What comes „NEXT“?

01.03.2021

28. Tagung Leitungsbau – Digital

Coronabedingt fand die vom Rohrleitungsbauverband e. V. (rbv) und vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e. V. (HDB) gemeinsam organisierte 28. Tagung Leitungsbau am 26. Januar 2021 erstmals als digitaler Kongress statt. Unter dem Motto „NEXT“ standen die wichtigsten Entwicklungen aus der Bauwirtschaft sowie aus der Energie- und Personalwirtschaft auf der digitalen Agenda.

Dabei hat sich auch im aktuellen Digital-Format mehr als eindrucksvoll bewahrheitet, was die Tradition der Präsenzveranstaltungen schon lange unter Beweis gestellt hat: Die Tagung Leitungsbau ist ein Synonym für Wissenstransfer, Brancheninformationen aus erster Hand, Visionäres, eben für alles „what comes NEXT“ im Leitungsbau.

Das Setting war aufregend, dynamisch und ungewöhnlich. Nicht wie gewohnt von der Bühne im Steigenberger Hotel am Kanzleramt in Berlin, sondern „live on tape“ vom Gelände des Bauunternehmens Lang in Bodenheim und später vor laufenden Kameras aus den angemieteten Studiokulissen in Düsseldorf begrüßten rbv-Präsident Dipl.-Ing. (FH) Fritz Eckard Lang und rbv-Hauptgeschäftsführer Dipl.-Wirtsch.-Ing. Dieter Hesselmann die online zugeschalteten Teilnehmerinnen und Teilnehmer der 28. Tagung Leitungsbau.

„Unsere lange zur Tradition gewordene Tagung Leitungsbau online durchzuführen, ist für uns ungewohnt“, unterstrich Lang die spannende Herausforderung in seinem Eingangsstatement. Doch nicht nur für ein auch unter den Vorzeichen der Pandemie realisierbares digitales Veranstaltungsformat habe der Verband kreative Lösungen gefunden. „Trotz der coronabedingten Einschränkungen sind wir als technisch-wissenschaftlicher Verband im vergangenen Jahr unseren satzungsgemäßen Aufgaben in vollem Umfang nachgekommen“, unterstrich der rbv-Präsident nicht ohne Stolz die hohe Leistungsfähigkeit der Organisation.

Obwohl der direkte Kontakt zu den Mitgliedern nur sehr eingeschränkt möglich gewesen sei, habe man es in den langen schwierigen Monaten der Pandemie auf der Basis zahlreicher Mitteilungen und Publikationen, in Online-Meetings und Telefonaten trotzdem geschafft, den Mitgliedsunternehmen allen nötigen Support für eine erfolgreiche Fortführung ihrer Geschäftstätigkeit und die Weiterentwicklung ihres Know-hows zu bieten. Leider befürchte die Branche aber aktuell, dass unter dem Einfluss der Corona-Pandemie nun bereits getätigte Investitionszusagen zurückgenommen würden.

„Uns treibt auch die Sorge um, dass das Mehr an Partnerschaft und die verbesserte Interaktion und Zusammenarbeit zwischen Auftraggebern und Auftragnehmern, die wir mit der Initiative ‚Zukunft Leitungsbau´ gemeinsam begonnen haben, nun wieder zum Stillstand kommen“, äußerte Lang seine Bedenken. „Ich werde als Ihr gewählter Präsident aber alles daransetzen, dass unsere Vereinbarungen und gemeinsamen Erklärungen der Initiative ‚Zukunft Leitungsbau´ umgesetzt und gelebt werden. Wir Leitungsbauer stehen trotz Pandemie zu unseren Zusagen, wir halten Wort – das erwarten wir auch von unseren Partnern in der Versorgungswirtschaft! Gerade jetzt zeigt sich, wie wichtig ein funktionierendes, verlässliches und leistungsfähiges Ver- und Entsorgungsnetz ist“, so Langs leidenschaftliches Plädoyer für die leitungsgebundenen kritischen Infrastrukturen.

