Technik und Qualifikation entscheiden über das Ergebnis

14.07.2014

Fachleute tauschen Erfahrungen zum Rohrvortrieb aus - Auch in diesem Frühjahr traf sich die Fachbranche beim Nürnberger Informations- und Erfahrungsaustausch. Vertreter von Kommunalen Auftraggebern, Ingenieurbüros, Rohrvortriebsunternehmen, aber auch von Rohr- bzw. Vortriebsmaschinenhersteller diskutierten dort aktuelle Entwicklungen zu Regelwerken, technische Neuerungen und aktuelle Vortriebsthemen.

Bei der mittlerweile 9. Auflage der gemeinsamen Veranstaltung der Kooperationspartner TÜV Rheinland LGA Bautechnik GmbH und Güteschutz Kanalbau e.V. referierten Fachleute in vier Themenblöcken über "Neue Regelwerke und Entwicklungen – Berechnungsgrundlagen“ (Themenblock 1), "Qualitätssicherung bei Rohrvortriebsmaßnahmen" (Themenblock 2) sowie über Grundlagen für die Vortriebspraxis – Planung, Ausschreibung, Überwachung und Vortriebssystem" (Themenblock 3). Mit dem Themenblock 4 "Praxisberichte und ein Ausblick auf neue Themenfelder" endete die Veranstaltung. Moderatoren waren Dipl.-Ing. Dieter Walter (vom Güteausschuss der Gütegemeinschaft Kanalbau beauftragter Prüfingenieur) und Prof. Dr.-Ing. Albert Hoch, (TÜV Rheinland LGA Bautechnik GmbH). Eine begleitende Ausstellung der beteiligten Industrie gab Auftraggebern und Fachfirmen die Gelegenheit, den Erfahrungsaustausch zu intensivieren und das berufliche Netzwerk zu pflegen.

Der Erfolg von Vortriebsmaßnahmen hängt maßgeblich von der Qualifizierung von Auftraggebern, Planern und ausführenden Unternehmen ab. "Entscheidend ist, ob auf der Baustelle umgesetzt wird, was Statiker und Planer vorgeben", erläutert Dipl.-Ing. Stephan Tolkmitt, einer der vom Güteausschuss der Gütegemeinschaft Kanalbau beauftragten Prüfingenieure. In seinem Vortrag über "Herstellung und Rückbau von Start- und Zielbaugruben bei Vortriebsmaßnahmen" stellte er anhand von Beispielen aus der Praxis anschaulich dar, dass sowohl bei der Planung und Ausschreibung als auch bei der baupraktischen Ausführung Fehler passieren können, die Mensch und Bauwerk in Gefahr bringen und – unter dem Strich das gewünschte Ausführungsergebnis gefährden.

Erfolgsfaktor Qualifikation

"Mit Blick auf dauerhaft intakte und dichte Kanäle und damit ein nachhaltiges Ausführungsergebnis ist eine zuverlässige Qualitätssicherung deshalb besonders wichtig", so Tolkmitt. Auftraggeber berücksichtigen dies insbesondere durch Sicherstellung der Qualifikation der ausführenden Unternehmen. Dazu haben sie als gemeinsames Instrument die Gütegemeinschaft Kanalbau geschaffen. In den Güte- und Prüfbestimmungen RAL-GZ 961 finden sich detaillierte Anforderungen an die Fachkunde, technische Leistungsfähigkeit und technische Zuverlässigkeit der Bieter sowie die Dokumentation der Eigenüberwachung im Rohrvortrieb.

Einschlägige Regelwerke vorhanden

Natürlich finden sich detaillierte Vorgaben in den einschlägigen Regelwerken, auf die Prüfingenieur Tolkmitt in seinem Vortrag exemplarisch einging. So zum Beispiel im Arbeitsblatt DWA-A 125 "Rohrvortrieb und verwandte Verfahren". Das Arbeitsblatt weist explizit darauf hin, dass Rohrvortriebe zu den schwierigen Bauverfahren zählen, für deren Planung, Ausschreibung und Vergabe besondere technische und vertragliche Kenntnisse sowie umfangreiche Erfahrung vorausgesetzt werden müssen. Mit der Durchführung dieser Aufgaben sollten entsprechend qualifizierte Ingenieure betraut werden. Es wird empfohlen, einen fachkundigen Gutachter für die Auswahl des Vortriebsverfahrens hinzuzuziehen [DWA-A 125:2008-12, Kapitel 7.1, Grundlagenermittlung, Entwurfs- und Ausführungs¬planung, Ausschreibung und Vergabe]. Kapitel 7.2.2 geht speziell auf die Start-, Zwischen- und Zielgruben ein. So müssen Baugruben unter Beachtung der DIN 4124 errichtet und ausgerüstet werden und bei der Konstruktion und Ausführung der Start-, Zwischen- und Zielgruben muss die spätere Nutzung berücksichtigt werden. Insbesondere müssen Baugruben in allen Bauphasen mit geeigneten Zugängen sowie Absturzsicherungen versehen werden.

