Ruhrwasserwirtschaft: Qualität des Wassers erneut verbessert

09.09.2008

Ruhrverband und AWWR stellen den Ruhrgütebericht 2007 vor

Der sichere Betrieb, die kontinuierliche Verbesserung der Abwasserreinigung und der Trinkwasseraufbereitung sowie die Untersuchung der Wasserqualität: Das sind die Arbeitsschwerpunkte des Ruhrverbands und der Arbeitsgemeinschaft der Wasserwerke an der Ruhr (AWWR). Die beiden Organisationen dokumentieren dies eindrucksvoll im Ruhrgütebericht 2007. Über 100.000 Messdaten belegen, dass die hohe Qualität der Gewässer im Ruhreinzugsgebiet hinsichtlich der seit vielen Jahren im Fokus stehenden Parameter erhalten bzw. erneut verbessert werden konnte. „Eine künstliche Belüftung der Ruhr war im dritten Jahr in Folge zu keiner Zeit und an keiner Stelle erforderlich. Darüber hinaus gingen die registrierten Gewässerverunreinigungen von durchschnittlich 15 Ereignissen im Zeitraum 1997 bis 2006 auf sieben Vorkommen im Jahr 2007 zurück“, analysiert Professor Harro Bode, Vorstandsvorsitzender des Ruhrverbands, die Faktenlage anlässlich der Veröffentlichung des Ruhrgüteberichts 2007.

Die AWWR und der Ruhrverband führen eigene Monitoringprogramme durch, die aktuelle Einschätzungen zu relevanten Stoffen ebenso möglich machen wie Vorsorgemaßnahmen gegen die Einleitung unerwünschter Stoffe. „Mit den umfangreichen Untersuchungen übernehmen wir eine freiwillige Aufgabe, die es uns möglich macht, auch auf aktuelle Anlässe wie TOSU zu reagieren“, erklärt Hansjörg Sander, Vorsitzender der AWWR auf der Pressekonferenz zum Ruhrgütebericht.

Organische Belastung, Nährstoffe und Sauerstoffhaushalt
Ein wesentliches Qualitätsmerkmal für die Wasserbeschaffenheit von Oberflächengewässern sind nach wie vor die Belastungen mit organischen Stoffen sowie mit Nährstoffen. Die im Rahmen von Längsuntersuchungen der Ruhr gemessenen Konzentrationen belegen, dass sich der abnehmende Trend bei den organischen Stoffen (CSB) als auch bei den Nährstoffen Phosphor und Ammonium-Stickstoff weiter fortsetzt.
„Die Umweltqualitätsnorm weist für den wichtigen und trinkwasserqualitätsrelevanten Parameter Ammonium-Stickstoff einen ‚sehr guten’ Zustand aus. Zurückzuführen ist dies auf die nochmals verbesserte Reinigungsleistung der Verbandskläranlagen, die weit bessere Ablaufergebnisse erzielen als der Landes- oder Bundesdurchschnitt aller Kläranlagen“, stellt Professor Harro Bode fest.

PFT-Vorkommen an der Ruhr
Der Streit um das Thema PFT ist mittlerweile vor allem eine politische Auseinandersetzung. Denn bei nüchterner Betrachtung stellt man fest, dass die Konzentrationen in der Ruhr für die Summe aus PFOA und PFOS sämtlich unterhalb des Wertes von 0,3 Millionstel Gramm pro Liter, den die Trinkwasserkommission im Trinkwasser für lebenslangen Genuss als duldbar festgelegt hat.

Die PFT-Gehalte in der Ruhr gingen tendenziell zurück und blieben (in der Ruhr bei Essen) im letzten Quartal 2007 und im ersten Halbjahr 2008 für die Summe aus PFOS und PFOA sogar unter 0,1 Millionstel Gramm pro Liter, dem (trinkwasserhygienischen) Zielwert gemäß Trinkwasserkommission. Ein gewisser Anstieg der PFT-Konzentration Ende Juni/Anfang August diesen Jahres ist saisonbedingt und war auf die niedrige Wasserführung der Ruhr zurückzuführen. Für den Wasserkonsumenten gibt es somit keinerlei Anlass zur Besorgnis, zumal bei der Trinkwasseraufbereitung eine weitere Reduzierung der PFT-Konzentrationen erfolgt.

Die im Jahr 2007 in der Ruhr vorgefundenen perfluorierten organischen Tenside stammen zu rund zwei Dritteln aus diffusen Quellen, d.h. hauptsächlich aus Abschwemmungen von kontaminierten Flächen, und nur zu einem Drittel aus Einleitungen kommunaler Kläranlagen. Wobei die PFT-Belastungen in kommunalem Abwasser zu drei Vierteln durch gewerbliche Indirekteinleitungen, vornehmlich aus der metallbe- und -verarbeitenden Branche verursacht werden.

Insgesamt ist davon auszugehen, dass der Flächenaustrag als Folge von Sanierungsmaßnahmen weiterhin abnehmen wird. Außerdem werden sich voraussichtlich auch die gewerblichen PFT-Einleitungen durch den Einsatz von Ersatzstoffen und ggf. durch Behandlungsmaßnahmen vor Ort verringern lassen.