Ein hoffnungsvoller Blick nach vorn

„Diejenigen von Ihnen, die uns im letzten Jahr zur Tagung Leitungsbau in Berlin besucht haben, mögen sich daran erinnern, dass wir das Thema Komplexität in den Mittelpunkt der Diskussion gestellt haben, nicht ahnend, dass die Welt sehr schnell, sehr komplex werden sollte“, referierte auch Hesselmann auf ein Pandemiegeschehen, das in allen Lebensbereichen – so auch im Leitungsbau – zum Game Changer avanciert sei. „Wir wollen aber weiterhin mit Ihnen in Kontakt bleiben und haben deshalb den Weg der Digitalisierung gesucht“, betonte Hesselmann.

Dass dies keinesfalls eine Notlösung war, sondern ein spannender interaktiver Veranstaltungsansatz, in dem die Qualität der Informationsvermittlung in keinem Zusammenhang zur Lokalität der Referenten und Teilnehmer stand, wurde in den anschließenden bundesweit durchgeführten Liveschaltungen sehr schnell überaus deutlich. Und so war die erste Station der Online-Tagung auch direkt das „Hauptstadtstudio“ in Berlin, von wo Dieter Babiel, Hauptgeschäftsführer im Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e. V., Berlin, in seinem Vortrag „Bauindustrie 2021 – Bewältigung der COVID-19-Krise und Blick nach vorn“ einen Überblick über das aktuelle Baugeschehen gab. Das vergangene Jahr sei – hier fand Babiel sehr deutliche Worte – an all seinen Ecken und Enden infolge der Pandemie von unglaublichen Zumutungen geprägt gewesen.

„Trotzdem ist die Bauwirtschaft bislang sehr glimpflich durch die Krise gekommen“, so Babiels hoffnungsvolles Resümee der aktuellen Situation. „Unsere Branche hat die Gesamtkonjunktur gestützt. Während die gesamte wirtschaftliche Bruttowertschöpfung in den ersten drei Quartalen preisbereinigt um 5,8 Prozent zurückging, legte sie im Baugewerbe real um 2,0 Prozent zu“, erläuterte Babiel. Als Spitzenverband der Bauindustrie habe der HDB viel dafür getan, um auch in der Pandemie die entsprechenden Rahmenbedingungen mit zu gestalten. So habe man durch ein überdurchschnittliches Engagement dazu beigetragen, einen Bau-Lockdown zu verhindern.

„'NEXT' ist ein sehr passender Titel für diese Tagung“, unterstrich Babiel, „denn zu den großen Megatrends wie Klimawandel, demografischer Wandel und Digitalisierung, mit denen wir uns als Bauwirtschaft auseinandersetzen müssen, ist nun noch die disruptive Erfahrung einer globalen Pandemie hinzugekommen.“ Leider werde Corona voraussichtlich – hierin teilte Babiel die eingangs von Lang formulierte Sorge – eine zunehmende Rolle bei der Vergabe von Bauaufträgen spielen.

„Wir werden die Auswirkungen der Pandemie auf die öffentlichen und vor allem kommunalen Haushalte zu bewältigen haben. Die Krise aber lehrt uns, dass Stillstand keine Option ist. Wir müssen die Zukunft aktiv, frühzeitig und mutig gestalten und richtig investieren. Die Bauindustrie kann hier in vielerlei Hinsicht eine Schlüsselfunktion einnehmen“, so der HDB-Hauptgeschäftsführer. Wichtig sei die Erkenntnis, dass Infrastrukturen als gestaltendes Element lebenswerter Lebenswelten immer wieder neu gedacht werden müssten. Dies seien Themen, die HDB und rbv verbänden und die das hohe Kooperationspotenzial und die Qualität in der Partnerschaft beider Verbände deutlich zeige.

Tarifpolitik - auch von der Pandemie beeinflusst

Aktuelle arbeits- und tarifpolitische Themen fasste Ass. jur. Anne Magiera, LL.M. (HDB) in ihrem Vortrag zusammen. Dabei standen die Entgeltrunde und die Mindestlohnrunde 2020 genauso auf ihrer Agenda wie der ATV-Änderungstarifvertrag sowie die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung und die darin enthaltene Angebotspflicht für Homeoffice. Neben der Zahlung von Corona-Prämien, einer moderaten Entgelterhöhung von rund zwei Prozent zum 1. Januar 2021 sei der pauschale Zuschlag von 0,5 Prozent auf Tariflohn/Gehälter zur Entschädigung von Wegezeiten ein zentraler Punkt des noch bis zum 30. Juni 2021 geltenden Tarifabschlusses gewesen.

