Linearverbau überzeugt auf engstem Raum: Neue Stützwand für Ortsdurchfahrt Tanneberg
16.06.2016
Ein Teil der sächsischen Staatsstraße S 36, welche die Städte Wilsdruff und Nossen miteinander verbindet, wird in diesen Tagen grundhaft ausgebaut. Im Rahmen der umfangreichen Arbeiten musste auch eine aus der Mitte des 19. Jahrhunderts stammende Stützwand erneuert werden, die durch ein Hochwasser in der jüngeren Vergangenheit stark in Mitleidenschaft gezogen worden war. Der schwierige Baugrund sowie die straßennahe Bebauung vor Ort bildeten dabei besondere Herausforderungen, welche es mit Blick auf die Baumaßnahme zu beachten galt.
Die vom Landesamt für Straßenbau und Verkehr, Meißen, mit der Ausführung der erforderlichen Arbeiten beauftragte Heinz Lange Bauunternehmen GmbH setzte zur Sicherung der Baugrube den einschienigen Linearverbau von Emunds+Staudinger ein, einer Produktmarke der thyssenkrupp Infrastructure.
Das Verbausystem hat alle Erwartungen erfüllt: Sowohl in Bezug auf den Schutz der umliegenden Wohnbebauung als auch während der Betonage der neuen Stützwand, bei der die Laufwagen nach Herstellung der Fundamentplatte entsprechend der statischen Vorgaben des Herstellers in die Höhe gezogen werden konnten, sodass der benötigte Arbeitsraum gegeben war.
Standsicherheit verloren
Errichtet worden war die Stützwand bereits im Jahr 1850. Ein Hochwasserereignis aus der jüngeren Vergangenheit, bei dem der Neutanneberger Dorfgraben über die Ufer getreten war, hatte auch die Bruchsteinwand so stark in Mitleidenschaft gezogen, dass sie die Anforderungen an die Verkehrssicherheit und Standsicherheit nicht mehr erfüllte: „Teile der an Privatgrundstücke angrenzenden Mauer waren durch mehrere Fahrbahneinbrüche im Randbereich stark gefährdet“, erläutert Dipl.-Ing. (FH) Frank Rahnfeld, Landesamt für Straßenbau und Verkehr. Im Zuge eines bereits Mitte Juni 2015 unter halbseitiger Verkehrsführung mit Ampelanlage begonnenen Ausbaus der Staatsstraße S 36 wurde deshalb jetzt auch die Stützwand erneuert.
Über die mögliche Vorgehensweise, insbesondere die Sicherung der Baugrube, haben die beteiligten Baupartner aufgrund der Rahmenbedingungen im Baufeld intensiv diskutiert. „Ein von uns in Auftrag gegebenes erweitertes Baugrundgutachten wies unter anderem Gneis der höchsten Bodenklasse 7 aus“, nennt Rahnfeld einen der Gründe, welcher die Aufgabe zum durchaus anspruchsvollen Unterfangen machte.
Hinzu kommt: Der Untergrund im Baufeld ist sehr zerklüftet, neben Gneis weist er punktuell auch Lehmeinschlüsse auf. „Die zur Sicherung der Bauarbeiten ursprünglich ausgeschriebene Trägerbohlwand erwies sich daher als wenig praktikable Option“, ergänzt Bauleiter André Nürnberger, Baumanagement Nürnberger. „Der Untergrund aus schwer lösbarem Fels hätte das Rammen der Stahlträger erheblich erschwert, zudem hätten sich auch Schäden an der umliegenden nahen Bebauung nicht ausschließen lassen.“
Entscheidendes Konstruktionsmerkmal
So knifflig sich die Lage vor Ort präsentierte, so sehr bot sie sich für den Einsatz des Linearverbaus an. „Bei Verwendung des Linearverbaus bleibt der Boden außerhalb des Grabens weitgehend unberührt“, erläutert Dipl.-Ing. Fritjof Heiland, Fachberater der thyssenkrupp Infrastructure. „Die umliegende Bebauung wird ebenso wenig beeinträchtigt wie der Verkehrsfluss.“ Das sei auch dann nicht der Fall, wenn der Verkehr, wie es in Tanneberg der Fall ist, unmittelbar neben dem Graben fließe.
Das entscheidende Konstruktionsmerkmal des Linearverbaus resultiert aus den biegesteifen Laufwagen. Diese sorgen dafür, dass die Grabenbreite bei Ein- und Rückbau des Systems in jeder Bauphase gleich bleibt. Die Breite des biegesteifen Rahmens, der entsprechend der fortschreitenden Bautiefe des Grabens in der Höhe verfahrbar ist, wird durch unterschiedlich lange Zwischenstücke an die gewünschte Grabenbreite angepasst.
Nach und nach ins Erdreich
Gemeinsam haben Nürnberger und Heiland die Lösung für die Sicherung der Baugrube erarbeitet. Zum Einsatz kam das einschienige Linearverbausystem in einer Ausführung mit 4,13 m langen Modulen und 4,13 m langen Trägern. Beim Ausschachten der Baugrube stellt der Bagger die Verbauelemente ein und drückt diese bei gleichzeitigem Bodenaushub nach und nach in das Erdreich.
Schon beim Ansetzen des ersten Verbaufeldes werden die Vorteile des Linearverbausystems deutlich. Nach der Vormontage der Führungsrahmen mit den Laufwagen und den eventuell erforderlichen Verbreiterungen wird der Graben für eine Feldlänge in geringer Tiefe ausgehoben. Als nächster Arbeitsschritt erfolgt das Einstellen des ersten Führungsrahmens. Der zweite Bagger setzt die Verbauplatten. Wenn die Platten rechtwinklig zum Laufwagen und parallel zueinander ausgerichtet sind, kann der zweite Führungsrahmen problemlos von oben in die Plattenenden eingeschoben werden.
Genug Platz für die Stützwand
Nach Fertigstellung der Baugrube wurde die ca. 45 cm starke Fundamentplatte betoniert. Sie diente in der weiteren Bauphase als Trägerfußabstützung zur Lastaufnahme der Linearverbauträger. In dieser Bauphase konnten die Laufwagen entsprechend den statischen Vorgaben des Herstellers in die Höhe gezogen werden, sodass ausreichend Platz für das Erstellen der neuen Stützwand gegeben war.
Auch eine weitere ortsspezifische Herausforderung konnte mit dem Linearverbausystem gemeistert werden. „Da die Baugrube entsprechend der Straßenführung einen leichten Radius aufwies, haben wir in den Kurvenbereichen einfach ein komplettes Verbaumodul neu angesetzt“, erklärt Bauleiter Nürnberger.
Nach Fertigstellung der Stützwand konnte mit dem eigentlichen grundhaften Ausbau der Straße begonnen werden. Dabei werden nicht nur Schäden an der bestehenden Fahrbahn behoben, sondern außerdem ein Bürgersteig neu angelegt. Das Resümee, das Bauleiter Nürnberger stellvertretend für alle Baubeteiligten zieht, fällt positiv aus: „Wir sind mit dem Verbau sehr zufrieden gewesen – das System war einfach zu handhaben und hat sämtliche Erwartungen erfüllt, die wir daran geknüpft hatten.“
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