für die weitere Umsetzung der Energiewende zwingend erforderlich. "Wir brauchen nicht 16 Einzelpläne in 16 Bundesländern. Die Summe all der Einzelteile ergibt kein Ganzes. Und das, was es ergibt, ist weit entfernt von dem, was die Bundesregierung als grundlegende Planung für die kommenden Jahre vorgegeben hat. Was wir brauchen, ist ein gemeinsamer Plan für Deutschland eingebettet in einen europäischen Binnenmarkt für Strom und Gas", sagte Müller. Es dürfe nicht sein, dass jedes Bundesland für sich und viele Kommunen noch dazu ihre eigenen Vorstellungen von Autarkie und Energieversorgung haben, ohne über den Tellerrand zu schauen. "Energie macht nicht an Landesgrenzen halt. Eines wird scheitern. Entweder die Idee eines volkswirtschaftlich sinnvollen Umbaus der Energieversorgung oder ein großer Teil der Versprechungen, die gegenwärtig in den Landeskabinetten auf den Weg gebracht wurden", erklärte Müller.
 
Die Bevölkerung hat grundsätzlich weiterhin eine positive Einstellung zur Energiewende. Jedoch hat die Sorge zugenommen, dass die Umsetzung gelingt. Das belegen erste Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung der Forschungsgruppe Wahlen im Auftrag des BDEW. Danach finden zwar 90 Prozent der Bundesbürger die Energiewende nach wie vor wichtig oder sehr wichtig (Januar 2012: 89 Prozent). Jedoch sagen fast zwei Drittel (62 Prozent) der Befragten, dass die Energiewende nicht gut oder gar nicht gut vorangeht. Hildegard Müller: "Die Anfangseuphorie zur Energiewende ist verflogen. Wir befinden uns in der Phase der Orientierung zur konkreten Umsetzung der Energiewende. Es geht jetzt darum, diese Phase kritisch, konstruktiv zu begleiten."
 
Der BDEW begeht mit dem diesjährigen Kongress, zu dem rund 1.300 Teilnehmer erwartet werden, auch sein fünfjähriges Bestehen. "Fünf Jahre BDEW heißt fünf Jahre gemeinsame Geschichte von VDEW, BGW, VDN, VRE und HEA. Das sind fünf Jahre, in denen wir miteinander groß geworden sind und in denen wir uns Schritt für Schritt als starke gemeinsame Stimme der Energie- und Wasserwirtschaft in der Öffentlichkeit positioniert haben. Von Beginn an war es unser Ziel, mit der Kraft der einen Meinung die Interessen der Unternehmen und der Branchen, die wir vertreten, voranzubringen. Ich denke, wir können beim BDEW stolz auf das sein, was wir in diesen fünf Jahren erreicht haben", sagte Müller.

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