„Beim ATV-Änderungstarifvertrag ging es im Wesentlichen darum, auf die Mindereinnahmen der Berufsbildungszentren infolge der Corona-Pandemie zielgerichtet zu reagieren“, erläuterte Magiera. Der aktuelle Tarifvorschlag gehe von einem Mehrbedarf von knapp 35 Millionen Euro aus, der mit einer Kopfpauschale von 18 Euro für jeden Angestellten zur gerechten Finanzierung des Berufsbildungsverfahrens aufgebracht werden solle. Der prozentuale Beitrag von 2,40 v. H. bezogen auf die Bruttolohnsumme bliebe dabei unverändert.

In der aktuellen SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung, die zum 27. Januar 2021 in Kraft getreten ist, seien im Wesentlichen die Mindestfläche pro Person, die Bildung kleiner Arbeitsgruppen, das Ermöglichen von zeitversetztem Arbeiten, verpflichtendes Tragen von medizinischen Gesichtsmasken (MNS) oder FFP2-Masken oder vergleichbaren Atemschutzmasken sowie die Angebotspflicht für Homeoffice geregelt. „Beim Thema Homeoffice ist es entscheidend, dass die räumlichen und technischen Voraussetzungen gegeben sind. Auch das Thema Erreichbarkeit sollte klar geregelt sein“, beschrieb Magiera einige in diesem Zusammenhang wichtige Details.

Treibstoff für eine nachhaltige Zukunft
 

Mit den anschließenden Vorträgen von Dr. Stefan Kaufmann, MdB, CDU, Michael Wübbels, Verband kommunaler Unternehmen e. V. (VKU), und Hannes Seidl, Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena), standen Innovationspfade zur Thematik Infrastruktur, zur Sektorkopplung und zum grünen Wasserstoff als Energieträger auf der Agenda der Tagung. In seinem Vortrag „Druck auf der Innovationspipeline: Mit grünem Wasserstoff in die Zukunft“ erläuterte Dr. Kaufmann, Obmann der CDU/CSU-Fraktion im Bundestagsausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung und Innovationsbeauftragter „Grüner Wasserstoff“ im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die herausragende Bedeutung von grünem Wasserstoff als Schlüsselbaustein für eine dekarbonisierte, globale Energiewirtschaft und als Jahrhundertchance für einen wirkungsvollen Klimaschutz.

„Das kleinste Element des Periodensystems kann zum Treibstoff einer nachhaltigen Zukunft werden, das macht Wasserstoff zu einem geostrategischen Megathema und zu einer industriepolitischen Notwendigkeit für unser Land“, erklärte Dr. Kaufmann. Deutschland könne zum Antreiber und zum Ausstatter einer globalen Wasserstoffwirtschaft werden. „Wir haben das Know-how, ein leistungsfähiges und sicheres Energiesystem der Zukunft zu bauen“, so die feste Überzeugung des Innovationsbeauftragten.

Doch warum Wasserstoff? Wasserstoff stelle die Möglichkeit bereit, den regenerativ erzeugten Überschussstrom zu speichern. Zudem könne er über große Distanzen in bereits bestehenden oder in neu zu errichtenden leitungsgebundenen Systemen transportiert werden. Die Bundesregierung werde für den Hochlauf einer nationalen Wasserstoffwirtschaft Investitionen in Höhe von sieben Milliarden Euro zur Verfügung stellen sowie weitere zwei Milliarden Euro in internationale Projekte investieren.

Ziel dabei sei es, bis zum Jahr 2030 fünf Gigawatt Elektrolyseleistung in Deutschland aufzubauen. Und obwohl derzeit das größte Dekarbonisierungspotenzial in industriellen Anwendungen – etwa in der Stahlindustrie – ersichtlich sei, biete Wasserstoff doch gleichermaßen große Chancen für den Wärme- und Mobilitätssektor.