Organische Spurenstoffe
Aufgrund immer genauer werdender analytischer Möglichkeiten stellt man zunehmend das Vorhandensein verschiedenster Stoffe, allerdings in extrem niedrigen Konzentrationen im Gewässer fest. Wie ein roter Faden zieht sich daher das Thema Stoffspuren durch die Fachaufsätze. Dabei ist es wichtig, herauszustellen, dass die geltenden Vorsorgewerte für das Trinkwasser eingehalten und größtenteils weit unterschritten werden. Dennoch bleibt abzuwarten, ob weitere Forderungen hinsichtlich des Trinkwassers und der Gewässer seitens des Staates gestellt werden. „Falls der Gesetzgeber Handlungsbedarf feststellt, muss gefragt werden, ob die Trinkwasserwerke, die kommunalen Kläranlagen oder die originären Verschmutzungsquellen die richtigen Orte für etwaige Maßnahmen sind. Hierzu ist eine intensive sachliche Diskussion erforderlich, die auch die Kosten der unterschiedlichen Handlungsalternativen betrachtet,“ erklärt Professor Harro Bode.

Neben den schon bisher betrachteten organischen Spurenstoffen wurden im Jahr 2007 daher zusätzliche Problemstoffe und Verbindungen aus dem Bereich der Arzneimittel und Industriechemikalien in das Messprogramm aufgenommen. In der Gesamtheit umfasst das Prüfprogramm ca. 300 organische Einzelverbindungen. Aus der Vielzahl der Komponenten zeigt nur eine sehr geringe Anzahl von organischen Spurenstoffen eine Relevanz für die Ruhr.

„Wir sind als Wasserwerke verantwortlich für die Qualität des Produkts, das wir unseren Kunden liefern. Wir sind aber nicht der Reparaturbetrieb, wenn unerwünschte Stoffe eingeleitet werden. Hier gilt das Verursacherprinzip. Die Aufsichtsbehörden müssen auf die Einhaltung der bekannten Vorgaben achten. Ein entsprechendes Anlagenkataster ist ein erster sinnvoller Schritt“, begrüßt Sander entsprechende Pläne des Umweltministeriums (Aktionsprogramm „Reine Ruhr“).

In Fachkreisen setzt sich mehr und mehr die Erkenntnis durch, dass es heute, wo man Konzentrationen bis nahe Null aufspüren kann, nicht mehr reicht, einfach zu sagen, bestimmte Stoffe gehörten nicht ins Rohwasser. Auch bei sehr weitgehender Entfernung dieser Stoffe wird man Reste davon immer wieder aufspüren können. Die Politik und somit auch die Öffentlichkeit müssen stärker als bisher in die Diskussion über Grenzwerte und tolerable Restrisiken einbezogen werden. Denn die Forderungen, bestimmte Grenzwerte noch weiter abzusenken, lassen sich nur mit erheblichen Kosten erfüllen.

„Nachdem die Diskussion über diese Fragestellung nunmehr auch in Deutschland über die Fachöffentlichkeit hinausgehende Kreise erreicht hat, ist sie mit Konsequenz und Seriosität fortzuführen, um möglichst bald einen republikweiten Konsens über einzuhaltende Grenzwerte im Gewässer herzustellen,“ gibt Professor Harro Bode zu bedenken.

Elodea in den Ruhrstauseen
Im Jahr 2006 fiel die Massenentwicklung der Wasserpflanze Elodea nuttallii in den oberen drei Ruhrstauseen infolge der ausräumenden Wirkung von Hochwasserereignissen im Frühjahr vergleichsweise gering aus. Im Jahr 2007 wurden wieder ähnlich hohe Bestandsdichten wie im Jahr 2005 registriert. Im Hengsteysee und im Kemnader See bedeckte der Bewuchs im Maximum gut 50 Prozent der Seeoberfläche, beim Harkortsee war knapp ein Drittel der Oberfläche betroffen. Ähnliches und teilweise sogar stärkeres Elodeawachstum ist auch im Jahr 2008 festzustellen. Der Ruhrverband hat zusammen mit externen Stellen eine Studie erstellt (Kosten über eine Millionen Euro), die zu dem ernüchternden Ergebnis kommt, dass dem Elodeaproblem nur schwer beizukommen ist, da das Ausmaß des Pflanzenwachstums unvorstellbar groß ist.

„Gegenmaßnahmen zur Verringerung des „Elodeaproblems“ erfordern einen kaum leistbaren personellen und finanziellen Einsatz“, erklärt Professor Harro Bode, „Es muss mit den betroffenen Anrainerkommunen diskutiert werden, welcher finanzielle Einsatz für eine im Zweifelsfall unvollkommene Bekämpfung des Problems geleistet werden soll und kann.“

Wasserrahmenrichtlinie
Die AWWR ist neben dieser umfangreichen wissenschaftlichen Tätigkeit auch als Interessenvertretung im politischen Raum aktiv: Dazu gehört ein überarbeitetes Positionspapier zur EG-Wasserrahmenrichtlinie, das im Ruhrgütebericht dokumentiert ist. „Wir machen damit deutlich, wie sich die 15 Wasserversorgungsunternehmen in den laufenden, mehrjährigen Prozess einbringen und welche grundlegenden Ziele sie dabei verfolgen“, erläutert Sander. In dem Positionspapier erklärt die AWWR: „Trinkwassernormen basieren auf dem Gesundheits- und nicht auf dem Umweltschutz.“

Der aktuelle Ruhrgütebericht steht unter www.ruhrverband.de im Bereich Presse & Öffentlichkeit – Service zum Download bereit.


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