In DIN 4124:2012-01 "Baugruben und Gräben, Böschungen, Verbau, Arbeitsraumbreiten" ist festgelegt, was beim Aushub von Baugruben und Gräben zu beachten ist. So sind Baugruben und Gräben so abzuböschen, zu verbauen oder anderweitig zu sichern, dass sie während der einzelnen Bauzustände standsicher sind; weiterhin sind alle Gegebenheiten und Einflüsse zu berücksichtigen, welche die Standsicherheit der Baugruben- bzw. Grabenwände beeinträchtigen können. Und es ist darauf zu achten, dass Standsicherheit und Gebrauchstauglichkeit von benachbarten Gebäuden, Leitungen, anderen baulichen Anlagen oder Verkehrsflächen nicht beeinträchtigt werden. Des Weiteren werden im oben genannten DWA-Arbeitsblatt 125 "Ein- und Ausfahrvorgänge" (Kapitel 7.2.3) und die statische Berechnung von Vortriebsrohren und Baugruben (Kapitel 7.2.4) abgehandelt.

Gütegesicherte Bauüberwachung

Tolkmitt und die anderen vom Güteausschuss der Gütegemeinschaft beauftragten Prüfingenieure prüfen die Umsetzung solcher Regelungen bei unangemeldeten Baustellenbesuchen und halten das Ergebnis in einem Prüfbericht fest. Dieser Prüfbericht wird dann dem Güteausschuss zur Bewertung vorgelegt. Bei festgestellten und dokumentierten Mängeln steht dem Güteausschuss ein abgestuftes System von Ahndungen zur Verfügung. Die Baustellenbesuche der Prüfingenieure tragen zum gemeinsamen Ziel der fachgerechten Ausführung bei, doch sie ersetzen nicht die Bauüberwachung. Tolkmitt verweist in diesem Zusammenhang auf deren Bedeutung, die im Verantwortungsbereich von Auftraggeber und Planer liegt. "Planer und Bauüberwacher haben unter anderem dafür Sorge zu tragen, dass geeignete Bauverfahren nach den Regeln der Technik ein- und während der Ausführung umgesetzt werden", stellt der Prüfingenieur der Gütegemeinschaft klar.

Vor diesem Hintergrund wurde auf Initiative der Mitgliederversammlung der Gütegemeinschaft Kanalbau ein zusätzlicher Baustein zur Qualitätssicherung – Ausschreibung und Bauüberwachung – geschaffen: Es wurden in die Güte- und Prüfbestimmungen Anforderungen aufgenommen für Ingenieurleistung im Bereich Ausschreibung (A) und Bauüberwachung (B) beim grabenlosem Einbau (V) von Abwasserleitungen und -kanälen (Beurteilungsgruppe ABV).  Entsprechende Gruppen existieren auch für den Kanalbau in offener Bauweise (ABAK) und die grabenlose Sanierung (ABS). Instrumente wie diese können die Vergabe entsprechender Aufträge an in diesem Bereich besonders kompetente Ingenieurbüros vereinfachen.

Zusätzliche Hilfestellung bieten die von der Gütegemeinschaft angebotenen Unterlagen "Rohrvortrieb – Herstellung von Abwasserleitungen und -kanälen in grabenloser Bauweise", "Leitfäden zur Eigenüberwachung bei Ausschreibung und Bauüberwachung" und „Leitfäden zur Eigenüberwachung bei der Ausführung von Rohrvortriebsarbeiten (unterschieden nach Beurteilungsgruppen VP, VM/VMD, VO/VOD). Vor allem bei der Dokumentation der Eigenüberwachung bieten die Leitfäden eine hervorragende Arbeitsgrundlage.

Verantwortung übernehmen

Hiermit sind die Voraussetzungen für die erfolgreiche Umsetzung einer Vortriebsmaßnahme gegeben. "Die Aufgabenstellung der Baupartner sollte sein, sich strikt an die entsprechenden Vorgaben zu halten, sich der möglichen Instrumente zu bedienen und Verantwortung zu übernehmen", so der Appell von Tolkmitt am Ende seiner Ausführungen. Die Ermittlung der wichtigen statischen Nachweise ist Grundlage der Planung und Ausführung für den Rohrvortrieb. Darüber hinaus ist besonderes Augenmerk auf die statische Ausführung und besondere Maßnahmen beim Ausfahren aus der Startbaugrube sowie beim Einfahren in die Zielgrube zu richten. Von Planer und ausführenden Unternehmen ist gleichermaßen zu berücksichtigen, dass Herstellung und Rückbau der Start- und Zielgruben in allen Bauzuständen entsprechend der DIN 4124 zu erfolgen haben – so das Fazit von Tolkmitt.

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