„Es wird notwendig sein, ein neues, leistungsfähiges europäisches Backbone-Netz zu errichten“, so Kaufmann. Gleichzeitig könnten bestehende Gasinfrastrukturen umgewidmet werden, nachdem relevante Fragestellungen bezüglich der Dichtigkeit, der Partialdrücke und der nationalen und europäischen Regulatorik geklärt seien. Und ja – so Kaufmanns Antwort auf eine gezielte Nachfrage Hesselmanns – auch die Stadtwerke müssten sich bis zum Jahr 2030 und darüber hinaus investiv darauf vorbereiten, ihre Netze für eine Aufnahme des Wasserstoffs um- und auszubauen.

Kommunales Engagement

In seinem Vortrag schilderte Michael Wübbels, stellvertretender VKU-Hauptgeschäftsführer, die „Investitionsschwerpunkte in kommunale Netzinfrastrukturen“. „Die Investitionsbedarfe sind sehr hoch“, so Wübbels klare Ankündigung. Der jährliche Invest in diese Infrastrukturen – soweit die auch für Leitungsbauer erfreuliche Information – liege auf Seiten der kommunalen Unternehmen bei rund zwölf Milliarden Euro pro Jahr. Mit Blick auf den hohen Anlagewert unterirdischer leitungsgebundener Infrastrukturen betonte Wübbels das hohe Engagement kommunaler Unternehmen, diesen Schatz unter der Straße durch Investitionen in gutem Zustand zu erhalten.

Um vor dem Hintergrund von Digitalisierung/Smart Grids, erneuerbaren Energien und Versorgungssicherheit allein im Strombereich den gestiegenen Anforderungen an die Verteilernetze auch zukünftig sicher gerecht werden zu können, seien schon hier Investitionen in zweistelliger Milliardenhöhe in den nächsten zehn Jahren erforderlich. Auch bei den Gasverteilernetzen sei vieles zu bedenken, um die langfristig politisch definierten Dekarbonisierungsziele schon heute zu antizipieren.

„Wir müssen bereits heute darüber nachdenken, wie diese Netze zukünftig aussehen werden und in welcher Form sie noch benötigt werden“, erläuterte Wübbels. Hier spiele die Nutzung von Wasserstoff in der dezentralen Wärmeversorgung eine entscheidende Rolle, um Klimaschutzziele zu adressieren und die Effizienz in der Wärmeversorgung zu steigern. „Einige Stadtwerke und kommunale Wasserwirtschaftsunternehmen erproben daher in verschiedenen Pilotprojekten, unter welchen technischen Bedingungen Wasserstoff erzeugt und in unterschiedlichen Einsatzfeldern genutzt werden kann“. Auch ein forcierter Ausbau des Fernwärmnetzes sei für eine Dekarbonisierung der Wärmeversorgung von zentraler Bedeutung.

Als weiteres wichtiges kommunales Engagement kämen umfangreiche Investitionen in die langlebigen Wasser- und Abwasserinfrastrukturen hinzu, um einerseits unser Lebensmittel Nummer Eins weiterhin auf höchstem Qualitätsniveau zu verteilen und eine sichere Entsorgung zu gewährleisten. Und last but not least ständen kommunale Unternehmen vor der Herausforderung, schnell und kosteneffizient leistungsfähige Breitbandinfrastrukturen zu errichten. „Hier haben wir es nicht nur mit einem volkswirtschaftlich unsinnigen Über- und Doppelausbau digitaler Infrastrukturen zu tun“, beschrieb Wübbels eine an dieser Stelle absurde Marktsituation. „Hinzu kommen unzureichende Planungsprozesse und ein zu geringer Kenntnisstand über Bestandsnetze. Nur Rechtssicherheit, ein offener Netzzugang und Kooperationen werden den Glasfaserausbau voranbringen“, so Wübbels feste Überzeugung.

