Wie man tiefe Grundwässer nutzt und schützt: Ergebnisse des Grundwassertags an der RUB

20.09.2007

Tiefe Grundwässer, die bis zu Tausende Meter unter der Erdoberfläche schlummern, sind die größte und sauberste Süßwasserreserve der Welt. Deswegen sind sie begehrt, zum Beispiel bei Getränkeherstellern. Was es aber für ein tiefes Grundwasserreservoir bedeutet, angezapft zu werden, ist eine schwierige Frage, bei der die Forschung bislang im Trüben fischte. Neue Anlagen, die Geologen der Ruhr-Universität entwickelt haben, erlauben die Qualitätsmessungen in verschiedenen Tiefen und somit Schlüsse auf die künftige Entwicklung tiefer Grundwässer. Das wiederum ermöglicht ihren gezielten Schutz. Darüber tauschten sich die Experten auf dem "Grundwassertag" aus, zu dem der Lehrstuhl für Hydrogeologie (Prof. Dr. Stefan Wohnlich) einlud.

Anzapfen kann Verunreinigung bedeuten
Oberflächennahe Grundwässer sind häufig durch menschlichen Einfluss verschmutzt. Besonders Nitrat aus den Düngern der Landwirtschaft beeinträchtigt seine Qualität. Außerdem sind die Reserven oft begrenzt, so dass man auf tiefer gelegene Grundwässer ausweicht. Sie liegen meistens schon seit sehr langer Zeit in großer Tiefe und sind daher sehr sauber. "Durch eine Wasserentnahme kann sich aber das hydraulische Strömungsregime ändern, so dass belastetes oberflächennahes Grundwasser rascher in diese größeren Tiefen vordringen kann", erklärt Dr. Wolfgang Leuchs (Landesamt für Natur-, Umwelt und Verbraucherschutz, NRW). Zusätzlich können sich durch den Eintrag von Sauerstoff oder Nitrat die unter den Bedingungen in großer Tiefe stabilen Mineralphasen auflösen und zu einer weiteren Verschlechterung der Qualität beitragen.

Neue Methoden bringen Erkenntnisse über tiefe Wässer Abgesehen davon, dass tiefe Grundwässer nach Ansicht von Experten nur im Ausnahmefall genutzt werden sollten, ist es daher wichtig, die Auswirkungen der Nutzung genau zu beobachten und die künftige Qualität des Grundwassers zu berechnen. Dazu haben Hydrogeologen der Ruhr-Universität eine sog. Multi-Level-Technik entwickelt, die verschiedene Messwerte in unterschiedlichen Tiefen ermittelt und so Schlüsse auf den Zustand tiefer Grundwässer zulässt. "Bisher wurde die ausgefeilte Technik bei Wasserwerken und Bergbaubetrieben bis Tiefen von ca. 70 Meter eingesetzt. Ein Projekt mit den Stadtwerken Willich machte es jedoch notwendig eine Multi-Level-Messstelle bis in eine Tiefe von ca. 170 m zu bauen", so Prof. Dr. Frank Wisotzky vom Lehrstuhl für Hydrogeologie. Auch der Braunkohletagebau förderte Erkenntnisse über tiefe Grundwässer zutage. Da die Abbaugebiete bis in die tiefsten Sohlen entwässert werden müssen, kommt man zwangsläufig auch mit tiefen Grundwässern in Kontakt. "Mit der Entnahme von Grundwasser aus großer Tiefe wurde gleichzeitig das Erkundungs- und Beobachtungsprogramm erweitert, das zur Verdichtung der hydrogeologischen Kenntnisse beigetragen hat", so Dr. Thomas Oswald (RWE-Power, Braunkohlenbergbau). So gewann man Erkenntnisse über die eigenständige Hydraulik in großer Tiefe und die Wassertemperaturen. In der Tiefe steigen sie normalerweise an. Unregelmäßigkeiten können z. B. auf vertikale Bewegungen des Wassers hindeuten.

Gezielter Schutz, wo er notwendig ist

Mit den neuen Erkenntnissen über das Verhalten von tiefen und oberflächennahen Grundwässern lassen sich auch gezielte Schutzmaßnahmen entwickeln. Im Raum Raesfeld etwa wird das Tiefenwasser mit jungem, oberflächennahem Wasser vermischt, das infolge landwirtschaftlicher Einträge erhöhte Nitratgehalte aufweist. "Daher werden in Kooperation mit der dortigen Landwirtschaft seit 1993 große Anstrengungen unternommen, die Nitrateinträge zu verringern", erklärt Dipl.-Geol. Angela Herzberg (RWW Rheinisch-Westfälische Wasserwerksgesellschaft mbH). Im Raum Dorsten hingegen haben Messungen ergeben, dass solche Maßnahmen nicht nötig sind. Dort ist das Wasser aufgrund von besonderen geologischen Randbedingungen so lange in die tiefen Reservoirs unterwegs, dass keine solche Verunreinigung stattfindet.


Weitere Informationen:
Ruhr-Universität Bochum
Prof. Dr. Stefan Wohnlich
Institut für Geologie, Mineralogie und Geophysik
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