Sektorenübergreifend planen und bauen

„Die Energiewende kann nur mit einem integrierten, sektorenübergreifenden Ansatz gelingen. Hierfür wird es notwendig sein, sämtliche Infrastrukturplanungsprozesse zukünftig besser aufeinander abzustimmen und zunächst einige energiepolitische Grundprämissen festzulegen, bevor einzelne Netzbetreiber in die konkrete Aufplanung gehen“, erläuterte Seidl, Head of Division Energy Systems and Energy Services bei der dena, in seinem Impulsvortrag.

Bislang seien die nationalen infrastrukturellen Planungsprozesse noch sehr stark in den einzelnen Sektoren erfolgt. Ganz im Sinne einer Energieplanung der Zukunft bestehe an dieser Stelle ein Weiterentwicklungsbedarf, damit systemische Optimierungspotenziale ganzheitlich besser genutzt werden könnten. All das mit dem Ziel, zu einer konsistenten Grundlage für die verschiedenen Netzentwicklungsplanungsprozesse zu kommen, erläuterte Seidl. Einige in diesem Zusammenhang übergreifende Fragen seien dabei zuvor zu beantworten.

So gelte es zum einen, die sektorenverbindende Rolle von Wasserstoff im Energiesystem der Zukunft genauso zu klären wie den Nutzen dezentraler Konzepte. Zum anderen müsse die Allokation für erneuerbare Energien und von Elektrolyseuren exakt definiert werden. Im Sinne eines konsistenten Marktdesigns sei darüber zu entscheiden – auch dies eine wichtige Weichenstellung – , ob eine einheitliche Gebotszone bestehen bleiben sollte. Bei all diesen Modellen handele es sich um eine langfristige, über Legislaturperioden hinaus auch unabhängig von der Zusammensetzung der nächsten Bundesregierung zu betreibende Entwicklungsplanung, in der bestehende Gasinfrastrukturen zukünftig dafür genutzt werden könnten, grüne Gase zu transportieren.

Being there, when you are not there

 

Die Arbeits-, Lebens- und Lernwelten vieler Menschen haben sich unter den Vorgaben von Lockdown, bestehender Abstandsregeln und Kontaktbeschränkungen in den vergangenen Monaten stark verändert. Um einen auch an dieser Stelle relevanten Realitätsaspekt des Leitungsbaus abzubilden, standen in den Vorträgen von Prof. Dr. Sabine Remdisch, Evalueconsult GmbH, und Univ.-Prof. Dr.-Ing. Heribert Nacken, RWTH Aachen, Lehr- und Forschungsgebiet Ingenieurhydrologie, „Personalführung auf Distanz“, „Homeoffice“ und „digitale Lernmedien“ im Zentrum der beiden abschließenden Vorträge.

„Wie kann Führung auf Distanz funktionieren?“, war eine zentrale Frage in den Ausführungen von Prof. Dr. Remdisch. Und um die Antwort der Universitätsprofessorin direkt vorwegzunehmen: „Führen auf Distanz braucht von allem ein bisschen mehr. Da in der Kommunikation über Distanz die nonverbalen Nuancen fehlen, kann es leichter zu Fehlinterpretationen kommen“, so Prof. Remdisch. Um aber Verbindung und Verbindlichkeit zu schaffen, brauche Führung aus der Ferne manchmal ein paar Worte mehr. Somit gelte es, digitale Empathie zu beweisen, die Beziehungsebene stärker zu fokussieren und nachhaltig Vertrauen aufzubauen: „Being there, when you are not there“, laute die einfache Formel, um der Kanalreduktion auf Distanz sicher zu begegnen.

Da das Homeoffice keinesfalls eine pandemiegeprägte Übergangslösung sei, sondern vielmehr eine relevante Säule eines zukunftstauglichen Arbeits-Hybridmodells, müssten Führungskräfte hier die relevanten Tools und Techniken sicher beherrschen. „Es handelt sich um eine komplexe Führungsaufgabe, die aber auch sehr viele Chancen birgt, nicht zuletzt etwa die Integration von exzellenter Expertise auch über Zeitzonen und Ländergrenzen sowie über große Distanzen hinweg“, lautete das ermutigende Fazit von Prof. Dr. Remdisch.

Virtuelles Lernen - längst Realität

„In der Ingenieurausbildung ist es heute entscheidend, dass jeder diejenigen Wissensnuggets erhält, die zu ihm passen“, stellte Prof. Heribert Nacken, Rektoratsbeauftragter für Blended Learning an der RWTH Aachen in seinem Vortrag „Digitale Lernmedien – Wie verändert sich der Markt“ fest. Neben den genuin fachlichen Kompetenzen einer wissenschaftlichen Disziplin gewännen zunehmend sogenannte Future Skills auch im universitären Curriculum an Relevanz. Hierzu zählten digitale Skills, sozial kompetentes Handeln im digitalen wie im analogen Raum und Problemlösungs- und Kommunikationsskills.

„Um Studierende dort abzuholen, von wo sie kommen, müssen heute individualisierte neue Wege beschritten werden“, erklärte der für Digitalisierungsstrategien der RWTH Aachen verantwortliche Hochschullehrer. An seinem Lehrstuhl in Aachen habe man hierfür einen VR-basieren Open- Source-Ansatz entwickelt, mit dem verschiedene wasserwirtschaftliche Szenarien durchgespielt werden könnten. Auf dieser Basis könne nicht nur die Berechnung eines Hochwasserrückhaltebeckens durchgeführt werden, auch praktische Handgriffe könnten erprobt werden, und in einer virtuellen Townhall sei es möglich, über Rollenspiele eine professionelle Bürgerkommunikation zu erlernen.

„VR und Realität sind natürlich nicht zu 100 Prozent deckungsgleich. VR-basierte Ansätze vermögen aber Realität ungefähr zu 80 Prozent abzubilden“, so Prof. Nacken. Bezogen auf den Leitungsbau bedeute dies, dass etwa wesentliche Aspekte des Schweißens auch auf Distanz vermittelbar seien, das entscheidende haptische Finish, die letzten 20 Prozent also dann schneller und effizienter in einer Schulung vor Ort erlernt werden könnten. „Die Pandemie hat die intrinsische Motivation für virtuelle und digitale Formate erhöht“, erläuterte Prof. Nacken.

„Wir werden beim digitalen Kommunizieren und Lernen voraussichtlich nicht mehr auf den Status quo vor der Pandemie zurückkehren. Eine Hochschule, die keine Digitalisierungsstrategien auf den Weg bringt, wird dauerhaft keine Studierenden mehr für sich begeistern können“, so die Einschätzung des Experten. Nur wenn die Qualität der Ausbildung überragend sei, könne man auch qualifizierte Menschen für sich gewinnen, das gelte für Hochschulen ebenso wie für Arbeitgeber und Verbände.

Ein gelungener Mix

Nach fünfeinhalb Stunden Online-Tagung, inhaltlich hochkarätigen Referaten und via Chat-Funktion an die Referenten übermittelten Fragen lautete das Fazit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, dass der rbv die erste digitale Tagung Leitungsbau hoch professionell umgesetzt habe. Dies sei Wissenstransfer und Informationsvermittlung auf höchstem Niveau gewesen, wie immer am Puls der Branche und an den Anforderungen ihrer Zukunft orientiert. „Ich bin stolz darauf, dass alles so gut geklappt hat“, lautete auch das Resümee von rbv-Präsident Lang nach der erfolgreichen Online-Premiere der Tagung Leitungsbau.

„Die Anzahl und die Qualität der im Chat eingegangenen Fragen und Beiträge beweisen das große Interesse an unseren Themen. Hier haben wir richtiggelegen, der Themenmix ist uns gelungen“, freute sich Lang. „Kommen Sie, Ihre Familien und Mitarbeiter gut durch diese Krise. Es wäre schön, wenn wir uns 2022 dann wieder in Berlin sehen würden zur 29. Tagung Leitungsbau – dann hoffentlich wieder „zum Anfassen“ – in der gewohnten Form. Das ist mein Wunsch für uns alle! Passen Sie gut auf sich auf“, verabschiedete Lang das Auditorium.

 

Kontakt

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